| # taz.de -- Berlinale – „L’adieu a la nuit“: Kuffar dürfen wir bestehl… | |
| > Im Berlinale-Wettbewerb: Ratlos verfolgt Catherine Deneuve in André | |
| > Téchinés neuem Film, wie ihr Enkel sich dem Dschihadismus zuwendet. | |
| Bild: Muriel (Catherine Deneuve) und Alex (Kacey Mottet Klein) | |
| 2011 tauchten zum ersten Mal ausländische Kämpfer in Syrien auf. Unter den | |
| 5000 vermuteten Dschihadisten in Syrien und dem Irak stellt Frankreich | |
| heute die größte Gruppe. Gemeinsam mit Lea Mysius begann André Téchiné 2015 | |
| das Phänomen der jugendlichen Glaubenskrieger in Frankreich in einem | |
| Drehbuch für einen Spielfilm zu entwickeln. | |
| „L'adieu a la nuit“ („Abschied von der Nacht“) erzählt vom Zusammentre… | |
| der unabhängigen Muriel mit ihrem unnahbaren Enkel Alex und zeigt zwei | |
| Generationen, die einander kaum etwas anzubieten haben. | |
| Unweit der Küste, im Süden Frankreichs betreibt die Großmutter mit ihrem | |
| gleichaltrigen Geschäftspartner Youssef eine Reitschule und eine blühende | |
| Obstplantage. Zum 8. Mal in einem Film des französischen Regisseurs zu | |
| sehen, spielt Catherine Deneuve Muriel souverän als unabhängige, | |
| ausgeglichene Frau Ende sechzig und stets elegant leger im Landhausstil | |
| gekleidet. | |
| Nach langer Abwesenheit besucht Alex Muriel, bei der er aufgewachsen ist, | |
| um sich vor seiner Abreise nach Kanada zu verabschieden. Diese männliche | |
| Hauptrolle besetzte Téchiné erneut mit dem Schweizer Schauspieler Kacey | |
| Mottet Klein, der als jugendlicher Damien 2016 in „Quand on a 17 ans“ | |
| überzeugte. | |
| ## Die eigenen Spielregeln | |
| Mit Zärtlichkeit und Neugier empfängt Muriel den jungen Mann, der von | |
| unbestimmten Zorn und Rastlosigkeit getrieben scheint. Überrascht stellt | |
| Muriel fest, dass ihr Enkel inzwischen zum Islam konvertiert ist. Bald | |
| entdeckt sie, dass er und Lila (Oulaya Amamra), seine Freundin aus | |
| Kindertagen tatsächlich eine Reise nach Syrien in den Dschihad planen. | |
| Durch Muriels Perspektive nähert sich Téchiné der schwer zugänglichen | |
| Gedankenwelt der Heranwachsenden ohne leichtfertig Erklärungsmuster für ihr | |
| Tun anzubieten. Nur vereinzelt gibt er darüber hinaus Hinweise zu den | |
| biografischen Erfahrungen seiner jungen Protagonisten. | |
| Doch besonders hinter Lilas geduldigem Festhalten an ihrer geheimen | |
| Mission, erkennt man deutlich die Begeisterung dafür, im Leben endlich | |
| vermeintlich eigene Spielregeln setzen zu können. So entscheidet sie nach | |
| kurzem Innehalten „Kuffar dürfen wir bestehlen“ und überzeugt damit den | |
| noch zögernden Freund das Konto seiner ungläubigen Großmutter zu plündern. | |
| In deutlichem Kontrast erscheinen die klandestinen Teffen mit dem Anwerber | |
| Bilal und ihre nervösen Reisevorbereitungen zu der gelassenen Routine der | |
| Reitschule und der stoischen Präsenz der mediterranen Landschaft. Doch Alex | |
| ist sich ganz sicher: „Dort wird es einfacher.“ | |
| Mit Ratlosigkeit verfolgt Muriel die rigorose Absage des Jungen an | |
| Freiheit, Genuss, und Freundschaft – ein Leben, das sie bis ins Alter | |
| verteidigt hat. Vehement und mit allen Mittel versucht sie den Enkel | |
| aufzuhalten. Näher kommt sie ihm nicht. | |
| 13 Feb 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva-Christina Meier | |
| ## TAGS | |
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