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# taz.de -- Die Wahrheit: Wiedersehen in Block 5
> Die Fans von Eintracht Braunschweig sind leidgeprüfte Wesen. Aber sie
> kehren immer zurück an den Ort, wo die Bratwürste auf dem Platz unterwegs
> sind.
Bild: Eintracht-Spieler feiern den Wiederaufstieg
Die Eintracht machte sich mal wieder linkisch wie eine etwas scheue
Liebhaberin an das gegnerische Tor heran, und dann trafen die anderen. Aber
in Block 5 ist man kummergeprüft und lässt sich von Rückschlägen nicht ins
Bier spucken. Man hat sowieso längst ausgetrunken. Der Abstieg in die
dritte Liga neulich wurde hier in Braunschweigs Beletage zur Kenntnis
genommen, mehr aber auch nicht. Man darf solche Schicksalsschläge nicht
auch noch adeln, indem man ihnen Bedeutung beimisst.
„Tschernobyl“, wir nennen ihn so wegen seiner mutantenmäßigen Körpergrö…
und wir lieben ihn wegen seiner verbalen Geradlinigkeit, bringt es mal
wieder auf den Punkt. In all den Jahren, in denen ich hier herumstehe, habe
ich nur einen Satz von ihm gehört – eine Art Stummel. Den allerdings sehr
laut. Einmal hat sich die halbe Mannschaft auf dem Platz nach ihm
umgedreht. Er röhrt ihn auch jetzt wieder: „Weiter, weiter, immer weiter!“
Mein Nebenmann zieht sichtlich erschrocken den Kopf ein, anscheinend ein
Novize, obwohl er mir bekannt vorkommt. Er fügt sich aber gleich gut ein,
hüpft, wenn es Zeit zum Hüpfen ist, stöhnt bitter enttäuscht, wenn einem
Braunschweiger der Ball über den Schlappen rutscht, und schreit „Blöde
Sau“, wenn sich der Gegner ohne Grund auf der Wiese kugelt. Nach zehn
Minuten hat er sich voll assimiliert und man kann mit ihm die Taktik
durchsprechen. Hoch und weit, bringt Sicherheit. Bei Nässe kommen die Bälle
lang. Die Bratwurst im Sturm macht heute keinen mehr. Ein verständiger
Mensch.
Als dann auch noch Braunschweig den Ausgleich schießt, spielen wir Nottaufe
und gießen uns gegenseitig das nächste Pils über den Kopf. Dann muss
allerdings auch schon wieder in einer kollektiven telekinetischen
Konzentrationsleistung das Eintracht-Tor mit einem unsichtbaren
Energieschild vernagelt werden, um den Ausgleich über die Zeit zu retten.
Ich bemerke, wie der Neue mich immer wieder von der Seite mustert, und
nicke aufmunternd. Wird schon! Nach dem Abpfiff klatschen wir ab, Block 5
hat das Unentschieden erfolgreich verteidigt.
Ich sehe, dass der Neue noch etwas auf dem Herzen hat. Schließlich traut er
sich: „Sag mal, bist du Frank?“ Ich schaue ihn mir genauer an, gehe meine
innere Verbrecherdatei durch. „Andreas!“ Tatsächlich. Mein alter
Schulfreund. Jeden Morgen klingelte er an der Tür, um mich abzuholen. Ein
paar Jahre lang. Dann zogen seine Eltern an den Bodensee. Wir verloren uns
völlig aus den Augen.
Jetzt, vierzig Jahre später, verschlägt es ihn beruflich wieder in seine
alte Heimat. Er kauft ein Haus im Nachbardorf und eine Jahreskarte für die
Eintracht. Aufgewühlt, mit übervollen Herzen stehen wir uns gegenüber. Es
ist so viel geschehen. „Und sonst?“, frage ich nach einer langen Pause.
„Muss! Und selbst?“ – „Auch so.“ – „Na ja, dann …“ – „Jau…
Wir hatten uns nie viel zu sagen.
21 Aug 2018
## AUTOREN
Frank Schäfer
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