| # taz.de -- Kommentar Europawahl: Der allzu nette Herr Weber | |
| > Der konservative Spitzenkandidat Manfred Weber will es in Europa allen | |
| > recht machen. Doch wer führen will, muss sich auch trauen anzuecken. | |
| Bild: Wischi-Waschi-Weber möchte alle umarmen und ganz, ganz, ganz viele Brüc… | |
| Ein Foto trifft es besser, als es ein Satz vermocht hätte. Im aktuellen | |
| SZ-Magazin musste Manfred Weber auf die Frage antworten, ob Viktor Orbán | |
| ein Diktator sei – ohne Worte, denn es war ein Interview der Rubrik „Sagen | |
| Sie jetzt nichts“. Webers Gesicht ist auf dem Foto leicht verkniffen, die | |
| Hände machen eine leicht abwehrende, aber auch abwägende Bewegung. Die | |
| Frage schmerzt, sagt Webers Ausdruck, aber eindeutig beantworten lässt sie | |
| sich auch nicht. | |
| Anders als etwa sein früherer Parteichef Horst Seehofer war Weber keiner | |
| von jenen CSUlern, die nur [1][allzu gern mit Orbán gekuschelt] haben, und | |
| doch hüllt er seine Kritik stets in sehr freundliche Worte. Selbst nach den | |
| jüngsten anti-europäischen Eskapaden des Ungarn scheute sich die | |
| EVP-Fraktion unter Weber davor, Orbán sofort vor die Tür zu setzen. | |
| Der Z[2][wiespalt im Umgang mit der ungarischen Regierung ist dabei | |
| symptomatisch für die Situation], in der der Wahlkämpfer Weber steckt. Das | |
| wurde auch an diesem Wochenende bei seiner wenig inspirierenden Rede auf | |
| dem Europaparteitag der CSU deutlich. Profil zeigen, ohne dabei jemanden | |
| vor den Kopf zu stoßen – keine leichte Übung für den Niederbayern, der | |
| EU-Präsident werden will. Gut, gegenüber Trump, Erdoğan und den Brexiteers | |
| kann man schon mal einen markigen Spruch loslassen, aber da, wo Ende Mai | |
| gewählt wird, ist Weber bedacht, auch ja niemandem wehzutun. | |
| Weber ist ein sympathischer und nachdenklicher Politiker, der durchaus | |
| viele vernünftige Sachen sagt. Momentan wird Weber jedoch nicht müde, | |
| ständig eine ziemlich abgenutzte Metapher zu bemühen: [3][Brücken wolle er | |
| bauen.] Immerhin: Gräben gibt es genug in Europa. Doch welche davon will | |
| Weber überbrücken? Was hat er sich vorgenommen? Das bleibt im Vagen. | |
| Nur ein paar Schlagworte gibt es: Die Beitrittsgespräche mit der Türkei | |
| will Weber stoppen, die Expansion chinesischer Unternehmen auch und die | |
| Rechtspopulisten sowieso. Amerikanische Internetriesen will er zur Kasse | |
| bitten, Alzheimer und Krebs den Kampf ansagen und die Bürokratie-Auswüchse | |
| der EU zurechtstutzen. Alles so konsensfähig, allgemein oder unverfänglich, | |
| dass es kaum Widerspruch bei irgendeinem seiner potentiellen Unterstützer | |
| hervorrufen dürfte. | |
| Doch wer führen will, muss auch anecken können. Von der Politik des größten | |
| gemeinsamen Nenners hat die EU genug gehabt. Oft hat dieser sich als gar | |
| nicht so groß erwiesen. Wer die EU reformieren und sie zu einem | |
| schlagkräftigen Staatenbund machen will, der sich neben den USA und China | |
| behaupten kann, muss entschlossen vorangehen statt den Moderator geben. | |
| Sollte er seinen Traumjob tatsächlich bekommen, wird der nette Herr Weber | |
| erst mal beweisen müssen, dass er auch unbequem sein kann. | |
| 31 Mar 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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