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# taz.de -- Georg Nüßlein kritisiert Umweltministerin: „Das legt die Republ…
> Der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag lehnt den Entwurf des
> Klimaschutzgesetzes ab. Der geplante Umbau sei „brandgefährlich“.
Bild: Regulierung oder Innovation? Über den richtigen Weg zu den Klimaschutzzi…
taz: Herr Nüßlein, was stört Sie am [1][Entwurf des Klimaschutzgesetzes]?
Georg Nüßlein: Dass das ein planwirtschaftlicher Ansatz ist, mit dem – wie
in der Volkswirtschaft der DDR – die Ziele auf Jahre heruntergebrochen
werden. Dann werden sie trennscharf auf Ressorts verteilt, ohne jede
Flexibilität. Zweitens ist der Vorschlag undemokratisch, denn am Schluss
soll ein „Klimarat“ das Kommando über die Regierung bekommen.
Die Umweltministerin Svenja Schulze sagt, sie setze damit den
Koalitionsvertrag um.
Im Unterschied zu Frau Schulze war ich an den Verhandlungen zum
Koalitionsvertrag beteiligt. Wir haben immer darauf bestanden, dass das
Klimaschutzgesetz ein Artikelgesetz wird, das konkrete Maßnahmen umsetzt.
Was Frau Schulze vorlegt, steht so jedenfalls nicht im Vertrag.
Wie sollte die Regierung Ihrer Meinung nach die Klimaziele umsetzen?
Die Alternative ist, sofort Maßnahmen umzusetzen. Zuerst die Empfehlungen
der Kohlekommission. Im zweiten Schritt die steuerliche Förderung der
energetischen Gebäudesanierung. Dann Maßnahmen für eine saubere Mobilität,
etwa mit synthetischen Kraftstoffen und alternativen Antrieben. Es ist
sinnvoller, das Machbare zu tun, als sich gegenseitig mit Zielvorgaben den
Schwarzen Peter zuzuschieben. Dabei kommt kein effektiver Klimaschutz raus,
wenn man sagt, die SPD-Ministerin hat das Ihre getan und die anderen können
schauen, wie sie es vollziehen.
Aber Ihr Ansatz, globale Ziele mit technischem Fortschritt zu verbinden,
hat nicht funktioniert. Seit 2009 sind die CO2-Emissionen in Deutschland
praktisch nicht gesunken.
Es gibt nur diese Variante. Wir brauchen Innovationen, die muss man
fördern. Aus Deutschland kann als Beitrag zum globalen Klimaschutz nur
Innovation kommen, alles andere, was man hier zwanghaft und durch Verzicht
umsetzt, wird am Weltklima nichts ändern. Wir brauchen Ideen, die uns die
anderen nachmachen.
Eine solche Idee könnte ja Ministerin Schulzes Ansatz sein: Die Minister
setzen ihre Sektorziele in Eigenverantwortung um.
Man kann das nicht in dieser Detailschärfe und mit null Flexibilität in
einem Gesetz regeln. Das hat doch mit der Realität nichts zu tun. Wenn die
Jahresziele damit einklagbar würden, legt man die Republik lahm, ohne den
Klimaschutz voranzubringen.
Müsste man nicht etwas Neues versuchen, wo doch der alte Ansatz dazu
geführt hat, dass wir das Klimaziel 2020 weit verfehlen?
Die sozialökologische Transformation der Marktwirtschaft wäre ein
Systemwechsel und brandgefährlich. Sie stellen damit den Klimaschutz über
alles und verhindern, dass wir in unseren politischen Erwägungen zum
Beispiel soziale Ziele berücksichtigen. Ich denke dabei unter anderem an
Mobilität und bezahlbare Wohnungen. Die Mehrheit der Menschen ist für
Klimaschutz. Aber wenn Sie anfangen, sie zu gängeln und zu überfordern,
dann wird das Klima jedenfalls bei der Bevölkerung schnell umschlagen.
[2][Davon profitiert die AfD], die sagt: Wenn euch das alles nicht gefällt,
dann kommt zu uns!
Im Verkehr müssten über zehn Jahre die Emissionen um 40 Prozent sinken. Das
wollen Sie über Innovation erreichen?
