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# taz.de -- Kommentar Stichwahl in der Ukraine: Leise Stimme plötzlich laut
> Alles schien auf einen neuen Sieg Petro Poroschenkos hinzudeuten. Jetzt
> zeigt sich: In der Ukraine besteht kein Bedarf an nationalistischer
> Rhetorik.
Bild: An den Sieg angepirscht: Wolodimir Selenski
Der erdrutschartige Sieg des [1][Komikers Wolodimir Selenski] am Sonntag
war eine Überraschung, mit der man noch vor sechs Wochen nicht gerechnet
hätte. Zu verdanken ist diese Überraschung zwei Personen: Petro Poroschenko
und Wolodimir Selenski. Wer sich zwei Tage vor [2][der Stichwahl] auf den
Weg ins Kiewer Olympiastadion gemacht hatte, um dem Rededuell der beiden
Präsidentschaftskandidaten beizuwohnen, konnte im Schnelldurchgang erleben,
wie in der Ukraine in den vergangenen Jahren Stimmung und damit Politik
gemacht wurde.
Dutzende Busse aus der Provinz spuckten lustlos dreinblickende Teilnehmer
der Wahlshow aus. Sie alle waren angereist, um Kandidat Petro Poroschenkop
im Olympiastadion zuzujubeln und es gleichzeitig Herausforderer Selenski
mit Pfiffen und Buhrufen vor allem dann schwer zu machen, wenn er auf
Russisch redete. Im Kiewer Stadion war Poroschenko lauter als der mit
ruhiger und beharrlicher Stimme redende Selenski. Poroschenko erhielt
deutlich mehr Applaus und Zustimmung als sein Herausforderer. Das Stadion
verließ man mit dem Gefühl, Poroschenko könnte es vielleicht doch noch
einmal schaffen.
Doch dass er es nicht geschafft hat, zeigt, dass die schweigende Mehrheit
nicht das tut, was eine lautstarke aktive Minderheit wünscht. Und es zeigt
auch: in der ukrainischen Gesellschaft besteht mehrheitlich kein Bedarf an
der nationalistischen Rhetorik eines Petro Poroschenko. Vielleicht sollte
man sich auch im Bundeskanzleramt, [3][wo man ja bis zuletzt an Poroschenko
festgehalten hatte], fragen, warum man in der Ukraine nicht auch mal auf
die leiseren Stimmen hörte.
Selenski selbst hat die letzten Jahre alles getan, um einen Verdacht, er
habe politische Ambitionen, gar nicht erst aufkommen zu lassen. Seit Jahren
zieht er Poroschenko und Timoschenko in seinen Shows durch den Kakao. Einem
Künstler ist ja alles erlaubt. Doch nur ein Schelm hielt dies für einen
vorgezogenen Wahlkampf. Selenski hat sich buchstäblich an die
Präsidentschaft herangeschlichen. Für den zukünftigen Präsidenten dürften
die erstaunten Augen all derer, die bis zuletzt eine
Präsidentschaftskandidatur des Komikers für einen weiteren Scherz gehalten
hatten, eine diebische Freude gewesen sein.
22 Apr 2019
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## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Petro Poroschenko
Julia Timoschenko
Wolodymyr Selenskij
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Ukraine
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Angela Merkel
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