Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Schnarchologe mit Traumtourette
> Heißa! Ein Wochenende im „beige geklinkerten
> Siebziger-Jahre-Touri-Pandämonium“ könnte so schön sein, wäre da nicht …
Bild: Antike Ansicht des Gasthauses Bangemann in Bargfeld
Wir freuten uns auf zwei Tage Dröhnung nebst Kost und Logis beim „Metal
Hammer Paradise“, dem Festival für Altersruinen, die zwar nicht mehr so
können, aber immer noch wollen. Wir freuten uns also auf ein Wochenende in
einem beige geklinkerten Siebziger-Jahre-Touri-Pandämonium am Weissenhäuser
Strand, das uns schon mal einen Ausblick gönnte auf das Ende. Immerhin, die
Betten waren weich, die Ostsee war nah und der durchgängige Krach von 27
Bands übertönte leicht die nicht immer appetitliche Geräuschkulisse einer
Versammlung von Geronten.
Zum dritten Mal, wir freuten uns, aber dann kam der Veranstalter wohl
dahinter, dass er eingekocht werden sollte, weil ich mich auf die
Gästeliste eingeschlichen hatte, und auf einmal war von Kost und Logis
nicht mehr die Rede. Notgedrungen wanzten wir uns an unseren jungen
Kollegen Till Burgwächter heran, der uns dann unter großem Geknurre („Ich
bin Künstler, ich brauche Ruhe!“) in sein exklusives Artist-Apartment
schmuggelte.
Burgwächter ist ein gefürchteter Metal-Satiriker und seine Waffe nicht das
Florett, auch nicht der Säbel, sondern die Stalinorgel. Er sollte lesen auf
dem Festival. Passenderweise spielten gleichzeitig Night Demon, die
aktuellen Genrehelden. Wir würden uns also davon überzeugen, dass seine
Lesung vor leerem Saal stattfände, um dann mit einem „Tschüss Till, wir
gehen zu Night Demon!“ zu Night Demon zu gehen. Das war der Plan.
Unpassenderweise quoll der Saal über. Hauptsächlich Frauen.
Bei „Armord Saint“ trafen wir uns wieder. Er hatte sich seine Gage
ausbezahlen lassen und den unbedingten Willen, sie hier und jetzt
durchzubringen. „Da, wo ich hinwill“, polterte er, „kann ich nichts
mitnehmen!“ Wir sahen uns panisch an. Burgwächter ist zwar als
Metal-Satiriker eine Instanz, aber eine veritable Macht als Schnarchologe
mit Traumtourette. Je größer sein Blutalkohol, desto härter die Kämpfe, die
er mit Morpheus und seinen Schergen auszufechten hat.
Acht Stunden später lagen wir in seinem Apartment. Wir hatten es
hinauszuzögern versucht, aber irgendwann muss ein alter Mann tun, was ein
alter Mann tun muss. „Na dann, gute Nacht“, brüllte der abgefüllte Troll
aus dem Schlafzimmer nebenan. Es klang nicht nur wie eine Drohung, es war
eine. Schon nach kurzer Zeit begann er Stunk anzufangen mit seinen Dämonen.
Es ächzte dieses Urviech mit Volldampf durch das Unterholz. Schließlich
warf er sich in eine Senke, holte Atem, um danach mit Gebrüll einen
erneuten Gegenangriff zu starten. So ging es eine Weile hin und her. Bis er
am Ende zum entscheidenden Schlag ausholte. „Bäm! Bäm! Fuck! Fun!“,
donnerte er. Der Sieg war seiner.
Geschafft warf er sich in seine Klamotten und ging auf den Balkon zum
Rauchen. Wir waren endlich eingeschlummert, als uns erneutes Geblaffe
zurückholte. „Wachwerden, ihr Säcke! Wer hat die Lesekohle aus meinem
Portemonnaie geklaut?“
20 Nov 2018
## AUTOREN
Frank Schäfer
## TAGS
Heavy Metal
Schnarchen
Freundschaft
Arno Schmidt
Göttingen
Eintracht Braunschweig
Schwangerschaft
Heavy Metal
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Legende am Ende der Welt
Arno Schmidts Jünger geschockt: Das Gasthaus Bangemann in Bargfeld, die
Saufzentrale aller Schmidtianer, ist geschlossen!
Die Wahrheit: Headbangerin auf dem Highway
In Schlangenlinien über die Autobahn – die Fahrerin kann doch nur
Slayer-Fan sein. Für die Polizei hat sie die Ausrede des Jahres parat.
Die Wahrheit: No Sleep till Nörgelbuff
Göttingen, ach Göttingen! Nicht nur die französische Chanteuse Barbara
verdankt der Stadt unvergessliche Erlebnisse …
Die Wahrheit: Wiedersehen in Block 5
Die Fans von Eintracht Braunschweig sind leidgeprüfte Wesen. Aber sie
kehren immer zurück an den Ort, wo die Bratwürste auf dem Platz unterwegs
sind.
Die Wahrheit: Wie bei Mutterkuchen
Wenn das Muttertier wegen einer Frauensache im Krankenhaus liegt und dort
auf eine Kräuterhexe trifft, hilft nur eine Lage Bier.
Die Wahrheit: Metallische Hitze
Auf dem langen Hinweg zu und Rückweg von einer Metal-Kunst-Video-Oper
können einem schon mal einige absonderliche Gedanken durchs Hirn strömen …
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.