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# taz.de -- Die Wahrheit: Headbangerin auf dem Highway
> In Schlangenlinien über die Autobahn – die Fahrerin kann doch nur
> Slayer-Fan sein. Für die Polizei hat sie die Ausrede des Jahres parat.
Bild: Der Hexer im Kreise seiner Lieben: Dave Lombardo
Sie hatte Slayer an der rechten unteren Ecke ihrer Heckscheibe kleben, aber
das war nicht der Grund, warum die beiden Streifenhörnchen sie an diesem
kalten Montagabend aus dem Verkehr zogen. Sie fuhr gleichmäßige
Schlangenlinien, hübsch anzusehen, sicher, aber es waren nun mal
Schlangenlinien. Noch dazu auf der Autobahn. Die beiden Blauen in ihrem
alten VW Santana zückten die Kelle. Sie hielt, ließ die Scheibe herunter
und schrie: „Slaaaayyyyer!“
Das zumindest hätte man verdammt noch mal erwarten müssen. Als die beiden
Polypen ihr einen freundlichen Abendgruß entboten, zeigte sie auf ihre
dicken Backen. „Schkann gansch schlech spreschn“, mauschelpauschelte sie,
„mar beim Schahnarscht!“
Die Polizeimeisteranwärterin rückte ihre Dienstmütze keck zur Seite und
ratterte nun in schönstem Dienstsprech die Verfehlungen runter. Der ältere
Kollege mit Burt-Reynolds-Balken hatte ihr den Vortritt gelassen, sie
musste noch üben für die Abschlussprüfung. Angesichts „ihres etwas
ungewöhnlichen Fahrstils“, ließ sie die Fahrerin mit dem hervorragenden
Musikgeschmack wissen, halte sie es für angebracht, den gerade frisch
geeichten Alkomat bei ihr auszuprobieren.
„Orr, Mam“, stöhnte sie, folgte der Bullerei indes brav zum Peterwagen,
ließ sich auch das Mundstück oral einführen, bekam dann allerdings zu wenig
Druck auf die Düse. „Blasen!“, feuerte sie die Blauuniformierte an.
„Doller!“ Aber nichts geschah. „Was ist denn los mit Ihnen?“, rief die
Polentin aufgebracht. „Musch die Schpritsche schein“, verteidigte sich das
arme Slayer-Hascherl.
Den erfahrenen Polizeioberschnauz allerdings konnte sie so leicht nicht
hinters Licht führen. Sanft piekte er sie in die ausgebeulten Backen. „Was
ist denn da drin?“ Sie hatte den ganzen Mund voller Geldmünzen. Ein echter
Metalhead eben. Auf die Frage, warum sie ihre Barschaft hinter der
Kauleiste mit sich herumtrage, machte sie ein ziemlich zickiges
Spitzmäulchen. „Kein Kommentar, Herr Waldmeister.“ Und als sie dann doch
noch einmal pusten sollte, meinte sie nur: „Hab doch gar keinen Alk
getrunken. Ein Hanfseil hab ich durchgezogen, fragt nicht nach
Sonnenschein.“
Da lächelte die altgediente Pornobremse, wie in „Auf dem Highway ist die
Hölle los“. Man müsse leider mit ihr ins Klinikum fahren, um eine Blutprobe
zu entnehmen, meinte er. Sie habe mit einer Anklage wegen Verstoßes gegen
das Betäubungsmittelgesetz zu rechnen.
Man wollte die Rauschgiftsüchtige gerade abführen und in den Fond des VW
Santana setzen, Köpfchen ducken nicht vergessen, da grub sie das Kriegsbeil
aus und wehrte sich mit Händen und Füßen: „Slaaaayyyyer!“
Die Exekutivorgane mussten zunächst ordentlich einstecken, aber dann bewies
die Schupoanwärterschluse, dass sie mit ihrer Berufswahl goldrichtig lag.
12 Feb 2019
## AUTOREN
Frank Schäfer
## TAGS
Polizei
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