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# taz.de -- Posse beim ORF in Österreich: Bieäeäep statt Neonazi
> Der ORF möchte verhindern, dass Satiriker auf die Neonazi-Vita von
> Vize-Kanzler Strache anspielen. Geglückt ist dem Sender das nicht.
Bild: Pocht auf Einhaltung der Gesetze, aber sagt nicht, welche: ORF
BERLIN taz | „Vom Neonazi zum Sportminister – eine typisch österreichische
Karriere“. Hätte [1][ORF]-Sportmoderator Ernst Hausleitner in einem
Interview tatsächlich diese Worte an den österreichischen Vizekanzler
Minister für öffentlichen Dienst und Sport sowie FPÖ-Obmann,
[2][Heinz-Christian Strache], gerichtet – er hätte damit womöglich einen
Skandal ausgelöst.
Hat Hausleitner aber nicht. Das Satire-Kollektiv Maschek war es, das Ernst
Hausleitner die Worte bei der Ausstrahlung der Sendung „Willkommen
Österreich“ am vergangenen Dienstag in den Mund legte. „Jugendsünde“, t…
darin der ebenfalls von den Satirikern synchronisierte Kanzler Sebastian
Kurz neben Strache stehend den Neonazi-Vorwurf lächelnd ab. Das war’s.
War’s aber dann doch nicht.
Nach der TV-Ausstrahlung nimmt der ORF den satirischen Beitrag aus der
„TVthek“, nur, um ihn am Samstag wieder hochzuladen. Mit einem Unterschied:
Als Hausleitner das Nazi-Wort in den Mund nimmt, ertönt ein schiefes
„Bieäeäep“. Die Maschek-Satiriker fanden es nicht einmal notwendig, das
Gesagte mit dem üblichen „Piiieeep“-Störsignal des Fernsehers zu
überblenden. Launiger hätten die Satiriker das unterwürfige Vorgehen des
ORF nicht kommentieren können.
ORF-Pressesprecher Martin Biedermann kommentierte knapp auf Twitter: „Der
Maschek-Beitrag ist mit Überblendung der rechtl. probl. Passage wieder
online.“ Der ORF bekenne sich „zu pointierter Satire und Parodie, aber
selbstvst. auch zur Einhaltung der Gesetze.“ Nur gegen welche Gesetze die
Satiriker verstoßen haben könnten, darüber sagt Biedermanns Tweet nichts.
## Nach Tweet verreist
Das bleibt auch in der Folge schwierig in Erfahrung zu bringen: Kurz nach
dem Tweet packt der Pressesprecher seine Sachen und fährt in die
Osterferien. Die Stellvertreterin verspricht, ein „wording“ zuzuschicken.
Das geht so: „Der sendungsverantwortliche Unterhaltungsredakteur hat es
verabsäumt, die Passage vorab rechtlich prüfen zu lassen. Der Sendungsteil
‚maschek‘ wurde nach der TV-Ausstrahlung gesperrt und ist mittlerweile mit
Überblendung der rechtlich problematischen Passage wieder online.“
273 Zeichen. Twitter-Format. Kein Hinweis darauf, in welcher rechtlichen
Grauzone sich der Maschek-Beitrag bewegen soll. Die Pressestelle hätte auch
Biedermanns Tweet noch einmal verschicken können.
Aber wo liegt denn nun das juristische Problem des Maschek-Beitrags?
Womöglich fürchtet der ORF gar nicht so sehr die rechtliche Grauzone, in
die sich seine Satiriker begeben. Denn Mitte März ließ ein Sprecher der FPÖ
verlauten, es sei der „starke Wunsch der FPÖ und vor allem des
Vizekanzlers“ Strache, die Rundfunkgebühren abzuschaffen und die
Öffentlich-Rechtlichen künftig über Steuern zu finanzieren. Eine solche
Reform würde den ORF in direkte Abhängigkeit von den politischen
Entscheidern bringen. Ein Szenario, das der Sender nun offenbar mit
Selbstzensur abwenden möchte.
Der Fernsehsender hat dabei seine Rechnung allerdings nicht mit dem
Internet gemacht. Denn das vergisst nicht. Irgendwo in seinen Untiefen
findet sich, was in der TVthek nicht mehr zu sehen ist, so etwa – wie
sollte es auch anders sein – in einem Tweet des Maschek-Autoren Peter
Hörmanseder: „Vom Neonazi zum Sportminister, eine typisch österreichische
Karriere“, hält er er für dem „Tatsachensubstrat entsprechend angebracht.
Wir erfinden zwar unsere Geschichten, aber die Geschichten finden auch
uns.“
Das lässt sich auf die ORF-Posse übertragen: Den Maschek-Satirikern
verleiht die Selbstzensur des ORF erst zu einer richtig lauten Stimme.
„Bieäeäep“.
16 Apr 2019
## LINKS
[1] /ORF-Journalisten-in-sozialen-Medien/!5516674
[2] /Beleidung-eines-ORF-Moderators/!5489066
## AUTOREN
Moritz Döring
## TAGS
ORF
Österreich
Heinz-Christian Strache
ORF
Martin Sellner
Martin Sellner
Österreich
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