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# taz.de -- Verhandlung gegen Rüstungsmanager: Sig-Sauer-Prozess schon fast vo…
> Der Prozess wegen illegaler Waffenexporte begann am Dienstag mit einer
> Überraschung. Schon Mittwoch könnte er mit einer Verständigung enden.
Bild: Protest zum Prozessauftakt: Diese Gruppe demonstrierte am Dienstag vor de…
Kiel taz | Nach dem Prozess gegen Heckler und Koch stehen erneut
Verantwortliche eines deutschen Rüstungsherstellers wegen illegaler
Ausfuhren von Waffen vor Gericht: Das Landgericht Kiel verhandelt seit
Dienstag gegen drei Manager der Traditionsfirma Sig Sauer. [1][Ihnen wird
vorgeworfen], zwischen 2009 und 2012 zehntausende Pistolen aus dem Werk im
Ostseebad Eckernförde über einen Schwesterbetrieb in den USA ins
Bürgerkriegsland Kolumbien verkauft zu haben. Bereits am ersten Prozesstag
steht eine Verständigung im Raum, bei der die Manager aus Deutschland und
den USA mit Bewährungsstrafen davonkämen. Prozessbeobachter sind entsetzt.
Vor dem Kieler Gerichtsgebäude demonstriert am Morgen ein Trüppchen
FriedensaktivistInnen. Sie hoffen, dass vom dem Prozess ein Signal gegen
Waffenexporte in unsichere Drittstaaten ausgeht. Im größten
Verhandlungssaal des Gerichts drängen sich die ZuschauerInnen, als die drei
Beschuldigten mit ihren Anwälten eintreten. Zusätzlich sitzt
Strafverteidiger Gerald Goecke als Anwalt der Firma Sig Sauer auf der Bank.
Die Firma ist zwar nicht angeklagt, muss aber – falls es zu einer
Verurteilung kommt – die bei den fraglichen Geschäften eingenommene Summe
als Strafe zahlen. Rund elf Millionen Euro sind für die rund 38.000
Pistolen, um die es im Prozess geht, veranschlagt. Dabei handele es sich um
die „Bruttosumme“ aus Gewinn und Herstellungskosten, erklärt
Gerichtssprecherin Rebekka Kleine.
Die Staatsanwaltschaft unterscheidet bis zu 99 Ausfuhr-Taten, das Muster
ist aber stets dasselbe: Die SIG SAUER Inc. in Newington, New Hampshire –
der US-Zweig des in zahlreiche Holdings und GmbHs aufgeteilten Konzerns –
schloss Lieferverträge mit der US-Regierung, die damals von Barack Obama
geführt wurde. Wegen Engpässen im US-Werk wurde ein Teil der Pistolen und
Pistolenteile vom Typ SP 2022 in Deutschland hergestellt, eine „übliche
Intercompany-Bestellung“, sagt Firmenanwalt Goecke.
## Falsche Angaben zum Endkunden
Dumm nur, dass die Eckernförder Produktion beim Ausfuhrantrag [2][als
Endkunden „Verbleib in den USA“] angab. Tatsächlich wurden die Waffen
„durch die Obama-Regierung an die nationale Polizei in Kolumbien“
weitergeliefert, wie der Firmenanwalt einräumt. Der Handel diente offiziell
im Rahmen des „Foreign Military Sales“-Programms dem Kampf gegen die
Drogenkriminalität, so Goecke: „Wir sind sicher, dass diese Ausfuhr von der
Bundesrepublik genehmigt worden wäre.“
Ralf Wilinger, Referent für Kinderrechte bei Terre des Hommes,
widerspricht: „Es gibt keine Genehmigung für die Ausfuhr von Kleinwaffen
nach Kolumbien, es ist ein Land, in dem schwere Menschenrechtsverletzungen
begangen werden.“ Nach Recherchen der Organisation kaufte Kolumbiens
Regierung insgesamt 125.000 Pistolen aus Sig-Sauer-Produktion im Wert von
65 Millionen Dollar.
Einige der Pistolen tauchten später bei kriminellen und paramilitärischen
Gruppen auf, heißt es in einem Dossier von Terre des Hommes. Das Gericht
will sich auf die Frage, ob die Bundesregierung die Ausfuhr genehmigt
hätte, nicht einlassen: Da Sig Sauer bei der Frage nach dem Endkunden
falsche Angaben gemacht habe, bleibe der Vorgang eine Straftat, so der
Richter.
## Deal vorbereitet
Er berichtete von einem Erörterungstermin mit den Prozessbeteiligten, bei
dem es um eine mögliche Einigung ging. Zwei der Manager würden
Bewährungsstrafen von maximal einem Jahr und zehn Monaten erhalten, der
dritte Beschuldigte eine Bewährungsstrafe von bis zu einem Jahr. Sie
müssten dafür Geständnisse ablegen, die Firma müsste den Bruttogewinn
zurückzahlen.
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Firmenanwalt signalisierten
Einverständnis. Es hängt nun an den Angeklagten selbst: Stimmen sie zu,
könnte der Prozess schnell zu Ende sein. Eine Antwort gibt es vielleicht
schon am Mittwoch.
26 Feb 2019
## LINKS
[1] /Prozessauftakt-im-Fall-Sig-Sauer/!5572471
[2] /Deutsche-Waffen-im-Ausland/!5572472
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
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