# taz.de -- Europaparteitag der CSU: Arbeit statt Euphorie und Kampfeslust | |
> Brav verabschiedet die CSU bei ihrem Europaparteitag das Wahlprogramm mit | |
> der Union. Und sie trommelt für Manfred Weber an der EU-Spitze. | |
Bild: Manfred Weber auf dem Parteitag in Nürnberg | |
NÜRNBERG taz | „Brüssel“ heißt der Saal der Messe Nürnberg | |
bezeichnenderweise, in dem Manfred Weber am Rednerpult steht. Über ihm der | |
Schriftzug „Mein Europa“. Es ist das Thema seines „Impulsvortrags“, wie… | |
in der Tagesordnung des Europaparteitags der CSU heißt. Als Manfred Weber | |
an dessen Ende angekommen ist, stehen die knapp 200 Delegierten brav auf, | |
um ihrem Spitzenkandidaten Applaus zu spenden. Einige von ihnen halten | |
sogar Schilder mit der Aufschrift „Tu was für Europa“ in die Höhe, die ku… | |
zuvor verteilt worden waren. Und doch: Die Atmosphäre dieser Veranstaltung | |
ist mehr die eines Arbeitsparteitags als die eines Jubelparteitags, als der | |
sie eigentlich gedacht war. Euphorie und Kampfeslust jedenfalls sehen | |
anders aus. Am meisten Stimmung bringt da noch eine trommelnde Sambatruppe | |
mit, die man aus München hat kommen lassen – getreu dem Motto „Trommeln f�… | |
Europa“, das Generalsekretär Markus Blume zuvor ausgegeben hatte. | |
In Nürnberg haben sich die Christsozialen am Samstag zu dem kleinen | |
Parteitag zusammen gefunden, um das [1][gemeinsame Wahlprogramm der Union] | |
zu verabschieden und sich auf die heiße Phase des Wahlkampfs einzustimmen. | |
Ersteres dauert keine Minute, abgestimmt wird per Handzeichen, das Ergebnis | |
ist einstimmig. Für Zweiteres sind CSU-Chef Markus Söder und Weber | |
zuständig. | |
Es geht um viel, es geht um die Wurst, sagen sie im Saal „Brüssel“. Nein, | |
nicht nur darum, wie viele Abgeordnete die CSU künftig ins Europaparlament | |
schicken darf. Die Europawahl 2019 sei kein Schönheitswettbewerb für | |
Debatten auf der Bundesebene, sagt Söder. „Diesmal geht es um die Frage: | |
Bleibt dieses Europa eine Antwort auf die Globalisierung?“ Entweder | |
verabschiede sich die EU mit dieser Wahl von der Weltbühne oder sie kehre | |
kraftvoll zurück. Und natürlich geht es auch um eine Personalfrage, um das, | |
was Söder als „historische Chance“ bezeichnet: die Frage, ob künftig ein | |
Bayer an der Spitze der EU stehen wird. | |
Laut einer aktuellen Umfrage steht die CSU gar nicht so schlecht da. Die | |
sieht sie bei 41 Prozent. Das liegt zwar nur ganz knapp über dem | |
ernüchternden Ergebnis von 2014, doch die Messlatte hängt bei der CSU | |
mittlerweile schon um einiges niedriger – bei den 37,2 Prozent, die die | |
Partei bei dem Landtagswahldesaster noch holen konnte. | |
Weber braucht freilich nicht nur die Stimmen der Bayern für die | |
[2][Erfüllung seines Traums vom EU-Kommissionspräsidenten], sondern ein | |
gutes Gesamtergebnis der Europäischen Volkspartei (EVP). Aber auch sie hat | |
gute Chancen, stärkste Kraft im Europaparlament zu bleiben. Für ihn, sagt | |
Söder, sei die Europawahl erst abgeschlossen, wenn eine stabile Kommission | |
mit Manfred Weber an der Spitze gewählt worden sei. „Der Manfred lebt für | |
Europa, der Manfred ist Europa.“ | |
In Nürnberg nun schwören Söder und Weber ihre Partei auf einen klaren | |
pro-europäischen Kurs ein. Eine Lehre aus dem Jahr 2014, als das Konzept | |
eines zweigleisigen „Ja, aber …“-Wahlkampfs nicht aufgegangen war. Für d… | |
„Ja“ stand damals schon Weber, die Rolle des „Abers“ übernahm der | |
EU-Skeptiker Peter Gauweiler. | |
„Ich persönlich und wir als CSU sind nicht bereit, Neinsagern, | |
Nationalisten, Populisten und Extremisten diesen Kontinent zu überlassen“, | |
sagt Söder inzwischen. Nach dem recht unentschlossenen Kurs, den die CSU, | |
allen voran Söder selbst, vor der Landtagswahl im vergangenen Jahr | |
gegenüber der AfD gefahren hat, ist die Kampfansage an die Rechtsradikalen | |
in Europa mittlerweile unmissverständlich. Die Rechten setzten unter der | |
Führung des italienischen Innenministers Matteo Salvini „zum Sturm auf | |
Europa“ an, sagt auch Weber. Man dürfe den „rechten Dumpfbacken“ aber ni… | |
auf den Leim gehen, „sie stehen für ein Europa des Egoismus“. | |
## Gegen europäischen Mindestlohn | |
Weber spricht sich aber auch gegen „sozialdemokratische | |
Umverteilungstöpfe“, etwa einen europäischen Mindestlohn, und für einen | |
stärkeren Grenzschutz und einen besseren Datenaustausch zwischen den | |
Polizeibehörden der EU-Mitgliedsstaaten aus. Und er verteidigt sein Votum | |
bei der Abstimmung zum [3][europäischen Urheberrecht]. Er nehme die Sorgen | |
der Gegner zwar ernst, aber die Reform des Gesetzes samt des umstrittenen | |
Artikels 17 (ehemals 13) sei nötig, um die Rechte der Kreativen an ihrem | |
Werk zu stärken und die großen Internetkonzerne in ihre Schranken zu | |
verweisen. „Ich will kein Wild-Wild-West-Internet.“ Google und Co. hätten | |
die europäischen Spielregeln zu akzeptieren, wenn sie hier Geld verdienen | |
wollten. | |
In den Wirtschaftsbeziehungen zu China fordert Weber ein selbstbewussteres | |
Auftreten der EU. Wenn in Europa die Übernahme kompletter Firmen durch | |
chinesische Unternehmen erlaubt sei, müssten auch die Chinesen umgekehrt | |
Firmenübernahmen akzeptieren – nicht nur im Rahmen eines Joint-Ventures mit | |
einem chinesischen Partners. Außerdem müssten sich europäische Firmen auch | |
an Ausschreibungen in China beteiligen dürfen. | |
Weber bedankt sich, der Parteitag endet, wie stets, mit Gesang. Drei Hymnen | |
später eilen die Delegierten hinaus ins Wochenende. Manfred Weber steht | |
noch auf der Bühne und unterhält sich mit ein paar Parteifreunden, da hat | |
sich Saal schon fast geleert. | |
31 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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