Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hamburger Umgang mit IS-Kämpfern: Der besondere Fokus
> Der Anwalt Erdem fordert, IS-Anhänger aus Nordsyrien zurückzuholen. Der
> Verfassungsschutz sieht Rückkehrer als Sicherheitsrisiko.
Bild: Soldaten verhaften einen IS-Kämpfer – hier nicht in Syrien, sondern im…
Hamburg taz | Wie sollte Hamburg umgehen mit IS-Kämpfern, ihren Frauen und
Kindern? Bundespolitisch wird derzeit über die Rücknahme von Gefangenen aus
Nordsyrien [1][diskutiert]. Mit genauen Angaben zu IS-KämpferInnen in
Nordsyrien und im Irak ist die Bundesregierung zurückhaltend und verweist
auch im Bundestag auf die Geheimhaltung nachrichtendienstlicher
Erkenntnisse. Klar aber ist: Die Re-Integration, Inhaftierung, Betreuung
oder Beobachtung von dschihadistischen RückkehrerInnen obliegt den lokalen
Beratungsstellen und Sicherheitskräften.
Vom Hamburger Verfassungsschutz heißt es dazu auf Anfrage der taz,
IS-Rückkehrer stünden im besonderen Fokus der Sicherheitsbehörden, da sie
zumeist wieder in die Szene eintauchen würden. Derzeit lägen Erkenntnisse
über 69 Männer und 17 Frauen aus Hamburg vor, die Richtung Syrien oder Irak
ausgereist sind oder es versucht haben. Nicht mit jeder Reise sei aber
zwangsläufig das Ziel verbunden, an Kampfhandlungen teilnehmen zu wollen.
Insgesamt seien 29 Männer und drei Frauen zurückgekehrt. Kinder seien
weniger als fünf zurückgekehrt. Dem Landesamt für Verfassungsschutz lägen
Hinweise vor, dass etwa 20 Personen zu Tode gekommen sein sollen.
Der Hamburger Anwalt Mahmut Erdem indes hat im Auftrag mehrerer Familien
seine Forderung an die Bundesregierung erneuert, in Syrien gefangene
IS-Anhänger nach Deutschland zurückzubringen. Erdem vertritt unter anderem
die Familien zweier Frauen, die sich seinen Angaben zufolge seit Monaten
bemühen, ihre Angehörigen aus einem Camp der kurdischen Miliz YPG
(„Volksverteidigungseinheiten“) herauszuholen. Die Bundesregierung solle
dazu mit der Miliz zusammenzuarbeiten. Das sei eine „humanitäre
Verpflichtung“.
Bundesweit an Fahrt aufgenommen hat die Diskussion, nachdem US-Präsident
Donald Trump unter anderem Deutschland [2][dazu aufgefordert hatte],
IS-Kämpfer zurückzunehmen. Derzeit befinden sich mindestens 800 IS-Kämpfer
in Syrien in Haft. Darunter ist auch eine größere zweistellige Zahl von
Männern, Frauen und Kindern aus Deutschland. Hinzu kommen laut Kölner
Stadt-Anzeiger nach dem Fall der IS-Hochburg Rakka bis zu 400
DschihadistInnen aus Deutschland, die frei unterwegs sind. Drei Viertel von
ihnen besitzen einen deutschen Pass.
## 400 Dschihadisten frei
Für die Kurden im Norden Syriens sind die Gefangenen eine Belastung. Sie
riefen zuletzt die Vereinten Nationen auf, internationale Sondergerichte
einzurichten, weil sie eine juristische Verfolgung nicht leisten könnten.
Was eine mögliche Rückkehr angeht, ist juristisch die Lage eindeutig: „Klar
ist, dass wir deutschen Staatsangehörigen die Wiedereinreise nicht
verwehren können“, betonte Schleswig-Holsteins Justizministerin Sabine
Sütterlin-Waack (CDU), die derzeit der Justizministerkonferenz vorsitzt.
Wie genau aber eine Rückkehr organisiert werden könnte, darüber gibt es
Differenzen. Auch konsularisch ist die Organisation ein Problem. Die
Botschaft in Syrien ist geschlossen, die von der kurdischen YPG
kontrollierten Gebiete in Nord-Syrien aber werden von Deutschland nicht als
eigener Staat anerkannt.
Linkspartei und Grüne würden nun lieber zügig agieren – um die Kontrolle
nicht zu verlieren. Die CDU ist da zurückhaltender. Aus der CSU drängte man
zuletzt darauf, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen
Pass zu entziehen, um die Zahl der Rückkehrer auf diesem Weg zu begrenzen.
## Umstrittene Rückkehr
Über Fraktionsgrenzen hinweg eint Politiker die Sorge, welches
sicherheitspolitische Risiko von den vielen RückkehrerInnen ausgeht. Denn
längst nicht alle IS-Rückkehrer werden automatisch in Haft genommen, längst
nicht in allen Fällen liegen belastbare juristische Vorwürfe vor. Eine
lückenlose Überwachung indes würde die Sicherheitskräfte überfordern.
Mehlike Eren-Wassel von der Beratungsstelle „Kitab“ erklärte, sie sehe
durchaus Chancen auf eine Re-Integration von RückkehererInnen. Kitab berät
in Bremen Familien, Angehörige und IslamistInnen, sofern sie sich an sie
wenden. Kitab hatte zusammen mit der Hamburger Beratungsstelle Legato und
anderen Fachorganisationen bereits Anfang 2017 einen Rückkehrer-Leitfaden
erstellt. Kitab empfiehlt dabei eine möglichst ressortübergreifende
Zusammenarbeit aller betroffenen Stellen.
20 Feb 2019
## LINKS
[1] /Deutsche-IS-Kaempfer-in-Syrien/!5574995
[2] /Ruecknahme-von-deutschen-IS-Kaempfern/!5573801
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
„Islamischer Staat“ (IS)
Dschihadismus
Rückkehrer
Schwerpunkt Islamistischer Terror
PYD
Bremen
„Islamischer Staat“ (IS)
Bundesgerichtshof
Dschihad
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Partnerstadt in Syrisch-Kurdistan: „Multikulturell wie Kreuzberg“
Der Berliner Bezirk geht eine Partnerschaft mit der syrischen Stadt Dêrik
ein. Sie wird nicht vom Assad-Regime kontrolliert.
Bremer Umgang mit IS-Terroristen: „Jeden Einzelfall prüfen“
Wie gefährlich sind IS-Kämpfer, die nach Bremen zurückkommen? Das Bremer
LKA hält engen Kontakt zu den Bundesbehörden.
Deutsche IS-Kämpfer in Syrien: Bedingungen für die Rückkehr
Bundesinnenminister Horst Seehofer ist grundsätzlich bereit, IS-Kämpfer in
Deutschland aufzunehmen. Aber nicht zu jedem Preis.
Deutsche IS-Kämpfer in kurdischer Haft: Pass weg, Problem weg?
Behörden prüfen Rückholung deutscher IS-Kämpfer aus Syrien. Und die
Bundesregierung streitet über einen zweiten Weg: Passentzüge.
Anwalt Erdem über junge IS-Kämpfer: „Von Eltern in den Dschihad geschickt“
Mit seinem „Elternkreis gegen IS“ half der Hamburger Rechtsanwalt Mahmut
Erdem den Angehörigen junger Dschihad-Kämpfer. Jetzt warnt er vor den
Rückkehrern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.