# taz.de -- Jahresgipfel der Afrikanischen Union: Kontinent der Migration | |
> Die Afrikanische Union will Flucht nicht mehr als reines | |
> Sicherheitsrisiko begreifen, sondern „in eine Perspektive der Entwicklung | |
> stellen“. | |
Bild: Beraten über die Herausforderungen ihres Kontinents: Staats- und Regieru… | |
Afrika stellt ein Sechstel der Weltbevölkerung, beherbergt aber ein Drittel | |
aller Flüchtlinge und Vertriebenen. Und während Europa sich um eine | |
möglichen Massenzuwanderung aus Afrika sorgt, finden 90 Prozent der | |
afrikanischen Wanderungsbewegungen innerhalb Afrikas statt. Mit solchen | |
Erkenntnissen und dem Willen, Afrika als Kontinent der Migration zu | |
begreifen, behandelte die Afrikanischen Union (AU) auf ihrem in der Nacht | |
zum Dienstag beendeten Jahresgipfel erstmals Flucht und Wanderung als | |
offizielles Gipfelthema – und eröffnete das afrikanische „Jahr der | |
Flüchtlinge, Rückkehrer und Binnenvertriebenen“. | |
„Ich war selbst Flüchtling für acht Jahre meines Lebens“, erzählte | |
AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat aus Tschad in seiner | |
Eröffnungsrede. Gastredner António Guterres, UN-Generalsekretär, lobte: | |
„Trotz der sozialen, ökonomischen und sicherheitspolitischen | |
Herausforderungen des Kontinents haben Afrikas Regierungen und Völker | |
Grenzen, Türen und Herzen für Bedürftige offen gehalten. Leider hat dieses | |
Beispiel nicht überall Schule gemacht. Afrika hat den Gold-Standard für | |
Solidarität gesetzt.“ | |
Dass Migranten und Flüchtlinge eine Bereicherung sein können und keine | |
Belastung sein müssen, zeigen zwei der dynamischsten Länder des Kontinents: | |
Uganda und Äthiopien, die beide Zugezogenen das sofortige Recht auf Arbeit | |
gewähren – Uganda schon länger, Äthiopien seit 2018. Nicht von ungefähr | |
sind diese beiden Länder auch an der Spitze der Flüchtlingsaufnehmer | |
Afrikas. Eritreer auf der Flucht vor ihrer Diktatur sind in Äthiopien | |
ebenso willkommen wie Südsudanesen in Uganda auf der Flucht vor dem | |
Bürgerkrieg in ihrer Heimat. In Äthiopien hat auch die AU ihren Sitz. | |
Nachdem vergangenes Jahr Marokko mit der Ausarbeitung einer | |
AU-Migrationspolitik beauftragt worden war, wurde jetzt auf dem Gipfel | |
darüber Bericht erstattet. „Die Migrationsfrage muss in eine Perspektive | |
der Entwicklung gestellt werden“, hieß es in dem Dokument des | |
marokkanischen Königs; Fluchtursachen wie Klimawandel, politische | |
Instabilität und ethnische Gewalt seien zu bekämpfen, aber Migration dürfe | |
nicht länger als Sicherheitsrisiko begriffen werden, dem man durch das | |
Schließen von Grenzen begegnet – die bevorzugte Empfehlung aus Europa an | |
afrikanische Staaten. | |
## Bevölkerung wächst auf 2,5 Milliarden Menschen | |
Jede afrikanische Regierung weiß: Es wird in Zukunft mehr Migration geben, | |
nicht weniger. Von derzeit 1,2 Milliarden Menschen wird Afrikas Bevölkerung | |
bis 2050 auf 2,5 Milliarden wachsen, und „was manche als Bedrohung sehen, | |
stellt für uns eine Chance dar“, sagte Marokkos Afrikaminister Mohcine | |
Jazouli bereits im Januar in Brüssel. | |
In ihrer auf dem AU-Gipfel präsentierten Wirtschaftsprognose für 2019 | |
rechnete die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) vor: Bis zum Jahr 2030 | |
werden 295 Millionen junge Menschen auf die afrikanischen Arbeitsmärkte | |
drängen – ein Wachstum der arbeitsfähigen Bevölkerung um 40 Prozent. | |
Derzeit entstünden in Afrika aber nur 12 Millionen neue Jobs im Jahr. Bis | |
2030, warnt die Bank, „könnten bis zu 100 Millionen junge Menschen | |
arbeitslos sein.“ | |
Was werden sie tun, wenn nicht irgendwo Arbeit suchen? Zu den Fernzielen | |
der AU, auf dem Gipfel bekräftigt, gehören der visafreie Reiseverkehr für | |
Afrikaner auf dem gesamten Kontinent sowie Freihandel. Dann wird Migration | |
in Afrika zum Normalfall – so wie in Europa. | |
12 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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