# taz.de -- Bremer Umgang mit IS-Terroristen: „Jeden Einzelfall prüfen“ | |
> Wie gefährlich sind IS-Kämpfer, die nach Bremen zurückkommen? Das Bremer | |
> LKA hält engen Kontakt zu den Bundesbehörden. | |
Bild: Soldaten verhaften einen IS-Kämpfer im Irak im Februar 2017 | |
BREMEN taz | Wie sollte Bremen umgehen mit IS-Kämpfern, ihren Frauen und | |
Kindern? Bundespolitisch wird derzeit über die Rücknahme von gefangenen | |
IS-KämpferInnen in Nordsyrien und im Irak diskutiert. Klar aber ist: Die | |
Re-Integration, Inhaftierung, Betreuung oder Beobachtung von | |
dschihadistischen RückkehrerInnen obliegt letztendlich den lokalen | |
Beratungsstellen und Sicherheitskräften. Auch in Bremen. Nach Informationen | |
der taz befinden sich aktuell mindestens zwei Frauen in Haft im Irak. | |
Laut Daniel Heinke, Terrorismusexperte und Leiter des Landeskriminalamtes | |
in Bremen, stünde Bremen wegen der zwei im Irak inhaftierten Frauen in | |
engem Kontakt mit dem Bundeskriminalamt und dem Bundesinnenministerium. | |
Dazu, ob sich auch in Nordsyrien noch Menschen aus Bremen in Gewahrsam | |
befänden, gebe es keine sicheren Erkenntnisse. | |
Insgesamt sind laut Heinke 30 Erwachsene aus Bremen „mit islamistischer | |
Motivation“ ausgereist, hinzu kämen Kinder. Neun Menschen seien | |
zwischenzeitlich zurückgekehrt. „Von den übrigen gehen wir davon aus, dass | |
sie entweder getötet wurden, sich noch in dem Gebiet aufhalten oder in | |
einem Drittland inhaftiert sind“, sagte Heinke. | |
Die Frage, welche Gefahr von Rückkehrern ausgehe, könne man pauschal nicht | |
beantworten. „Es gibt Personen, die von ihren Erlebnissen desillusioniert | |
sind und der Gewaltbefürwortung den Rücken gekehrt haben“, sagt der | |
LKA-Chef. „Andere wenden sich womöglich anderen Formen des Kampfes zu. | |
Deshalb müssen wir jeden Einzelfall prüfen.“ | |
Eingerichtet ist dafür in Bremen nun die ressortübergreifende | |
„Kompetenzzentrum Deradikalisierung und Extremismusprävention“ (Kodex), die | |
im Falle von Rückkehrern unterschiedliche Maßnahmen koordinieren soll. „Es | |
geht darum festzustellen, ob jemand in erster Linie Hilfe braucht, ob die | |
Gefahrenabwehr im Vordergrund steht oder das Strafverfolgungsinteresse“, | |
sagt Heinke. | |
Längst nicht in allen Fällen aber liegen belastbare juristische Vorwürfe | |
gegen IS-Kämpfer vor. Heinke fordert deshalb, eine bessere Zusammenarbeit | |
der europäischen Behörden, insbesondere aber eines Austausches „Battlefield | |
evidence“, von Beweismitteln die vor Ort von den Koalitionskräften gefunden | |
wurden. | |
Auch, weil sie selbst mit der juristischen Verfolgung der Gefangen | |
überfordert sind, hatten die kurdisch geführten „Syrischen Demokratischen | |
Kräfte“ in Nordsyrien zuletzt die Vereinten Nationen dazu aufgerufen, | |
internationale Sondergerichte für inhaftierte IS-Kämpfer einzurichten. | |
Bundesweit an Fahrt aufgenommen hatte die Diskussion, nachdem US-Präsident | |
Donald Trump unter anderem Deutschland dazu aufgefordert hatte, IS-Kämpfer | |
zurückzunehmen. Derzeit befinden sich mehr als 800 IS-Kämpfer in Syrien in | |
Haft. Darunter ist auch eine größere zweistellige Zahl von Männern, Frauen | |
und Kindern aus Deutschland. | |
## Staatsangehörigen kann die Rückkehr nicht verwehrt werden | |
Zudem sind laut Kölner Stadt-Anzeiger nach dem Fall der IS-Hochburg Rakka | |
bis zu 400 DschihadistInnen aus Deutschland frei unterwegs. Drei Viertel | |
von ihnen besitzen einen deutschen Pass. | |
Juristisch ist dabei klar, dass deutschen Staatsangehörigen die | |
Wiedereinreise nicht verwehrt werden kann. Konsularisch ist die | |
Organisation der Rückkehr allerdings ein Problem. Die Botschaft in Syrien | |
ist geschlossen, die von der kurdischen YPG kontrollierten Gebiete in | |
Nordsyrien werden von Deutschland nicht als eigener Staat anerkannt. | |
Mehlike Eren-Wassel von der Beratungsstelle „Kitab“ erklärte, dass | |
zumindest die Rückkehrer, die sich freiwillig an sie wendeten, meistens | |
wieder in ein normales Leben einsteigen wollten. Dafür sieht sie in diesen | |
Fällen durchaus Chancen. Zusammen mit anderen Beratungsstellen hatte | |
„Kitab“ bereits Anfang 2017 einen Rückkehrer-Leitfaden erstellt und eine | |
ressortübergreifende Zusammenarbeit gefordert, wie es nun durch „Kodex“ in | |
Bremen umgesetzt wurde. | |
20 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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