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# taz.de -- Online-Portal Abgeordnetenwatch.de: Nur stubenreine Kandidaten
> Das Frage-Antwort-Portal Abgeordnetenwatch.de hilft, die Ideen der
> Mandatsbewerber*innen kennenzulernen. Aber widerliche Antworten bringt es
> zum Verschwinden.
Bild: So geht Abgeordneten-Beobachtung analog: Ein Journalist im Bundestag
Bremen taz | Knapp sieben Wochen vor der Bürgerschaftswahl hat das
Frage-und-Antwort-Portal [1][„Abgeordnetenwatch.de“] seinen Auftritt für
die Bremen-Wahl freigeschaltet: Es ist möglich, alle 391
Mandats-Bewerber*innen darüber per E-Mail zu kontaktieren und über ihre
politischen Vorstellungen zu befragen. Zudem können sie ihr Profil im
Rahmen eines Fragebogens gestalten. „Bis die Antworten online gehen, dauert
es aber noch ein bisschen“, erläuterte Christina Lüdtke vom Trägerverein
Parlamentwatch.
Es ist ein moderierter Austausch zwischen Wahlvolk und Kandidierenden: Zwar
bekommen diese sämtliche Fragen, aber freigeschaltet werden nur diejenigen
Mails, die der Netiquette entsprechen. Und auch die Antworten von
Kandidat*innen und Abgeordneten, die rumpöbeln, fallen unter den Tisch.
„Wir sind ein privates Portal“, so Lüdtke. Rassistische Hetze etwa „woll…
wir nicht verbreiten“. Das habe man so entschieden. Auch auf die
Veröffentlichung von faktenfernen Antworten verzichte man. „Es kann auch
vorkommen, dass einzelne Politiker dann null Antworten gegeben haben.“
Denn tatsächlich verschwinden die entsprechenden Aussagen spurlos – als
hätte es sie nie gegeben: Es werde auch nicht über die Entgleisungen der
Volksvertreter*innen informiert, weil dann ja „gleich die Nachfrage käme,
was denn Ursache für die Löschung des Kommentars gewesen“ sei, sagt Lüdtke.
Damit wirken selbst die übelsten Hetzer, die es in die Parlamente zieht,
stubenrein wie aufrechte Demokrat*innen. Die Zahl der eliminierten Beiträge
ist überraschend groß: Rund ein Drittel des gesamten
Frage-und-Antwort-Verkehrs bleibt unveröffentlicht. Und während bei den
Fragen Spam-Attacken, Massenmails, Doubletten und Bot-Mails aus formalen
Gründen aussortiert werden, kommen als nicht-inhaltliche Mängel bei den
Kandidierenden nur noch Autoreply und Irrläufer in Frage.
Zudem kontaktiert das Moderationsteam laut Lüdtke die jeweiligen
UrheberInnen und versucht, sie zu Formulierungen zu bewegen, die dem
Verhaltenscodex entsprechen. Trotzdem liegt die Quote der nicht
veröffentlichungsreifen Antworten „zwischen fünf und zehn Prozent“.
Das 2004 in Hamburg gegründete Portal begleitet bereits zum vierten Mal
eine Bremen-Wahl. Erstmals ist es für die Kandidierenden kostenlos: Zwar
hatte es für jeden Listenplatz stets eine Gratis-Grundpräsenz gegeben, wer
aber durch ein besonders schickes Foto oder ausführlichere Infos auffallen
wollte, musste dafür bislang 150 Euro zahlen. Seit 2017 sei es dem Verein
aber möglich, seinen Service komplett durch Spenden zu finanzieren.
Beim ersten Bremer Auftritt war Abgeordnetenwatch noch umstritten gewesen.
Jens Böhrnsen, damals Bürgermeister, hatte dem Portal und seinen Machern um
Gregor Hackmack eine scharfe Absage erteilt, weil die auch die
rechtsextreme NPD listeten. Die übrige SPD war seinem Beispiel gefolgt.
Heute ist die Akzeptanz größer: Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer
(SPD) hat die Schirmherrschaft fürs Projekt übernommen, und lobt den
„direkten Kontakt“, den es „zwischen Wähler*innen und Politiker*innen“
herstelle.
Begrüßt hat das Portal auch der Verein Mehr Demokratie, der dafür wirbt,
möglichst viele Personen- statt Listenstimmen abzugeben. Dafür biete
„Abgeordnetenwatch eine sinnvolle Orientierung“, sagte Katrin Tober, die
Vertrauensperson des gescheiterten Volksbegehrens „Mehr Demokratie beim
Wählen“ war, das die Korrektur des Wahlrechts durchs Parlament hätte
kassieren sollen.
10 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.abgeordnetenwatch.de/
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Bremen
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
Abgeordnete
Wahlen
Demokratie
Wahlkampf
Schwerpunkt u24 taz
Transparenz
Gesetzgebung
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