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# taz.de -- Kirchliches Arbeitsrecht: Von wegen interkulturell
> Bremer Erzieher*innen sollen interkulturelle Kompetenzen vermitteln. Beim
> größten freien Kita-Träger, der evangelischen Kirche, arbeiten nur
> Christ*innen.
Bild: In den Kindertagesstätten der Bremischen Evangelischen Kirche sollen nur…
Bremen taz | Erzieher*innen sollen interkulturelle Kompetenzen vermitteln,
findet der Bremer Senat. Ihnen komme in diesem Zusammenhang sogar „eine
entscheidende Rolle“ zu, schreibt er in einer aktuellen Antwort auf eine
Anfrage der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Darin heißt es:
Die Mitarbeiter*innen in den Kindertagesstätten vermittelten „Kindern schon
früh unterschiedliche Sichtweisen und Wertvorstellungen von den jeweiligen
Kulturen und Lebensweisen“ und trügen „maßgeblich dazu bei, diese zu
respektieren und als eine Bereicherung wertzuschätzen sowie diese als
selbstverständlich und alltäglich zu akzeptieren“.
Beim größten freien Träger in Bremen, dem Landesverband evangelischer
Kindertagesstätten in Bremen, können die wenigsten Erzieher*innen den
Kindern allerdings als lebendes Vorbild für Interkulturalität dienen. Denn
die Auswahl ist auf Christ*innen beschränkt.
[1][Wie berichtet], stellte der Landesverband früher ausschließlich
pädagogische Fachkräfte ein, die Mitglied einer der beiden christlichen
Kirchen sind. Seit diesem Jahr ist die Formulierung in den
Stellenausschreibungen allerdings etwas weicher. Der Hintergrund ist eine
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Jetzt heißt es: „Wir erwarten,
dass Sie sich mit unserem kirchlichen Auftrag identifizieren und für die
glaubwürdige Erfüllung dieses kirchlichen Auftrags eintreten.“
Der Leiter des Landesverbandes, Carsten Schlepper, schließt nicht aus, dass
im Einzelfall auch mal eine Muslima oder ein Konfessionsloser eingestellt
werden könnte. „Wenn es das Konzept einer Kita hergibt, weil die sich
vielleicht in einem Stadtteil befindet, der geprägt ist durch andere
Kulturen und viele Kinder aus muslimischen Familien den Kindergarten
besuchen.“ Auch werde das Thema Islam schon lange im Landesverband
diskutiert, sagt er. Grundsätzlich aber halte der Landesverband als Teil
der Bremischen Evangelischen Kirche daran fest, dass seine
Mitarbeiter*innen Kirchenmitglieder sein müssen, sagt Schlepper.
Das habe auch damit zu tun, die Sonderstellung des kirchlichen
Arbeitsrechts nicht gefährden zu wollen. „Wenn wir von dem Grundsatz
regelmäßig abweichen würden, würden wir das arbeitsrechtliche Tor
sperrangelweit öffnen.“ Die Kirchen dürfen nicht nur Mitarbeiter*innen
aufgrund ihres Glaubens einstellen beziehungsweise ihnen nach einer
Verletzung religiöser Pflichten kündigen. Sie können außerdem die
Mitarbeiter*innenrechte beschneiden. Es gibt keine Betriebs- oder
Personalräte oder ein Streikrecht.
## Mehr Geld für Qualifikation
Schlepper räumt ein, dass es angesichts des Fachkräftemangels leichter
wäre, unabhängig vom Glauben einzustellen. 30 Stellen seien derzeit
unbesetzt, in jeder zweiten Kita fehle damit durchschnittlich eine
Erzieherin oder ein Erzieher, hatte er vergangene Woche dem Evangelischen
Pressedienst gesagt und mit einer Forderung verknüpft: Der Senat solle mehr
Geld für die Qualifikation von Quereinsteiger*innen bereitstellen.
An interkulturellen Kompetenzen fehle es den Mitarbeiter*innen seines
Landesverbands allerdings nicht, findet Schlepper. Zum einen gebe es
pädagogische Fachkräfte mit einem Migrationshintergrund, zum anderen
fördere gerade sein Träger die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft
und eigenen Vorurteilen – eine der Voraussetzungen für eine interkulturelle
Kompetenz. „Ich sage mal, wir bringen jede und jeden dazu, sich damit zu
beschäftigen.“ Damit meint er die obligatorische religionspädagogische
Zusatzausbildung, die tatsächlich einen hohen Selbsterfahrungsanteil
beinhaltet.
Auch Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) hat keine Bedenken. „Wir sehen
kein Hindernis für die interkulturelle Bildung bei konfessionellen
Trägern“, schreibt ihre Sprecherin. „Letztlich kommt es auf die
Professionalität der Fachkräfte an. Von daher ist es für uns nicht
relevant, welche Religionszugehörigkeit jemand hat. Wichtig ist, dass
er/sie sich seiner/ihrer Vorurteile bewusst ist, um die eigene
Subjektivität kontrollieren zu können.“
22 Feb 2019
## LINKS
[1] /Das-Kreuz-des-kirchlichen-Arbeitsrechts/!5566841/
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Kita
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Arbeitsrecht
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