| # taz.de -- Russische Medien über Ukraine-Wahl: Beim Nachbarn schauen sie scha… | |
| > Russische TV-Sender zeichnen ein Zerrbild der Abstimmung in der Ukraine. | |
| > Dabei könnten sie daheim genug über Wahlmanipulation berichten. | |
| Bild: Ein Wähler in Kiew verlässt die Kabine bei der ersten Runde der Präsid… | |
| Russlands staatliche Fernsehsender haben ihr Gutes – sie zu konsumieren ist | |
| zeitsparend. Guckt man einen, weiß man auch, was alle anderen in den Äther | |
| blasen. Das ist so schlecht nicht in einer immer komplexer werdenden Welt. | |
| Für das Putin-TV war die Präsidentschaftswahl in der Ukraine vom | |
| vergangenen Sonntag ein gefundenes Fressen, um mal wieder so richtig vom | |
| Leder zu ziehen. Schließlich wimmelt es in dem Nachbarstaat offizieller | |
| Moskauer Lesart zufolge nur so von Faschisten, die noch dazu in der | |
| Regierung sind bzw. an den Schalthebeln der Macht sitzen. | |
| Von besonderer Güte war der Auftritt von Dmitri Kisseljow, | |
| Kreml-Chefideologe und sogenannter Moderator beim Ersten Kanal Rossija | |
| Odin. „Am 31. März hat die Ukraine auf Sommerzeit umgestellt, und das Volk | |
| ging bereits am 8 Uhr an die Urnen, um für eine anderes Leben zu stimmen. | |
| Die Ukrainer haben genug von Armut und Überlebenskampf“, erläuterte | |
| Kisseljow kompetent. Kaum jemand glaube, dass die Auszählung der Stimmen | |
| ehrlich sein werde, sei doch die Wahlkampagne die schmutzigste in der | |
| Geschichte der Ukraine gewesen. | |
| Bereits vor der eigentlichen Abstimmung seien die Verstöße derart dreist | |
| gewesen, dass völlig unverständlich sei, wie man die Ergebnisse dieser | |
| Wahlen anerkennen könne. Als einen Kronzeugen für die zahlreichen | |
| Manipulationsversuche führte der Sender Rossija 24 den Schweizer | |
| Wahlbeobachter Claude Béglé an. Der hatte auf Facebook gepostet, dass ein | |
| Wahllokal in der Region Odessa erst am Nachmittag öffnen konnte. Béglés | |
| Kommentar, dabei habe es sich eher um ein technisches Problem denn um ein | |
| Anzeichen für Wahlfälschung gehandelt, wurde den Zuschauern vorenthalten. | |
| Angesichts dieser „Fake-Wahlen“ war der Ausgang der ersten Runde den | |
| staatstreuen russischen Medien dennoch eine ausführliche Analyse wert. Die | |
| meisten Stimmen mit deutlichem Vorsprung bekam der Comedian und | |
| Politneuling Volodimir Selenski, der [1][in der Stichwahl am 21. April auf | |
| Amtsinhaber Petro Poroschenko trifft]. Die Ukrainer hätten offensichtlich | |
| die Nase voll von den etablierten Politikern, lautete eine messerscharfe | |
| Beobachtung auf Rossija Odin. Dabei sparte der Kommentator nicht mit | |
| despektierlichen und hämischen Bemerkungen über den unerfahrenen Selenski. | |
| ## In Russland kennt man keine zweiten Wahlgänge | |
| Selenski scheint aber immer noch besser zu sein als der gegenwärtige | |
| Staatschef. Auf Ren-TV, rein formal einem privaten Sender mit deutlichem | |
| Charakter eines Sprachrohrs des Kreml, hörte sich das so an: Das Interesse | |
| Russlands sei eindeutig. Man sei müde von Poroschenko und dessen ständiger | |
| manisch-depressiver Russophobie. Wie die Mehrheit der Ukrainer auch, möchte | |
| man hinzufügen. | |
| Der Vorwurf der Russophobie klingt einleuchtend, wo doch den Machthabern in | |
| Russland eine Ukrainophobie so gänzlich fremd ist. Genauso fremd übrigens | |
| wie Wahlfälschungen. Die gibt es zwar jedes Mal, aber sie wären eigentlich | |
| gar nicht unbedingt erforderlich. Existieren doch genug andere Mittel und | |
| Wege, um das gewünschte Ergebnis herzustellen. So dürfen oppositionelle | |
| Kandidaten gar nicht erst antreten, weil sie, wie der Blogger Alexej | |
| Nawalny, nach [2][abstrusen Gerichtserfahren verurteilt wurden.] | |
| Wo kämen die Russen auch hin, sollte etwa ein Komiker versuchen, sich um | |
| das höchste Amt im Staat zu bewerben. „Was ist eigentlich ein zweiter | |
| Wahlgang“, wollte ein russischer Twitter-Nutzer wissen. Die Frage ist | |
| berechtigt. Ein derartiges Ereignis in Russland ist zuletzt aus dem Jahr | |
| 1996 überliefert. Da trat ein sichtlich angeschlagener Boris Jelzin in der | |
| zweiten Runde gegen den Chef der Kommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow, | |
| an. Jelzin gewann. | |
| Vier Jahre später betrat Wladimir Putin die politische Bühne. Er machte | |
| seitdem, soweit nicht qua Verfassung zu einer Auszeit genötigt, immer alles | |
| schon im ersten Wahlgang klar. So sehen Sieger aus. | |
| 5 Apr 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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