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# taz.de -- Kunstpädagogik und Bauhaus: Der Bauhäusler
> Die Ausstellung „Alfred Ehrhardt – Malerei, Zeichnung, Grafik“ ist der
> Beitrag der gleichnamigen Stiftung zum Bauhaus-Jubiläum.
Bild: Ausschnitt aus Alfred Ehrhardt, Landschaft mit Kreuzen, 1930 Tempera auf …
Schon einmal annoncierte man an der Adresse Auguststr. 75 „Alfred Ehrhardt
– Malerei, Zeichnung, Grafik“. Das war vor drei Jahren. Damals zeigte die
Stiftung das Frühwerk ihres Namensgebers, das entstanden war, bevor er das
Bauhaus kennengelernt hatte. Jetzt, im Jahr des Bauhaus-Jubiläums, werden
Bilder, Zeichnungen und Grafiken aus der Zeit nach Dessau präsentiert.
Alfred Ehrhardt (1901 bis 1984) war ein Multitalent. Ursprünglich als
Organist, Chorleiter und Komponist ausgebildet, war es sein Ehrgeiz als
bildender Künstler zu reüssieren. Der Kirchenmusiker arbeitete daher nach
seinem Abschluss als Lehrer für Musik, rhythmische Gymnastik und Kunst am
reformpädagogischen Landerziehungsheim Bad Gandersheim.
Dessen Gründer, Max Bondy, schickte seinen Kunstpädagogen im Wintersemester
1928/29 zur Fortbildung nach Dessau. Dort absolvierte Ehrhardt nicht nur
den obligatorischen Vorkurs bei Josef Albers, sondern wurde aufgrund seiner
Erfahrung im Unterrichten auch als Hilfslehrer eingesetzt. Seine
Bekanntschaft mit der Lehre und Praxis von Wassily Kandinsky, Oskar
Schlemmer, Lyonel Feininger, vor allem aber Paul Klee wird in den nun
ausgestellten Arbeiten durchaus deutlich.
## Mit Spachtel und mit Pinselstrich
War zuvor noch ein starker Einfluss von Expressionismus und Kubismus in
seinen Gemälden zu beobachten, so kennzeichnet nun die besondere
Aufmerksamkeit für das Werkzeug des Malens seine in Tempera auf
Masonit-Holzfaserplatten entstandenen abstrakten Kompositionen.
Alfred Ehrhardt gestaltet seine von geometrischen Elementen beherrschten
Oberflächen nicht mehr nur durch Farbe und Form, sondern ganz deutlich
durch die Form des Farbauftrags. Das heißt, er arbeitet sichtbar mit dem
Spachtel und strukturiert die Oberfläche mit dem Pinselstiel, was in einem
Spiel aus filigranen Linienstrukturen und pastosen, mit dem Spachtel
gesetzten Farbflächen resultierte.
Die Gemälde im Kontext der Zeichnungen und Grafiken gesehen, wird deutlich,
dass die Linie Ehrhardts stärkstes Ausdrucksmittel ist. Obwohl sein Werk
keines der Figuration ist, gelingen ihm mit der Linie wunderbare reduzierte
Tierdarstellungen, oft handelt es sich um Paare, die sich aus Motiven
herausschälen, die man erst nur als rein formale Gleichgewichtsstudien
wahrgenommen hat. Es ist ein Balanceakt, denn leicht könnten etwa die „Zwei
Tiere“ von 1932 gefällig wirken. Dass sie es nicht tun, liegt dann an der
Souveränität der Komposition.
## Der Bauhaus-Vorkurs als Gestaltungslehre
Alfred Ehrhardts Bauhaus-Aufenthalt war ein Erfolg. Zurück in Bad
Gandersheim erhielt er schon im Jahr darauf eine Dozentenstelle an der
Landeskunsthochschule Hamburg (der späteren Hochschule für Bildenden Künste
am Lerchenfeld), um dort den ersten Vorkurs für Materialkunde außerhalb des
Bauhauses zu leiten. 1932 systematisierte er seine Erfahrungen im Buch
„Gestaltungslehre. Die Praxis eines zeitgemäßen Kunst- und
Werkunterrichts“.
Man möchte hoffen, dass Ehrhardts Tätigkeit als Kunstpädagoge und Autor
eines Lehrbuchs zum zeitgemäßen Kunstunterricht als integrale Facette
seines Kunstschaffens gesehen und in einer weiteren biografischen
Ausstellung gewürdigt wird. Man hofft dies umso mehr, als ja wenig darüber
bekannt ist, ob – und wenn ja, wie –– die Ideen und die Lehre des Bauhaus…
zur Zeit seines Bestehens in die sonstige Kunsterziehung und Designpraxis
in Schulen und Hochschulen, Kunstvereinen und Kunstverlagen Eingang fanden.
Diese Forschungslücke wird auch im Jubiläumsjahr des Bauhauses
weiterbestehen, da es, betrachtet man die bundesweiten Programme, als
Schule und pädagogischer Versuch ganz offensichtlich nicht weiter
interessiert. Die Alfred Ehrhardt Stiftung hätte die Chance, sich hier mit
einer notwendigen Korrektur zu profilieren.
23 Feb 2019
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
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Bauhaus Jubiläum 2019
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