# taz.de -- EU-Abstimmung zu „Nord Stream 2“: Pipeline-Achse Berlin-Paris s… | |
> Kompromiss im Streit um Gasröhre „Nord Stream 2“: EU-Staaten ebnen Weg | |
> für umstrittenes Projekt. Deutschland ist erleichtert. | |
Bild: Die EU-Staaten wollen Nord Stream 2: Röhren am Hafen von Mukran auf Sass… | |
BRÜSSEL taz | Gegen massiven Widerstand aus Osteuropa und den USA hat | |
Deutschland den Weg für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 geebnet, | |
die russisches Erdgas nach Europa befördern soll. Die Botschafter der 28 | |
EU-Staaten einigten sich am Freitag in Brüssel auf eine Änderung der | |
EU-Gasrichtlinie. Auf zunächst geplante harte Auflagen, die das Projekt | |
möglicherweise unrentabel gemacht hätten, wurde verzichtet. Den Ausschlag | |
gab Frankreich, das sich in letzter Minute auf einen Kompromiss einließ. | |
Mit Nord Stream 2 sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas | |
aus Russland an Drittstaaten wie der Ukraine oder Polen vorbei durch die | |
Ostsee nach Deutschland transportiert werden können. Ende 2018 waren | |
bereits 370 Kilometer der 1.200 Kilometer langen Rohrleitung verlegt. | |
Noch am Donnerstag hatte Deutschland allein gestanden. Nicht nur Polen, die | |
baltischen Staaten und die Ukraine machten – im Konzert mit den USA – Front | |
gegen das Pipeline-Projekt: Nord Stream 2 erhöhe die deutsche Abhängigkeit | |
von russischem Erdgas und gefährde die Energieversorgungssicherheit in | |
Europa. Auch die EU-Kommission hatte Bedenken und forderte, die Pipeline | |
EU-Recht zu unterwerfen. | |
Genau das wollte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jedoch verhindern. Es | |
handele sich um ein rein kommerzielles Projekt, das ohne EU-Regeln | |
auskommen könne. Um eine Mehrheit im Ministerrat für ihre starre Haltung zu | |
sichern, verließ sie sich wie gewohnt auf Frankreich. | |
## Ungewohnte Signale aus Paris | |
Doch aus Paris kamen [1][zuletzt ungewohnte Signale]: Natürlich müsse auch | |
Nord Stream 2 dem EU-Recht unterliegen, so das Außenministerium. In Berlin | |
wurde dies als unfreundliche Kehrtwende ausgelegt. Frankreich lasse | |
Deutschland im Regen stehen, hieß es. Manche witterten einen Bruch der | |
deutsch-französischen Freundschaft, die erst vor zwei Wochen im „Vertrag | |
von Aachen“ bekräftigt worden war. Dass Staatschef Emmanuel Macron seine | |
Teilnahme an der Sicherheitskonferenz in München abgesagt hatte, schien ins | |
Bild zu passen. | |
Doch da lief die deutsch-französische Diplomatie schon auf Hochtouren. | |
Berlin und Paris formulierten nicht nur ein Kompromisspapier zur | |
Gasrichtlinie. Beide Länder holten auch noch die EU-Kommission ins Boot – | |
und drängten den rumänischen EU-Vorsitz, ihren Vorschlag auf die | |
Tagesordnung zu setzen. Der deutsch-französische Entwurf wurde fast | |
einstimmig verabschiedet – nur Bulgarien stimmte dagegen. | |
Allerdings wird er unterschiedlich ausgelegt. In Berlin hieß es, die neue | |
Pipeline werde deutscher Kontrolle unterliegen. Aus Macrons Umfeld | |
verlautete, Deutschland akzeptiere mit der überarbeiteten Fassung der | |
Gasrichtlinie erstmals eine „europäische Kontrolle“ über die Pipeline. �… | |
Abhängigkeit vom russischen Gas machte uns Sorgen“, hieß es. „Deshalb war | |
für uns eine europäische Kontrolle wichtig.“ | |
Nach französischer Darstellung sieht der Kompromiss ein zweistufiges | |
Vorgehen vor: Danach liegt die erste Zuständigkeit für Pipelines mit | |
Drittstaaten wie Russland bei dem EU-Land, in dem die Leitung erstmals auf | |
das europäische Netz trifft – im Falle von Nord Stream 2 wäre das | |
Deutschland. | |
An der Haltung von Kommissionschef Jean-Claude Juncker habe sich nichts | |
geändert, sagte eine Sprecherin auf Anfrage der taz. Die EU-Kontrolle | |
beziehe sich auf alle Pipelines, auch wenn sie aus Drittstaaten kommen. | |
## Im Europaparlament sind die Gegner noch stärker | |
Hier bahnen sich womöglich weitere Konflikte an. Zudem muss die | |
Gasrichtlinie noch eine weitere Hürde nehmen: Sie braucht die Zustimmung | |
des Europaparlaments – und dort sind die Gegner noch stärker als im | |
Ministerrat. Die Entscheidung im so genannten Trilog mit dem Parlament wird | |
am Montag erwartet. | |
Die USA dürfte dies indes nicht beeindrucken. Sie haben bereits mit | |
Sanktionen gegen alle Firmen gedroht, die sich an der Pipeline beteiligen. | |
Wenn US-Präsident Donald Trump ernst macht, wird man sehen, wie stark der | |
deutsch-französische Kompromiss wirklich ist. Merkel sprach am Freitag von | |
einem Erfolg, der ohne enge Zusammenarbeit mit Paris nicht möglich gewesen | |
wäre. | |
Das sieht man auch in Brüssel so. Nun muss die Gasrichtlinie noch eine | |
weitere Hürde nehmen: Sie braucht ein Ja des Europaparlaments – dort sind | |
die Gegner noch stärker als im Ministerrat. Die Entscheidung im sogenannten | |
Trilog soll am Montag fallen. | |
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der sich in der | |
Vergangenheit intensiv für die Realisierung von Nord Stream 2 eingesetzt | |
hatte, begrüßte die Entscheidung. „Es ist ein gutes Signal nicht nur für | |
den Gasstreit, den wir jetzt einer Lösung zuführen“, sagte er während einer | |
Reise durch Hessen. Es sei auch „ein gutes Signal auch für die | |
Handlungsfähigkeit der Europäischen Union insgesamt.“ Nordstream 2 sei | |
wichtig, um die Gasversorgung in Europa zu sichern, doch gleichzeitig | |
müssten auch die Bedenken von Ländern wie Polen und der Ukraine ernst | |
genommen werden, sagte Altmaier. „Das ist mit diesem Beschluss möglich.“ | |
8 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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