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# taz.de -- Streit zwischen Uganda und Ruanda: Schlagabtausch am Schlagbaum
> Die schwelende Entfremdung zwischen Uganda und Ruanda entlädt sich in
> einer Grenzblockade. Die ganze Region leidet darunter.
Bild: Hier geht' nicht mehr weiter an einem Grenzübergang zwischen Uganda und …
Kigali taz | An der Grenze herrscht Stau. Busse und Lastwagen reihen sich
aneinander, es geht nicht vor, nicht zurück. Die Grenze zwischen Uganda und
Ruanda, ostafrikanische Bruderstaaten mit nahezu freiem Waren- und
Personenverkehr, wird zum Brennpunkt eines Konflikts.
Offiziell klingt es harmlos: Vergangene Woche kommunizierte Ruandas
Zollbehörde an Ugandas Steuerbehörde, dass Lastwagen nicht mehr über Gatuna
fahren dürfen. Gatuna ist der Hauptgrenzübergang, wo vor allem
Container-Lastwagen herüberrollen – Waren, die aus Übersee via Kenia und
Uganda nach Ruanda und bis in den Kongo und [1][nach Burundi gehen], eine
Lebensader der Region.
Um in Gatuna den Bau eines „One-Stop“-Postens voranzubringen, wo man die
Grenzformalitäten beider Länder gebündelt erledigen kann, leitet Ruanda den
Verkehr jetzt über den alternativen Grenzposten Kagitumba um.
Schnell machten in Uganda Gerüchte die Runde, Ruanda habe die Grenze
komplett geschlossen. Denn Kagitumba ist ein kleiner Übergang hoch oben in
den Bergen am Länderdreieck mit Tansania, mit nur wenigen Zollkapazitäten
und für schwerbeladene Lastwagen schwer erreichbar. Laut ugandischen Medien
hat Ruanda gleichzeitig die Tarife für die Warenabwicklung verdoppelt.
## Die Eskalation ist gewollt
Ugandas Steuerbehörde beschwerte sich schriftlich über die Entscheidung,
„die am selben Tag wie die Ankündigung in Kraft trat“. Über 100 Lkws seien
in Gatuna blockiert, einige hätten verderbliche Lebensmittel wie Mangos und
Kassava geladen, die Ware sei nun dahin. Daneben stünden 17
Benzin-Tanklastwagen – ein „mögliches Risiko“.
Dabei blieb es nicht. Am Wochenende warnte Ruandas Außenminister Richard
Sezibera seine Landsleute vor Reisen nach Uganda: dort müssten sie mit
„Verhaftungen, Verfolgung und Folter“ rechnen. Ugandische Medien berichten,
Reisebusse würden jetzt an der Grenze von ruandischen Sicherheitskräften
kontrolliert.
Busfahrer, die Ruander über die Grenze nach Uganda mitnähmen, würden mit
Geldstrafen von 5.000 Dollar belegt. Nicht zuletzt meldete am Montag der
ugandische Inlandsgeheimdienst (ISO) den Aufmarsch schwerbewaffneter
ruandischer Soldaten auf den Hügeln rund um die Grenzposten.
Die Eskalation ist durchaus gewollt. Das kleine Ruanda will ein Zeichen
gegen [2][das große Uganda] setzen. Beide Länder waren lange befreundet,
die beiden Präsidenten Paul Kagame und Yoweri Museveni kämpften als junge
Männer gemeinsam in Ugandas Guerillakrieg der 1980er Jahre. Aber da sich
die regierenden Kreise beider Länder seit Langem sehr gut kennen, haben
sich tiefe persönliche Feindschaften und Rivalitäten eingeschlichen. Vor
zwanzig Jahren bereits führten die beiden Länder gegeneinander im Kongo
Krieg.
## Zwei gegen einen
Seit Langem wirft Ruanda dem größeren Nachbarn vor, Staatsfeinde der
ruandischen Exilorganisation RNC (Ruandischer Nationalkongress) zu
beherbergen. Anlass: Die ruandische Businessfamilie Rwigara, die mit Kagame
gebrochen hat und deren Tochter Diane bis Dezember in Ruanda im Gefängnis
saß, hat in Uganda eine der größten Tabakfarmen Afrikas erstanden. Dort
würden nun RNC-Kämpfer ausgebildet, um Ruanda anzugreifen, so die
Befürchtungen.
Im Dezember wurde auch noch der langjährige Sprecher der im Kongo
kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung
Ruandas), La Forge Fils Bazeye, von Uganda aus kommend an der
kongolesischen Grenze festgenommen. Kinshasa lieferte ihn an Kigali aus, er
befindet sich mittlerweile in Gewahrsam des ruandischen Geheimdienstes.
Seither mehren sich die Anzeichen, dass unter Vermittlung Ugandas die
beiden Erzfeinde des ruandischen Regimes – FDLR und RNC – eine Koalition
eingegangen sind.
Ruanda fühlt sich nun umzingelt. Kigali sieht nämlich auch im burundischen
Präsidenten Pierre Nkurunziza, einem ehemaligen Hutu-Guerillachef, einen
Förderer ruandischer Hutu-Milizen. Vergangenen Sommer fielen Kämpfer von
Kongo aus kommend über Burundi nach Ruanda ein, töteten Soldaten und Ranger
eines Nationalparks und entführten über 70 Reisende aus einem Bus. Es war
der größte Angriff gegen Ruanda seit Jahren. Der RNC unterhält gemeinsam
mit der burundischen Miliz Imbonerakure, Jugendverband von Burundis
Regierungspartei, ein Trainingslager im Ostkongo.
Uganda wirft umgekehrt Ruanda vor, Spione über die Grenze geschickt zu
haben. Immer wieder kommt es in Uganda zu Verhaftungen und Ausweisungen
ruandischer Staatsbürger. Besonders symbolträchtig war im Januar die
Abschiebung der ruandischen Vertriebschefin des Telekom-Multis MTN aus
Uganda. Die Polizei warf ihr Gefährdung der nationalen Sicherheit vor.
## Nicht nur Uganda im Blick
Dass der Konflikt militärisch eskaliert, ist unwahrscheinlich. Dennoch wird
auf beiden Seiten mit den Säbeln gerasselt. Der jetzige Grenzkonflikt ist
eher eine Eskalation eines Wirtschaftskrieges. Uganda hat in den
vergangenen Jahren einige regionale Infrastrukturprojekte unterlaufen, was
auf ruandischer Seite enormen finanziellen Schaden erzeugt hat: Die teure
Starkstromleitung von Äthiopien gen Ruanda, die über ugandisches
Territorium verläuft, wurde gekappt; eine neue Eisenbahnstrecke durch
Uganda verläuft statt nach Ruanda nun nach Tansania.
Dass nun ugandische Lkws an der Grenze stranden, ist eine Revanche, die
nicht nur auf Uganda zielt. Die meisten der Benzinlieferungen, die jetzt in
Gatuna festsitzen, sind für Burundi bestimmt.
5 Mar 2019
## LINKS
[1] /Ruanda-und-Burundi-im-Clinch/!5559045
[2] /Korruption-und-Fluechtlingshilfe/!5553354
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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