# taz.de -- Identitäre in Österreich: Regierung prüft Verbot | |
> Die Spende des Christchurch-Attentäters an den Identitären-Chef bringt | |
> ÖVP und FPÖ in ein Dilemma. FPÖ-Vize-Kanzler Strache wiegelt ab. | |
Bild: Für Spenden empfänglich: Der Sprecher der Identitären Martin Sellner | |
WIEN taz | Die Spende des Christchurch-Attentäters an Österreichs | |
Identitäre bringt die Regierung von Sebastian Kurz in ein Dilemma. „Es | |
braucht aus unserer Sicht ein schnelles Ausforschen dieser Netzwerke“, | |
sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat. | |
Wenn es um Sympathiebekundungen und Querverbindungen geht, ist sein | |
Koalitionspartner FPÖ Teil dieser Netzwerke. Aber Vizekanzler | |
Heinz-Christian Strache zuckte nicht mit der Wimper, als Kurz „die | |
Bestrafung aller, die sich etwas haben zuschulden kommen lassen“ versprach | |
und prüfen will, „ob eine Auflösung der Identitären hier möglich ist“. | |
„Die Freiheitliche Partei hat mit den Identitären nichts zu tun“, versuchte | |
versicherte Strache treuherzig. Dass er unter anderem ein Werbevideo des | |
rechtsextremen Vereins auf seine Facebook-Seite gestellt und den | |
„friedlichen Aktionismus“ der „nichtlinken“ Bewegung gelobt hatte, erkl… | |
Strache mit „der Bewertungsgrundlage im Jahr 2016“. | |
Es habe sich offensichtlich um eine Jugendbewegung als Gegenkultur zur | |
politischen Linken gehandelt. Jetzt, ganz Staatsmann, sucht Strache | |
größtmögliche Distanz: „Wer den Rechtsstaat nicht lebt, der hat auch mit | |
Konsequenzen zu rechnen.“ | |
## Kampf gegen Political Correctness | |
Ähnlich argumentierten die FPÖ-Vertreter bei einer Sondersitzung des | |
Nationalrats am Donnerstag. Während die Abgeordneten der Opposition | |
vorwurfsvoll auf die zahlreichen dokumentierten Beziehungen der | |
Regierungspartei zu den Identitären verwiesen, übten sich die FPÖ-Vertreter | |
in Ablenkung. Die wahre Bedrohung in Österreich gehe vom militanten Islam | |
aus, nicht von Rechtsextremen. | |
Die Jetzt-Abgeordnete Alma Zadic hielt Innenminister Herbert Kickl vor, er | |
sei 2017 als „Star-Redner“ auf dem rechtsextremen Kongress der „Verteidig… | |
Europas“, aufgetreten und zitierte, er habe sich dort „unter | |
Gleichgesinnten“ gefühlt. Kickl verharmloste das Treffen. Es sei um den | |
Kampf gegen Political Correctness gegangen. | |
Stephanie Krisper von den NEOS, hält die Ankündigung von Kanzler Kurz für | |
Blendwerk: „Gute Schlagzeilen, das beherrscht der Bundeskanzler“. Er solle | |
sich besser „substantiell mit Rechtsextremen auseinandersetzen“. | |
Brenton Tarrant, der im neuseeländischen Christchurch 50 Muslime beim | |
Freitagsgebet niedermetzelt hatte, hatte Martin Sellner, dem Chef der | |
österreichischen Identitären, vergangenen Herbst rund 1500 Euro als Spende | |
überwiesen. Die Annahme dieser Spende, da sind sich die Juristen einig, | |
erfüllt keinen strafrechtlichen Tatbestand. | |
## Erhebliche Einschüchterung | |
Zu klären bleibt, ob der Attentäter bei seinen Besuchen in Österreich im | |
vergangenen Jahr auch Kontakt zu gleichgesinnten Gruppen aufgenommen hat. | |
Sellner bestreitet das für seinen Verein. | |
Für die Auflösung eines Vereins ist das Innenministerium zuständig. Mehrere | |
Versuche, die Identitären für ihre Störaktionen, die mit erheblicher | |
Einschüchterung einher gingen, gerichtlich zu belangen, endeten mit | |
Freisprüchen. | |
Ein Verbot der Gruppe sei daher problematisch, wie Vereinsrechtsexperte | |
Maximilian Kralik am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal erklärte. Da die | |
Vereinigungsfreiheit in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert | |
sei und in Österreich Verfassungsrang habe, sei „jeder Eingriff in die | |
Vereinigungsfreiheit gleichzeitig auch ein Grundrechtseingriff“. Der | |
Verfassungsrechtler Heinz Mayer meint, man könne allenfalls prüfen, ob die | |
Identitären durch ihr Auftreten oder den Kontakt mit Neonazis gegen das | |
Verbotsgesetz verstoßen haben. | |
28 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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