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# taz.de -- Armut in Hamburg: Kinder trennen Welten
> Die Zahl der Kinder, die in Hartz-IV-Haushalten leben, ist gestiegen und
> verteilt sich höchst ungleich auf das Stadtgebiet.
Bild: Durchschnittlich jedes fünfte Kind in Hamburg lebt von Hartz IV
HAMBURG taz | Die Stadt Hamburg wächst und mit ihr auch die Kinderarmut.
53.648 Kinder unter 15 Jahren lebten im Jahr 2017 in Familien, die Hartz IV
beziehen. Das ist der höchste Wert seit zehn Jahren, 2013 waren es noch bei
knapp 50.000.
Hinzu kommt: Die Armut verteilt sich höchst ungleich auf die Stadtteile.
Das geht aus einem [1][Stadtteil-Atlas] hervor, den das Bremer Institut für
Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) auf Basis aktueller
Daten des [2][Statistikamtes Nord] erarbeitet hat.
Schon die Verteilung auf die sieben Hamburger Bezirke ist ungleich. Lebt im
Hamburger Durchschnitt jedes fünfte Kind von Hartz IV, trifft dieses
Schicksal im Bezirk Mitte sogar jedes dritte Kind, in ganz Eimsbüttel aber
nur jedes zehnte Kind.
Auf Ebene der 104 Stadtteile sind die Unterschiede so gravierend, dass man
von zwei Welten sprechen kann. In Nienstedten (0,5 Prozent) und Groß
Flottbek (0,7 Prozent) lebt nicht mal eines von hundert Kindern von Hartz
IV. Es folgen Blankenese, Wellingsbüttel, Sasel und Eppendorf mit zwei je
Prozent.
Die andere Welt liegt zum Beispiel in der Großsiedlung Steilshoop. Dort
leben 46,4 Prozent der Kinder in SGB-II-Bedarfsgemeinschaften. Auch auf der
Veddel, in Rothenburgsort, in Harburg-Kerngebiet sowie Billstedt, Dulsberg
und Wilhelmsburg trifft dieses Schicksal etwa 40 Prozent der Kinder.
Eine Erklärung für den jüngsten Anstieg könnte im Zuzug von Geflüchteten
liegen. Insgesamt wuchs die Zahl der Einwohner*innen der Stadt von 2015 bis
2017 um rund 43.000 Menschen, darunter fast 18.000 Kinder. Die Frage an die
Sozialbehörde, wie sie sich die hohe Zahl erklärt, blieb bis
Redaktionsschluss unbeantwortet.
## Boeddinghaus fordert mehr Kinder- und Jugendsozialarbeit
Die Linken-Politikerin Sabine Boeddinghaus nennt die Zahlen eine „doppelt
schlechte Botschaft“. Denn es sei schon ein Skandal, wenn die Kinderarmut
stabil bleibe. „Dies zeigt, es reicht einfach nicht, was die Stadt tut.“
Hamburg könne nicht nur auf den Bund verweisen und müsse eine neue
Strategie entwickeln; zum Beispiel ein Gratis-Frühstück in Kitas und
Grundschulen.
Um der Armutsverfestigung in den Quartieren zu begegnen, müssten auch
Nachbarschaftsangebote für Familien und Kinder bestehen. Boeddinghaus
kritisiert, dass die Stadt zwar wächst, und allein 47 Neubaugebiete mit
mehr als 500 Wohnungen plant, aber die soziale Infrastruktur schrumpft. So
wurden seit 2015 acht Jugendeinrichtungen geschlossen.
Zwar gab es mal eine fachliche Weisung an die Bezirke, dass in
Neubaugebieten ab 500 Wohnungen Angebote der Kinder- und Jugendsozialarbeit
zu schaffen sind, doch diese wurde 1997 unter Rot-Grün abgeschafft. „Wir
fordern eine Wiedereinführung der Richtlinie“, sagt Boeddinghaus. „Alles
andere ist unverantwortlich.“
9 Mar 2019
## LINKS
[1] http://biaj.de/images/2019-03-04_hamburg-hartz-iv_kinder-u15-ende-2017-und-…
[2] https://www.statistik-nord.de/zahlen-fakten/regionalstatistik-datenbanken-u…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
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