# taz.de -- Mobilitätsforscherin über Parkplätze: „Parken ist kein Grundre… | |
> Autos rauben zuviel Platz, sagt Anne Klein-Hitpaß vom Thinktank | |
> Agora-Verkehrswende. Daher müssten wir den öffentlichen Verkehr mit neuen | |
> Angeboten ergänzen. | |
Bild: „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“ | |
taz: Frau Klein-Hitpaß, der Autokonzern Fiat-Chrysler will lieber Strafen | |
für [1][überhöhte CO2-Werte] seiner Fahrzeuge zahlen, als teure | |
Elektroautos zu entwickeln. Das ließ die Chefetage auf dem Genfer Autosalon | |
verlauten. Ist das für Autokonzerne eine realistische Alternative – zahlen | |
und weitermachen? | |
Anne Klein-Hitpaß: Strafe zahlen ist doch gar nicht billiger. Die großen | |
Märkte in China oder Kalifornien setzen auf Elektromobilität, und ein | |
Großteil der in Deutschland produzierten Autos werden im Ausland verkauft. | |
Außerdem haben Städte wie beispielsweise Paris und London angekündigt, in | |
Zukunft Autos mit Verbrennungsmotoren nicht mehr in ihre Innenstädte zu | |
lassen. Langfristig ist die Strategie von Fiat-Chrysler riskant. | |
Sind [2][E-Autos] die Lösung ? | |
Teilweise. Sie sorgen für bessere Luft in den Städten und tragen zur | |
Dekarbonisierung des Verkehrs bei. Das größte Problem in den Städten | |
allerdings lösen E-Autos nicht: das Platzproblem. Wir müssen den | |
städtischen Verkehr rationaler und effizienter organisieren. Dafür sind | |
private Autos nicht geeignet. Ein Parkplatz zum Beispiel misst im Schnitt | |
12,5 Quadratmeter – das ist so groß wie ein Kinderzimmer. Autos brauchen | |
wahnsinnig viel Platz. Auf dem stehen sie dann durchschnittlich 23 Stunden | |
täglich herum. Sie rauben Platz, der für Lieferzonen gebraucht würde, für | |
Rad- und Fußwege, für Spielplätze und so weiter. | |
Wenn Städte Parkplätze teurer machen, kritisieren das als erstes die | |
Händlerinnen… | |
Viele Einzelhändler unterliegen dem Irrglauben, dass sie Kunden mit | |
Kofferraum brauchen. Bei Umfragen unter Kundinnen nennen diese als wichtige | |
Punkte aber die Gestaltung der Innenstädte und die Vielfalt der Geschäfte, | |
um gerne einzukaufen. Parkmöglichkeiten rangieren viel weiter unten. Darum | |
fordern ja auch viele Händlerinnen in Innenstädten Fußgängerzonen, in denen | |
die Kundschaft gerne bummelt. | |
Wie kommen die Pendlerinnen in die Stadt? | |
Um das private Auto abzulösen, brauchen wir einen starken Öffentlichen | |
Nahverkehr, der die zunehmenden Pendlerströme bewältigt. Dabei ist es | |
wichtig, bestehende Angebote auszubauen und diese sinnvoll zu ergänzen. Die | |
Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, das | |
Personenbeförderungsgesetz zu überarbeiten. Das ist gut! Dieses Gesetz | |
kommt aus einer Zeit, als es Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing oder | |
Ridepooling noch nicht gab. | |
Car-Sharing wird [3][ÖPNV]? | |
Sharing-Angebote ergänzen ihn. Pendlerinnen fahren mit Bussen und Bahnen | |
und sie teilen sich Autos und Fahrräder, je nachdem, was gerade am besten | |
passt. Das Ziel der Verkehrsplanerinnen in den Städten sollte immer sein, | |
dass Bewohner und Besucherinnen ohne eigenes Auto auskommen können. Heute | |
ist ein Auto ja eine Mobilitätsgarantie, das steht so lange rum, bis ich es | |
mal brauche. Wenn ich meine Mobilität auch verlässlich anders bewältigen | |
kann, zum Beispiel durch ein geteiltes Auto, benötige ich kein eigenes | |
mehr. | |
Wie wichtig ist für solche Szenarien ein leistungsfähiges digitales Netz – | |
Stichwort 5G? | |
Das ist eine zentrale Voraussetzung, denn neue Mobilitätsdienste | |
funktionieren über Smartphones. Darum ist ein leistungsfähiges Netz eine | |
Voraussetzung für die Verkehrswende – in der Stadt und auf dem Land. | |
Allerdings nützt das beste Netz nichts, wenn die Planung nicht stimmt. | |
„Himmel oder Hölle“ – beides ist möglich. Vielleicht wird im Zeitalter | |
autonomen Fahrens das Auto ja so bequem, dass viele Menschen vom Bus ins | |
Auto umsteigen. Dann haben wir am Ende mehr Verkehr. | |
Und wie verhindern wir das? | |
Wie gesagt, das ist eine Frage der städtischen Planung. Die Städte müssen | |
festlegen, welchen und wieviel Verkehr sie haben möchten. Der Spruch „Wer | |
Straßen baut, wird Verkehr ernten“, der gilt ja auch für Fahrräder. Sichere | |
Radwege zum Beispiel führen zu mehr Fahrradverkehr. Busspuren machen den | |
öffentlichen Verkehr attraktiver. | |
Haben die Städte für [4][solche Planungen] die notwendigen Kompetenzen? | |
Teils, teils. Zum Beispiel können Kommunen schon heute Straßen nur für | |
Fahrräder zulassen oder zumindest fahrradgerecht gestalten. Bei anderen | |
Herausforderungen fehlen ihnen hingegen die Steuerungsmöglichkeiten. Zum | |
Beispiel dürfen Autos nach Rechtslage des Bundes überall dort parken, wo es | |
nicht verboten ist. Es ist für Kommunen sehr aufwändig, Parken | |
einzuschränken. | |
Der Bund könnte es ihnen erleichtern und festlegen, dass Parken überall | |
dort verboten ist, wo es nicht erlaubt ist. Es gilt, das Grundrecht des | |
Parkens im öffentlichen Raum zu beenden. Viele Parkhäuser sind nicht | |
ausgelastet, es gibt also Platz im privaten Raum, da müssen Autos nicht | |
öffentliche Flächen okkupieren. In Stockholm zum Beispiel kostet ein | |
Anwohnerparkausweis 800 Euro im Jahr … | |
… das gäbe hier einen Volksaufstand! | |
Ja klar, darum wird das Thema in vielen Städten auch nicht angefasst, aus | |
Angst vor Konflikten. Man muss also beides machen, bessere | |
Mobilitätsangebote schaffen, aber auch schlechte Entwicklungen | |
zurückdrängen. Push und Pull, das muss Hand in Hand gehen. | |
8 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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