# taz.de -- Europaprogramm von CDU und CSU: Die konservative Harmonieshow | |
> Die Spitzen von CDU und CSU stellen erstmals ein gemeinsames | |
> Europaprogramm vor. Migration soll begrenzt werden. | |
Bild: Öffentlich einig: Manfred Weber, Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus S… | |
Es ist noch gar nicht so lange her, dass CSU und CDU sich in der | |
Europapolitik bekriegten wie verfeindete Parteien. Während der | |
Griechenland-Krise musste Kanzlerin Angela Merkel stets fürchten, dass ihr | |
die CSU-Abgeordneten bei Abstimmungen über EU-Rettungspakete von der Fahne | |
gingen. Und Merkels europapolitische Antwort auf die Flüchtlingskrise | |
erschütterte die Schwesterparteien so nachhaltig, dass sie sich beinahe | |
getrennt hätten. | |
Insofern ist es etwas Besonderes, was die Spitzen von CDU und CSU am Montag | |
vorführten. Sie beschlossen einstimmig ein gemeinsames Programm für die | |
Europawahl Ende Mai. Das 22-seitige Papier mit dem Titel „Unser Europa | |
macht stark. Für Sicherheit, Frieden und Wohlstand“ setzt Akzente in der | |
Außen-, Migrations- und Sicherheitspolitik – und soll die neue Einigkeit | |
inhaltlich untermauern. | |
Dazu passend absolvierten CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, der | |
CSU-Vorsitzende Markus Söder und Manfred Weber, der Spitzenkandidat der | |
europäischen Konservativen, eine Pressekonferenz in Berlin, die zur | |
Harmonieshow geriet. Das Programm sei kein erzwungener Kompromiss, sondern | |
aus Überzeugung heraus entstanden, säuselte Söder. „Es fühlt sich wieder | |
richtig gut an in der Zusammenarbeit.“ | |
Kramp-Karrenbauer zog eine Linie zwischen der Union und den Populisten. Die | |
Zustimmung zu Europa sei in der Bevölkerung ungebrochen. Bei der Wahl Ende | |
Mai gehe es nicht um die Frage, ob man für oder gegen Europa sei. Auf | |
diesen von Populisten angestoßenen Diskurs wolle man sich nicht einlassen – | |
sondern mit den demokratischen Mitbewerbern um die Frage ringen, wie Europa | |
aussehen solle. | |
## Machtanspruch der Konservativen | |
Die CDU-Vorsitzende betonte, die Union wolle ein wirtschaftlich starkes | |
Europa, dass „eine gewichtige Rolle“ in der Welt spiele. Man dürfe sich | |
nicht zurücklehnen und die USA oder China allein die Spielregeln bestimmen | |
lassen. Annegret Kramp-Karrenbauer machte auch den Machtanspruch der | |
Konservativen klar: Ziel sei, dass [1][CSU-Mann Manfred Weber | |
EU-Kommissionspräsident] werde. | |
Weber selbst schlug einen großen Bogen. Europa sei von Persönlichkeiten wie | |
Adenauer, Strauß, Kohl, Waigel und Merkel gestaltet worden. Dieses | |
Konstrukt gelte es zu verteidigen. Weber hob wie auch Kramp-Karrenbauer die | |
Migrationspolitik hervor. Die Position von CDU und CSU sei, einen klar | |
entschiedenen Grenzschutz mit einem Marshallplan für hilfsbedürftige | |
Regionen zu kombinieren. Wichtige Eckpfeiler seien zudem die Außen- und | |
Sicherheitspolitik. So wolle man zum Beispiel bis 2030 eine europäische | |
Armee aufbauen. | |
Das Programm ist bei diesem Punkt deutlich: „Wir brauchen als Europäer | |
eigene militärische Fähigkeiten, um auch selbst schnell und zielgerichtet | |
auf Bedrohungslagen in der näheren Umgebung reagieren zu können.“ Deshalb | |
wolle man mit europäischen Partnern eine Eingreiftruppe aufbauen. In den | |
nächsten zwei Jahren solle eine „schlagkräftige Cyber-Brigade“ aufgebaut | |
werden, um Cyberattacken, Terrorismus und Desinformation erfolgreich | |
abwehren zu können. | |
Das Programm passt zum neuen Kurs von Kramp-Karrenbauer, die jüngst eine | |
[2][Antwort auf Vorschläge von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron] | |
formulierte. Darin lehnte sie eine Europäisierung der Sozialpolitik ab, | |
forderte aber zum Beispiel den gemeinsamen Bau eines Flugzeugträgers. In | |
der Flüchtlingspolitik herrscht der Sound der CSU vor. Beide Parteien | |
wollen, „dass die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, dauerhaft | |
niedrig bleibt“, heißt es im Europaprogramm. Gefordert werden europäische | |
Transitzentren, ein Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex und ein | |
Europäisches FBI, das aus der europäischen Polizeibehörde Europol entstehen | |
soll. | |
Das Thema Migration sei „entscheidend“, sagte Söder. CDU und CSU wollten | |
keine unbegrenzte Zuwanderung, sondern die richtige Balance zwischen | |
Humanität und Ordnung. Das Programm könne die gesamte Union wieder | |
zusammenführen. | |
Kramp-Karrenbauer und Söder nutzten die Gelegenheit für Seitenhiebe auf die | |
Konkurrenz. Sie erteilten der SPD-Forderung, den [3][Rüstungsexportstopp | |
für Saudi-Arabien] um sechs Monate zu verlängern, eine klare Absage. | |
25 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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