# taz.de -- Kommentar Behindertenrechtskonvention: Revolutionspotenzial versche… | |
> Inklusion braucht einen tiefgreifenden Systemwandel. Auch 10 Jahre nach | |
> Inkrafttreten der UN-Konvention sind wir davon weit entfernt. | |
Bild: Eine von wenigen Inklusionsschulen in Deutschland | |
Ein Jahrzehnt nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention [1][ist | |
die Bilanz alarmierend]: Nicht weniger, sondern mehr Menschen leben in | |
Behindertenwohnheimen und arbeiten in Behindertenwerkstätten. Die Quote der | |
Kinder, die nicht inklusiv, sondern in Förderschulen unterrichtet werden, | |
hat sich in einigen Bundesländern sogar erhöht. Mit schlecht gemachter | |
Integration unter dem Label der Inklusion wurde und wird gerade im | |
Bildungsbereich der Begriff der Inklusion massiv entwertet. So steht es in | |
dem Bericht, den das Deutsche Institut für Menschenrechte am Mittwoch | |
veröffentlichte. | |
Sicher gibt es auch Gutes zu berichten: Der Wandel vom Fürsorgeprinzip hin | |
zum Grundsatz der Selbstbestimmung hat vor allem die bereits bestehenden | |
Systeme durchwirkt. Doch die wirkliche Tragweite, ja das | |
Revolutionspotenzial der Inklusionsbewegung – es wurde bislang verschenkt. | |
Ernstgemeinte Inklusion bedeutet den tiefgreifenden Wandel eines Systems, | |
das den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Mehrheitsgesellschaft | |
entspricht, hin zu einem universell gestalteten System, das allen Menschen | |
gleichberechtigt Zugang gewährt. En passant würden in einer inklusiven | |
Gesellschaft auch Herausforderungen von Bildungsungerechtigkeit, sozialer | |
Ungleichheit und Migration gelöst. In Sachen gesellschaftlicher | |
Zusammengehörigkeit ist Inklusion der wohl fortschrittlichste Ansatz | |
unserer Zeit. | |
Bislang erschließen sich die Vorzüge eines inklusiven Systems vor allem den | |
Eingeweihten. Zum einen denen, die das Glück hatten, zumindest in | |
Teilbereichen echte Inklusion zu erleben. Zum anderen natürlich allen, die | |
selbst von einer Beeinträchtigung betroffen sind, die sie aus unserem nach | |
wie vor separatistischen System herauskatapultiert. | |
Die Wahrscheinlichkeit dafür ist übrigens hoch: Ein Viertel aller Deutschen | |
gilt als behindert im Sinne der UN-BRK. Die meisten Beeinträchtigungen sind | |
mitnichten angeboren, sondern werden mit zunehmenden Alter erworben. | |
„Nichtbehindert“ ist insofern immer auch ein „noch nicht behindert“. | |
20 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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