# taz.de -- Politologin über Seidenstraßen-Projekt: „Dahinter steckt Geopol… | |
> China lockt mit Milliardeninvestitionen. Doch das Mega-Projekt birgt | |
> Chancen und Gefahren für die EU, sagt Politologin Nadine Godehardt. | |
Bild: Ein Zug aus China bei der Ankunft im belgischen Antwerpen | |
taz: Frau Godehardt, für diesen Donnerstag hat die chinesische Führung | |
erneut zur großen „One Belt, One Road“-Konferenz eingeladen, dem | |
Seidenstraßen-Gipfel. Ist die Seidenstraße eher Chance oder Gefahr für | |
Europa? | |
Nadine Godehardt: Politisch ist das Projekt heikel. Denn hinter der | |
Seidenstraße steckt eindeutig Geopolitik. Die Staaten, die mit China | |
Verträge unterzeichnen, lassen sich auf ein bilaterales Netzwerk ein, in | |
dessen Zentrum China steht. [1][Die Zusammenarbeit erfolgt nicht auf | |
gleicher Augenhöhe.] Zudem hat das Projekt auch eine technologische | |
Dimension: Stichwort „Made in China 2025“, eine weitere industriepolitische | |
Strategie der chinesischen Führung, technologisch in den nächsten Jahren | |
zum Weltmarktführer zu werden. Das wird zu Recht als Herausforderung | |
wahrgenommen. | |
Die deutsche Wirtschaft scheint aber begeistert zu sein. | |
Ja, das hat auch die letzte Hannover-Messe gezeigt. Gerade in den Bereichen | |
Mobilfunkstandard 5G und Industrie 4.0, also der Digitalisierung der | |
industriellen Produktion, gibt es Anknüpfungspunkte. Deutsche Unternehmen | |
können schon jetzt in China Technologien ausprobieren, die es dort gibt, | |
weil sie stärker gefördert werden als in Europa. In diesen Bereichen findet | |
viel Kooperation statt. Das ist auch sinnvoll. | |
Politisch heikel, wollen die Europäer wirtschaftlich eng mit den Chinesen | |
kooperieren – was folgt daraus für Europas China-Politik? | |
Ein auf jeden Fall erster wichtiger Schritt erfolgte beim | |
[2][China-EU-Gipfel vor zwei Wochen in Brüssel]. Die Europäer haben sich | |
dort zumindest in Grundsätzen auf eine gemeinsame Sprache und ein | |
gemeinsames Vorgehen gegenüber China geeinigt. Die Bundesregierung schien | |
dabei ein Treiber gewesen zu sein. Chinas Führung hat bei dem Gipfel auch | |
schon Zugeständnisse gemacht. Der 16-plus-1 Gipfel mit China und vielen | |
osteuropäischen Staaten zeigt jedoch: Die wirkliche Arbeit fängt jetzt erst | |
an. | |
Wie müsste diese aussehen? | |
Es geht darum, dass sich Deutschland, Frankreich und die westeuropäischen | |
Kernländer auch mit den Osteuropäern auf eine einheitliche China-Strategie | |
verständigen und eine gemeinsame Richtung einschlagen. | |
Die Bundesregierung warnt andere Europäer vor China und kritisiert vor | |
allem Italien dafür, als erstes EU-Kernland der Seidenstraßen-Initiative | |
beigetreten zu sein. Wie finden Sie das? | |
Wenn Berlin Italien dafür kritisiert, [3][mit China zunächst Abkommen in | |
Höhe von 2,5 Milliarden unterzeichnet zu haben], dann ist das von deutscher | |
Seite etwas scheinheilig. Denn auch große Unternehmen wie BASF oder Siemens | |
profitieren sehr von der deutschen Zusammenarbeit mit China. Im Fall von | |
Italien geht es allerdings um mehr als nur um Handelsvereinbarungen. Das | |
Ziel der EU besteht nicht darin, einzelnen Ländern die Zusammenarbeit mit | |
Peking zu verbieten, sondern diese sollte nicht unter einem chinesischen | |
Diktat erfolgen. Daher stößt Roms Beitritt zur Seidenstraßen-Initiative auf | |
deutliche Kritik. | |
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) reist zum Seidenstraßen-Gipfel an. | |
Ist das richtig? | |
Auch Vorgängerin [4][Brigitte Zypries von der SPD nahm an diesem jährlichen | |
Forum schon teil]. Insofern ist Altmaiers Teilnahme weder eine Auf- noch | |
eine Abwertung. Ich würde das Forum nicht überbewerten. Sich austauschen | |
und dabei gegenüber der chinesischen Seite die Bedenken vortragen kann | |
nicht schaden – solange nicht die Kanzlerin persönlich teilnimmt. Denn das | |
würde dem Ganzen einen anderen Stellenwert geben. Für wichtiger halte ich | |
es aber, dass auch die Parteien im Bundestag über die Teilnahme an einem | |
solchen Treffen diskutieren. Letztendlich ist es ein Forum der | |
Kommunistischen Partei. Das sollte auch nicht vergessen werden, wenn es um | |
den Umgang mit China geht. | |
24 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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