# taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Zulieferern: Koalition droht Firmen mit Gese… | |
> Unternehmen sollen Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferfabriken weltweit | |
> verbessern. Arbeitsminister Hubertus Heil hat es damit nicht so eilig. | |
Bild: Arbeitsbedingungen bei Zulieferern deutscher Unternehmen stehen in der Kr… | |
BERLIN taz | Deutsche Unternehmen sollen sich stärker um die Menschenrechte | |
der Beschäftigten in ihren ausländischen Zulieferfabriken kümmern. Dazu | |
haben Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus | |
Heil (SPD) die Firmen am Donnerstagabend aufgefordert. Wenn das nicht | |
funktioniere, drohen sie mit einem Sorgfaltspflichtengesetz. | |
Die beiden Minister veranstalteten zusammen eine Tagung zu „fairen | |
Lieferketten“. Dieser Begriff bedeutet: Firmen müssen darauf achten, dass | |
die Zulieferarbeiter*innen in Asien Betriebsräte wählen können, | |
ausreichende Löhne erhalten und nicht zu lange arbeiten. | |
Um dabei Fortschritte zu erreichen, hat die Bundesregierung 2016 ihren | |
[1][Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) | |
beschlossen]. Mindestens die Hälfte aller deutschen Unternehmen mit über | |
500 Beschäftigten sollen danach bis 2020 den Nachweis für Verbesserungen in | |
ihren Lieferketten erbringen. Ob die Firmen das tun, bleibt ihnen | |
überlassen. Allerdings lässt die Bundesregierung überprüfen, ob die Ziele | |
des Aktionsplans eingehalten werden. | |
Hier kommt der Gesetzentwurf ins Spiel, über den [2][die taz vor knapp zwei | |
Wochen zuerst berichtet hatte]. Das Sorgfaltspflichtengesetz aus dem | |
Entwicklungsministerium soll Firmen dazu anhalten, menschenrechtliche | |
Risiken in ihrer Produktionskette zu analysieren und zu verringern. | |
„Vielleicht bewirkt die Veröffentlichung eine zusätzliche Motivation | |
voranzukommen“, sagte Heil. Das heißt: Der Gesetzentwurf dient als Drohung. | |
Die beiden Ministerien bauen Druck auf, damit die Unternehmen den | |
NAP-Prozess ernst nehmen. „Valide Ergebnisse“ der Untersuchung würden Ende | |
2019 vorliegen, so Heil. Dann habe man „2020 genug Zeit“, bindende Regeln | |
zu beschließen – falls nötig. Wenn die freiwilligen Ergebnisse nicht | |
ausreichten, komme das Gesetz, erklärte auch Müller. | |
## Heil bevorzugt europaweite Regelung | |
Heil war vorsichtiger. Er nannte den Gesetzentwurf einen „Denkanstoß“, | |
bezeichnete ihn zudem nur als „Rechtsgutachten“. Dieser Begriff taucht in | |
dem Entwurf jedoch gar nicht auf. Der Arbeitsminister kündigte zudem eine | |
eigene Initiative zu Lieferketten im Rahmen der deutschen | |
EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 an. Ein | |
europaweiter Ansatz zur Regulierung der Wirtschaft sei besser als ein | |
nationaler. Dass die Gesetzgebung noch ein bisschen dauern könne, ließ | |
Müller ebenfalls anklingen. | |
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks Brot | |
für die Welt, plädierte dafür, schnell zu handeln. Ein Gesetz schaffe | |
Rechtssicherheit und Wettbewerbsgleichheit für alle Unternehmen. Das sah | |
Patrick Zahn ähnlich. Der Geschäftsführer des Textildiscounters KiK sprach | |
sich für eine europäische Regulierung aus. [3][Das Unternehmen stand | |
unlängst vor Gericht wegen eines Fabrikbrandes] in Pakistan. Ein Gesetz | |
hätte für Zahn den Vorteil, dass sein Unternehmen nicht alleine für | |
Probleme haftbar gemacht wird, die auch seine Konkurrenten verursachen. | |
Arbeitsminister Heil kündigte außerdem ein neues „Aktionsbündnis | |
Kinderarbeit“ an. In Kooperation mit der internationalen | |
Arbeitsorganisation (ILO) will er bis Anfang 2020 über konkrete Projekte | |
entscheiden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) solle sich im | |
Übrigen endlich Gedanken machen, wie der Staat systematisch Produkte | |
einkaufen könne, die aus umwelt- und sozialverträglicher Produktion | |
stammen: zum Beispiel Polizeiuniformen, Lebensmittel für Universitätsmensen | |
oder Holzmöbel. Laut NAP muss das Wirtschaftsministerium einen Stufenplan | |
erarbeiten. Passiert ist bisher wenig. | |
21 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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