# taz.de -- Rassistischer Angriff in Österreich: Wienerin mit Kopftuch angespu… | |
> Eine Muslimin wurde in Wien beleidigt und angegriffen. Die 25-Jährige | |
> filmte den Vorfall. Die FPÖ reagiert mit Verschwörungsfantasien. | |
Bild: Der rassistische Angriff fand an einer Wiener Straßenbahnhaltestelle sta… | |
Berlin taz | Eine kopftuchtragende Frau wurde am Samstag in Wien auf der | |
Straße von einer Frau rassistisch beschimpft und angegriffen. [1][Ein | |
Handyvideo, mit dem die Angegriffene den Vorfall dokumentierte,] hat in den | |
sozialen Medien für Entsetzen gesorgt. Das verstörende Material zeigt eine | |
ältere Frau, die an einer Straßenbahnhaltestelle sitzt und eine 25-jährige | |
Frau anschreit und obszön beleidigt. „Das ist mein Land, du Hure“, pöbelt | |
sie. Und weiter: „Die FPÖ schmeißt euch alle raus, die FPÖ schmeißt solche | |
primitiven Tiere wie dich raus, du freches Schwein!“ | |
Die in Wien geborene Designerin war gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio, | |
als sie plötzlich beleidigt wurde. Zur Deeskalation der Situation zückte | |
sie ihr Handy und nahm das Geschehen auf. „Setz dich du Schwein, setz dich | |
du Hund, auf den Boden, wos dʼ hingehörst“, wird sie von einer älteren Frau | |
angepöbelt. Einige Momente später steht die Frau auf und ruft „Verschwind, | |
du Scheiße!“. Dann spuckt sie der muslimischen Frau ins Gesicht und ruft: | |
„Hilfe! Kriminelle Gewalttäterin!“ | |
Auf der Aufnahme sind außerdem mehrere Passanten zu sehen, die der | |
Angegriffenen zu Hilfe kommen. Als ein junger Mann in die Situation | |
eingreift und fragt, „Spinnen Sie eigentlich?“, wird er als „Sandler“ (… | |
österreichische abwertende Bezeichnung für Obdachlose) beleidigt. „Bitte | |
gehen Sie weg“, ruft die Angegriffene in einer gebrochenen Stimme. „Geh du | |
weg, in dein Land!“, schreit die Frau, und kurz darauf: „Das ist mein | |
Land!“ Eine andere Frau entgegnet ihr: „Das ist nicht Ihr Land, das ist | |
unser aller Land, okay?“ | |
Die 25-Jährige wandte sich mit ihrem Video an die befreundete | |
Antirassismusaktivistin und Bloggerin Asma Aiad, die das Video | |
veröffentlichte. „Asma, das ist mir gerade eben passiert. Ich zittere so | |
sehr vor Angst“, schrieb sie an Aiad. Über Aiad konnte die taz mit der | |
Angegriffenen Kontakt aufnehmen, die selbst anonym bleiben möchte und ihren | |
Namen gegenüber Medien nicht nennt. Aiad leitete schriftlich beantwortete | |
Fragen der angespuckten Kopftuchträgerin weiter. | |
## Bundeskanzler Kurz verurteilt Vorfall | |
„Ich habe auf die Straßenbahn gewartet. Im Hintergrund habe ich nur ,du | |
Terroristin, du Schwein, du dreckige Hureʻ und so weiter gehört. Nach | |
unzähligen Beschimpfungen hab ich mein Handy rausgenommen und angefangen zu | |
filmen. Ich habe mir gedacht: Jetzt reichtʼs! Die Leute da draußen müssen | |
solche Vorfälle mitbekommen“, schreibt sie. Sie hofft, dass zukünftig mehr | |
Vorfälle in dieser Form dokumentiert werden. | |
Anschließend habe sie den Übergriff bei der Polizei angezeigt. Die | |
Landespolizeidirektion Wien teilte der taz mit, dass sie ein mögliches | |
strafbares Verhalten prüfe. „Die Landespolizeidirektion Wien prüft den | |
Vorfall auf Beleidigung oder Verhetzung und wird positivenfalls weitere | |
Ermittlungsschritte setzen und die Staatsanwaltschaft Wien involvieren“, so | |
ein Sprecher. | |
Asma Aiad erhielt nach der Veröffentlichung Nachrichten von mehreren | |
Personen, die die Angreiferin erkannten. Weil sie Türkisch, Hebräisch oder | |
Rumänisch sprachen, wurden sie ebenfalls schon von der Frau rassistisch und | |
antisemitisch beschimpft. | |
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) [2][äußerte sich am Sonntagabend auf | |
Twitter zu dem Vorfall.] „Eine widerliche Attacke, die ich auf das | |
Schärfste verurteile. In Österreich stehen wir für ein respektvolles und | |
friedliches Miteinander aller Religionen!“, schrieb er. Kurz führt eine | |
Koalition mit der rechtspopulistischen bis rechtsextremen FPÖ an. Mehrere | |
FPÖ-Politiker reagierten mit Verschwörungsfantasien auf das im Netz | |
geteilte Video. | |
## FPÖ behauptet linke Fake-Aktion | |
„Schockierend und abstoßend! Angesichts des beginnenden Wahlkampfs kann man | |
jedoch nicht wissen, ob es sich nicht um eine False-Flag-Aktion à la | |
Silberstein-Methodik handelt! Wäre nicht das erste Mal!“, [3][schrieb der | |
Wiener FPÖ-Stadtrat Maximilian Krauss]. Er spielt damit auf den | |
Politikberater Tal Silberstein an, der während der österreichischen | |
Nationalratswahl 2017 sogenanntes Dirty Campaigning im Auftrag der SPÖ | |
betrieb und später in Israel [4][wegen des Verdachts auf Geldwäsche | |
festgenommen wurde.] | |
Unterstützt wurde Krauss von FPÖ-Spitzenpolitiker Harald Vilimsky, der | |
Kraussʼ Posting zustimmend teilte. Vilimsky sitzt für die FPÖ im | |
Europaparlament, ist Generalsekretär der Partei und Spitzenkandidat für die | |
anstehende Europawahl. „Wäre alles andere als neu, dass die Linken mit | |
einer Fake-Aktion manipulieren. Die Geschichte ist mehr als ominös! Riecht | |
wieder nach Wahlkampf à la Silberstein“, [5][schreibt er]. | |
1 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://colorful-germany.de/video-junge-muslimin-mitten-in-wien-rassistisch… | |
[2] https://twitter.com/sebastiankurz/status/1112422661060247552 | |
[3] https://twitter.com/Max_Krauss/status/1112397740959510533 | |
[4] /Berater-von-Oesterreichs-Kanzler-in-Haft/!5434122 | |
[5] https://www.facebook.com/Vilimsky.Harald/posts/2133409736777962?__xts__%5B0… | |
## AUTOREN | |
Frederik Schindler | |
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