# taz.de -- Sperrungen vor der Europawahl: Twitter hat's verblockt | |
> Der Kurznachrichtendienst will zur EU-Wahl gegen Wahlmanipulation | |
> vorgehen. Doch die Strategie geht nach hinten los, wie der Fall Chebli | |
> zeigt. | |
Bild: Die SPD-Politikerin Sawsan Chebli war kurzzeitig auf Twitter gesperrt | |
BERLIN taz | Weil der Kurznachrichtendienst Twitter vor der Europawahl | |
aktiv gegen Einflussnahme vorgehen will, waren am Wochenende plötzlich eine | |
Reihe prominenter Accounts gesperrt. Und zwar Nutzer, die definitiv nicht | |
versucht hatten, die Wahl zu manipulieren. Twitter stellt seit Ende April | |
eine neue Funktion bereit, mit der man Tweets melden kann, die | |
Falschinformationen im Zusammenhang mit Wahlen verbreiten. | |
Hintergrund ist die Twitter-[1][Richtlinie zur „Integrität von Wahlen“.] | |
Die soll verhindern, dass durch Fakes die Debatte vor den Wahlen verfälscht | |
wird. Geblockt wurde dann aber unter anderen das Konto der Berliner | |
Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), wegen eines Posts, der mit der | |
EU-Wahl gar nichts zu tun hatte. Chebli hatte sich mit der AfD angelegt, | |
wegen eines Posts darüber, dass „Mohammed“ in Berlin der meistvergebene | |
männliche Vorname ist. | |
Inwieweit Chebli damit gegen die Wahl-Regel verstoßen haben soll, ist | |
unklar. Über die Richtlinie heißt es bei Twitter: „Es ist nicht erlaubt, | |
die Dienste von Twitter mit dem Ziel zu nutzen, Wahlen zu manipulieren oder | |
zu beeinträchtigen“. Darunter falle das Posten oder Teilen von Inhalten, | |
die sich negativ auf die Wahlbeteiligung auswirkten oder „falsche Angaben | |
zum Termin, zum Ort, oder zum Ablauf einer Wahl machen“, steht auf einer | |
entsprechenden Erklärseite des Kurznachrichtendiensts. | |
Etwas anders ist der Fall Thomas Stadler: Der Fachanwalt für IT-Recht wurde | |
am Samstag [2][für einen Jahre alten Witz gesperrt.] Stadler hatte 2016 | |
AfD-Wähler aufgefordert, ihren Stimmzettel mit Namen zu unterschreiben. | |
Offenbar hatten AfD-Anhänger den Tweet nun gemeldet. | |
## „Maßnahmen zum Schutz der Europawahl“ | |
Die Richtlinie selbst ist nicht neu. Die Funktion, mit der Tweets gemeldet | |
werden können, die dagegen verstoßen sollen, gibt es aber erst seit dem 29. | |
April, Twitter will damit nationales Recht umsetzen. Wählertauschung kann | |
laut Strafgesetzbuch mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft | |
werden. | |
Der Social Media-Analyst Luca Hammer vermutet, dass die neue Meldefunktion | |
von einigen Nutzern missbraucht wird. „Einzelne Accounts haben dazu | |
aufgerufen, ‚Linkstwitter‘ damit zu melden“, sagt Hammer der taz. | |
Fehlentscheidungen zu Sperrungen seien darauf zurückzuführen, dass die | |
Regel erst jetzt offensiv verfolgt wird. „Das Problem ist, dass | |
Contentmoderator_innen, innerhalb von Sekunden Entscheidungen treffen | |
müssen, die normalerweise Richter_innen in einem Prozess fällen, nachdem | |
beide Seiten ihre Argumente vorgetragen haben.“ | |
Auch Facebook hat „Maßnahmen zum Schutz der Europawahl“ getroffen. Für al… | |
Werbeanzeigen, die sich auf wichtige Themen innerhalb der Europäischen | |
Union beziehen, gibt es einen speziellen Autorisierungsprozess. Die | |
Identität der Werbetreibenden soll so überprüft werden, um Einflussnahme | |
aus dem Ausland zu erschweren. Zudem muss bei politischen Anzeigen | |
innerhalb der EU gekennzeichnet werden, wer die Werbung finanziert hat. | |
6 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://help.twitter.com/de/rules-and-policies/election-integrity-policy | |
[2] https://www.internet-law.de/2019/05/twitter-der-neue-handlanger-der-afd.html | |
## AUTOREN | |
Frederik Schindler | |
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