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# taz.de -- Kolumne Geht's noch: Lunch mit Poroschenko
> Einmischung in fremde Wahlkämpfe ist ein No-Go. Trotzdem trifft die
> Kanzlerin vor der ukrainischen Stichwahl den Amtsinhaber.
Bild: Merkel sei „partnerschaftlich, freundschaftlich“, schwärmt Poroschen…
Nicht immer das sagen oder tun, was man denkt – in ihren gut 13 Jahren im
Kanzleramt hatte Angela Merkel häufig genug Gelegenheit, diese
diplomatische Maxime zu verinnerlichen. Beispiel US-Wahlkampf 2016: Es war
ein offenes Geheimnis, dass sich die Kanzlerin nicht einen [1][polternden
Immobilienmogul mit Hang zur Xenophobie] im Weißem Haus wünschte. Trotzdem
hielt sie den Mund.
Schließlich weiß sie genau, dass das diplomatische Parkett bisweilen arg
rutschig sein kann. Ein falsches Wort oder eine irritierende Geste kann da
leicht zu politischen Verwerfungen führen. Folglich gilt es, in
ausländischen Wahlkämpfen politische Neutralität zu wahren. Oder zumindest
deren Schein.
Umso mehr stellt sich die Frage, was die Kanzlerin nun geritten hat, sich
mit derlei Verve in den ukrainischen Wahlkampf zu stürzen. Am nächsten
Wochenende findet dort die Stichwahl ums Präsidentenamt statt, Amtsinhaber
[2][Petro Poroschenko] gegen den Komiker Wolodimir Selenski. In jüngsten
Umfragen liegt der Herausforderer weit vorn.
Was also tut Merkel? Kurz vor dem entscheidenden Urnengang empfing sie
Amtsinhaber Poroschenko am Freitag in Berlin zum Lunch. Als
„partnerschaftlich, freundschaftlich“ lobte Poroschenko im Anschluss die
„Frau Bundeskanzlerin“. Wie bitte?
## Als hätte sie ihr diplomatisches Gespür verloren
An dem Stelldichein wäre nichts verwerflich, würde Merkel im Anschluss an
Poroschenko auch noch mit Herausforderer Selenski speisen. Darauf
verzichtet sie aber – anders übrigens als ihr französischer Kollege Macron,
der wohlweislich beide Kandidaten empfangen hat.
Mischt sich die Kanzlerin hier also in den ukrainischen Wahlkampf ein? Es
sieht jedenfalls so aus. Auch wenn sich ihr Sprecher bemühte, den Vorwurf
abzuschmettern. Man stelle sich vor, Merkel würde Putin so kurz vor der
Wahl bei sich empfangen; undenkbar. Es wirkt, als habe Merkel ihr
diplomatisches Gespür verloren.
Und wozu das Ganze? Denn fraglich ist, ob Poroschenko die Stippvisite
überhaupt nützt. Zurzeit sieht es für ihn düster aus. Ob ein paar Bilder
mit der deutschen Regierungschefin den Wind derart drehen können, darf
bezweifelt werden.
Es wäre übrigens nicht das erste Mal, dass Merkel sich beim
Kandidaten-Speeddating vertut; 2012 traf sie den [3][französischen
Präsidenten Sarkozy] – den sozialistischen Herausforderer Hollande nicht.
Geholfen hat es Sarkozy wenig, in den Elyséepalast zog damals Hollande ein.
12 Apr 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Trump-und-Iran/!5586554
[2] /Praesidentenwahl-in-der-Ukraine/!5584422
[3] /Kommentar-Frankreich-und-Deutschland/!5567736
## AUTOREN
Daniel Godeck
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