# taz.de -- Bewährungsstrafen für Waffen-Exporte: Landgericht bietet Verstän… | |
> Drei Manager des Sig-Sauer-Konzerns gestehen ihre Schuld an der Ausfuhr | |
> von Pistolen nach Kolumbien. Ihre Strafen werden zur Bewährung | |
> ausgesetzt. | |
Bild: Sig Sauer im Einsatz: ein Polizist in der kolumbianischen Hauptstadt Bogo… | |
KIEL taz | Drei Manager des Sig-Sauer-Konzerns erhalten Bewährungsstrafen. | |
Alle drei gestanden am Mittwoch vor dem Landgericht in Kiel ihre Schuld an | |
der Ausfuhr von Pistolen, die über den Umweg USA nach Kolumbien geliefert | |
wurden. Es war ein buchstäblich [1][kurzer Prozess]: Nachdem der Richter | |
die Einigung erklärt hatte, verlasen die Anwälte die Schuldeingeständnisse | |
ihrer Mandanten. In den nächsten Verhandlungstagen muss das Gericht | |
entscheiden, ob ihnen die Aussagen reichen und wie genau die Strafen | |
aussehen. | |
Vorab hatten sich alle Seiten darauf verständigt, im Gegenzug für die | |
Geständnisse Strafrahmen festzulegen. Sie sollen sich zwischen acht und 16 | |
Monaten bewegen und jeweils zur Bewährung ausgesetzt werden. Hinzu kommen | |
Geldstrafen für jeden der Manager bis zu 900.000 Euro. Einer der | |
Angeklagten würde gern darüber hinaus weitere Tagessätze zahlen und dafür | |
eine geringere Freiheitsstrafe erhalten: Der Mann „braucht beruflich seinen | |
Waffenschein“, erklärte sein Anwalt. Und der wäre bei einer höheren | |
Gefängnisstrafe futsch. | |
Vorgeworfen wird den drei Männern die [2][ungenehmigte Ausfuhr] von rund | |
38.000 Pistolen und Waffenteilen, die zwischen 2009 und 2012 aus der | |
Produktionsstätte im Ostseebad Eckernförde in Schleswig-Holstein in das | |
Sig-Sauer-Werk in den USA und von dort nach Kolumbien geliefert wurden. | |
Kunde der amerikanischen Sig Sauer Inc. mit Sitz in New Hampshire war dabei | |
die US-Regierung. Die verkaufte die Waffen, laut Terre des Hommes insgesamt | |
rund 125.000 Pistolen aus Sig-Sauer-Produktion, weiter an die | |
kolumbianische Regierung, die damit ihre Polizei ausrüsten wollte. Eben | |
dieser Endkunde brachte die drei Manager [3][nun vor Gericht]: Denn auf den | |
Ausfuhrpapieren war angegeben, dass die Waffen in den USA bleiben sollten. | |
## Nur die Manager sind in diesem Prozess angeklagt | |
„Mein Mandat hat es gewusst, aber angesichts der Routine der Abläufe und im | |
Alltagsgeschäft hat er sich nicht mehr gekümmert“, sagte der Anwalt eines | |
der drei Angeklagten. Auch der zweite Beschuldigte, der inzwischen nicht | |
mehr bei Sig Sauer tätig ist, habe sich auf „eingespielte Wege verlassen“. | |
Er habe zwar vermutet, dass Papiere falsch ausgefüllt waren, habe es aber | |
unterlassen, das weiter zu hinterfragen. Schließlich, so sein Anwalt, lag | |
der „Fokus der Tätigkeit in der Sanierung des Unternehmens, auch musste er | |
sich um den Umzug der Familie kümmern“. | |
Der dritte Manager, der in Kiel vor Gericht stand, ist Geschäftsführer des | |
US-Werks Sig Sauer Inc. und war – so berichtet sein Anwalt – nur „formal�… | |
für die Ausfuhren aus Deutschland zuständig. [4][Er wusste allerdings | |
genau], dass die Waffen nach Kolumbien gehen sollten, diesen Vertrag hatte | |
er für seine Firma schließlich geschlossen. | |
Dass dieses Geschäft aus deutscher Sicht unzulässig sein könnte, „war ihm | |
aus amerikanischer Perspektive nicht verständlich“, so sein Anwalt. Ihm war | |
es darum gegangen, das US-Werk zu stärken – er musste aber die teureren | |
Pistolen aus Deutschland beziehen, weil ihm der Ausbau der Fertigung in New | |
Hampshire von der Vorgesetzten verboten wurde. Es habe sich um eine | |
„übliche Intercompany-Bestellung“ gehandelt, sagte auch Anwalt Gerald | |
Goecke, der Sig Sauer vertritt – wobei in dem Prozess nicht die Firma, | |
sondern nur die Manager angeklagt sind. | |
## Offen ist, ob auch der Konzern zahlen muss | |
Goecke geht davon aus, dass die Bundesregierung das Geschäft genehmigt | |
hätte, selbst wenn der Endkunde Kolumbien bekannt gewesen wäre. „Da sind | |
wir sicher“, sagte Goecke nach dem ersten Prozesstag. Das bezweifeln | |
Kritiker wie Ralf Wilinger von der Kinderrechtsorganisation Terre des | |
Hommes, der als Prozessbeobachter nach Kiel gereist war. In der fraglichen | |
Zeit hätte die Bundesregierung keine einzige Ausfuhr von Kleinwaffen in das | |
von Gewalt und Kriminalität geprägte Land erlaubt, berichtet er. Und aus | |
gutem Grund: In einem Dossier, das Terre des Hommes zusammenstellte, | |
tauchten Sig-Sauer-Pistolen in der Folge bei kriminellen und | |
paramilitärischen Gruppen auf. NGOs fordern daher ein generelles Verbot von | |
Kleinwaffen-Exporten, die in fast allen Konfliktregionen der Erde für | |
größere Verluste an Menschenleben sorgen als Raketenwerfer und Panzer. | |
Noch offen ist die Frage, ob auf den Sig-Sauer-Konzern eine Zahlung | |
zukommt. Im Gespräch sind rund 11 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um | |
die Summe, die der Konzern bei dem Geschäft verdient hat, zuzüglich der | |
Herstellungskosten. | |
Vor wenigen Wochen hatte es eine Verurteilung für Manager des | |
Waffenherstellers Heckler und Koch gegeben. Auch dort hatten die | |
Angeklagten Bewährungsstrafen erhalten, der Konzern zahlte rund 2,7 | |
Millionen Euro Strafe. | |
27 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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