Das ist die einzige Chance in der Demokratie. Denn wenn Sie den Leuten die
Mobilität nehmen, werden die sich wehren. Und dann stelle ich mich an die
Seite derer, die sich wehren. Entweder wir lösen das technisch und
[3][erhalten die Mobilität] oder wir werden an diesem Punkt scheitern.
Aber niemand redet davon, die Mobilität einzuschränken. Schulzes Gesetz
sagt nur: Hier sind die Ziele, die wir gemeinsam beschlossen haben. Wie ihr
sie erreicht, ist eure Sache.
Das ist ja das Perfide daran! Frau Schulze ist nicht die Superministerin,
die den einen die Ziele vorschreibt, während die anderen sie erreichen
müssen. So funktioniert Klimaschutz nicht, so wird die Rechnung nicht
aufgehen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich zusammensetzt
und sich Gedanken macht, wie sie ihre Ziele gemeinsam erreichen kann. Und
nicht, dass einer die Ziele vorschreibt und die anderen sie erreichen
müssen.
Bisher war es ja genau andersherum. Die Regierung hat gesagt, wir wollen
die Ziele erreichen, und dann war niemand verantwortlich und die Ziele
wurden nicht erreicht.
Die Regierung ist in der Summe verantwortlich.
In den letzten zehn Jahren offenbar nicht.
Die Regierung muss sich überlegen, wie sie es besser macht. Aber das ist
eine Frage der Geschäftsordnung im Bundeskabinett, dafür brauchen wir kein
Gesetz. Viele Maßnahmen müssen sich erst mal entfalten. Der Ausstieg aus
der Kernenergie und das Bevölkerungswachstum der letzten Jahre führen
genauso wie die wirtschaftlich gute Konjunktur nicht zu weniger, sondern zu
mehr CO2-Ausstoß. Das macht die Aufgabe nicht leichter.
Sie sagen, Svenja Schulze legt die Ziele fest. Aber sie stehen im
Koalitionsvertrag.
Da sind wir uns uneinig. Jahres- und Ressortziele stehen da jedenfalls
nicht. Die Regierung in ihrer Gänze muss verantwortlich sein. Wir machen
nichts, was am Ende in einem demokratischen Desaster endet oder vor Gericht
oder in Umständen, die uns in ein schwieriges demokratisches Fahrwasser
bringen.
Wäre es nicht ehrlicher zu sagen: Wir erreichen die Klimaziele nicht und
wollen sie auch nicht erreichen?
Nein, das ist falsch. Aber nur dadurch, dass man irgendwelche Ziele fein
ziseliert in ein Gesetz schreibt, erreichen wir keine Ziele. Klimaschutz
heißt, Maßnahmen umzusetzen. Je früher wir anfangen, desto besser. Je
länger wir streiten, wer die Ziele vorgibt und wer spuren muss, desto
länger dauert es.
Aber wer verzögert, sind die Ministerien für Verkehr, Energie,
Landwirtschaft und Bauen. Sie sollten ihre Ideen schon im Dezember 2018
liefern.
Die Prozesse laufen. Die Landwirtschaft zum Beispiel hat schon ziemlich
konkrete Maßnahmen formuliert. Und der Pfad zum Ausstieg aus der
Kohleverstromung ist klar abgesteckt.
Mit Verspätung. Aber da, wo es wehtut, bei Verkehr und Gebäuden, kommt noch
nichts.
Es ist klar: Alle stehen in der Pflicht. Und ich habe keinen Grund, daran
zu zweifeln, dass auch im Verkehrs- und Gebäudebereich die Herausforderung
Klimaschutz sehr ernst genommen wird.
Alle vier Ministerien, die jetzt durch den Vorstoß der SPD-Ministerin unter
Druck sind, werden von der Union geführt. Gefährdet der Streit die
Koalition?
Das weiß ich nicht. Die SPD baut derzeit zu viele Sollbruchstellen in die
Koalition ein. Das ist bedauerlich, aber ich bin gespannt, ob sie das am
Ende alles zusammenhalten kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD
das Klimagesetz zum Anlass nimmt, die Koalition zu verlassen. Es leistet ja
keinen Beitrag zum Klimaschutz.
Fällt die letzte Entscheidung über das Gesetz die Bundeskanzlerin?
Auch für dieses Gesetz gilt der normale Gang der Gesetzgebung: Und da hat
am Ende immer das Parlament das letzte Wort.
27 Feb 2019
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## AUTOREN
Bernhard Pötter
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