| # taz.de -- Kommentar Stichwahl in der Ukraine: Der richtige Mann für den Frie… | |
| > Die Ukraine zeigt Risikofreude. Komiker Selenski mag wenig über | |
| > praktische Politik wissen, dennoch sollte sich die EU auf den neuen | |
| > Präsidenten einlassen. | |
| Bild: Wolodimir Selenski als neue Hoffnung der Ukraine? | |
| Da sage noch mal jemand, die UkrainerInnen seien nicht experimentierfreudig | |
| oder hätten keinen Mut zum Risiko. Mit ihrem überdeutlichen [1][Votum für | |
| Wolodimir Selenski] in der zweiten Runde der Präsidentenwahl haben sie | |
| einen Mann ins höchste Staatsamt befördert, über dessen künftiges Handeln | |
| sich derzeit nur spekulieren lässt. | |
| Dennoch sollte die Europäische Union sich auf Selenski einlassen. Der | |
| Quereinsteiger bedeutet nicht nur Risiko und Ungewissheit, sondern auch | |
| eine Chance – für die Ukraine, aber auch für Europa und den festgefahrenen | |
| Konflikt im Donbass. | |
| Der Komiker und Fernsehstar mag von praktischer Politik keinen Schimmer | |
| haben. Seine programmatischen Aussagen waren und sind nebulös. Und ihm | |
| fehlt eine Hausmacht im Parlament, was der Durch- und Umsetzung seiner | |
| politischen Vorhaben nicht gerade förderlich sein dürfte. Doch allen | |
| Unkenrufen und Bedenken zum Trotz stimmten rund 73 Prozent der WählerInnen | |
| für Selenski – ein Rekordergebnis in der Geschichte der Ukraine seit ihrer | |
| Unabhängigkeit 1991. | |
| Dieser immense Vertrauensvorschuss beinhaltet eine weitere wichtige | |
| Botschaft. Er ist eine klare Absage an die plumpen Versuche des abgewählten | |
| Amtsinhabers Petro Poroschenko, mit nationalistischer Rhetorik zu | |
| polarisieren, bestehende Gräben in der ukrainischen Gesellschaft weiter zu | |
| vertiefen und für eigene politische Ziele zu instrumentalisieren. Das gern | |
| bemühte Narrativ von Ost gegen West, von russisch versus ukrainisch | |
| geprägten Landesteilen – es verfing nicht und hat als Erklärungsmuster | |
| offensichtlich ausgedient. | |
| ## Vage Möglichkeit einer Friedensperspektive | |
| Genau deshalb birgt [2][die Wahl Selenskis] auch Hoffnung. Der neue | |
| russischsprachige Präsident, dessen Ukrainischkenntnisse ausbaufähig sind, | |
| könnte das Freund-Feind-Schema durchbrechen und zum Versöhner und | |
| Brückenbauer in seinem Land werden. Sollte dieses – zugegebenermaßen recht | |
| ambitionierte – Unterfangen gelingen, böte sich vielleicht endlich auch ein | |
| Weg, um den Donbass dauerhaft zu befrieden. | |
| Schon lange ist dieser Konflikt, mit über 12.000 Toten, vom Radar | |
| internationaler Aufmerksamkeit verschwunden. Dass immer wieder neue Opfer | |
| zu beklagen sind, ist genauso wenig der Erwähnung wert, wie der Umstand, | |
| dass das Minsker Friedensabkommen von 2015 praktisch gescheitert ist. | |
| Europa hat Sanktionen verhängt und verurteilt die Annexion der Krim, doch | |
| in diesem Zustand verharrt der Konflikt. | |
| Zumindest die vage Möglichkeit einer Friedensperspektive für den Osten der | |
| Ukraine sollte für Brüssel Grund genug sein, sich auf Selenski einzulassen | |
| und ihn bis zum Beweis des Gegenteils zu unterstützen. | |
| 23 Apr 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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