# taz.de -- Jüdisches Museum in Berlin: Grüne streiten über Jerusalem-Schau | |
> Nach scharfer Kritik von Volker Beck verteidigen Parteikollegen eine | |
> Ausstellung in Berlin. Auch die AfD schaltet sich in die Debatte ein. | |
Bild: Teilen die Kritik ihres Parteikollegen nicht: Roth und Nouripour am Freit… | |
Berlin taz | Bei den Grünen ist ein Streit über das Jüdischen Museum in | |
Berlin entbrannt. Nachdem der ehemalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck | |
scharfe Kritik an einer umstrittenen Jerusalem-Ausstellung geübt hatte, | |
verteidigten der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Omid | |
Nouripour, und Parteikollegin Claudia Roth das Museum. | |
„Ich kann die Kritik nicht nachvollziehen“, sagte die | |
Bundestags-Vizepräsidentin am Rande eines Besuchs des Museums am Freitag. | |
Sie sprach von einer „tollen Ausstellung“, die zum Nachdenken anrege. | |
Beck hatte die Ausstellung „Welcome to Jerusalem“ in der vergangenen Woche | |
[1][scharf kritisiert]. Er hob verschiedene Auslassungen hervor, die seines | |
Erachtens hätten berücksichtigt werden müssen. Die Schau sei | |
„geschichtsklitternd, unwahrhaftig und einseitig“, kritisierte Beck. | |
Hintergrund ist eine an die Bundesregierung gerichtete Beschwerde aus | |
Israel. In einem Papier, [2][über das die taz Anfang Dezember berichtete] | |
und das offenbar aus Kreisen des israelischen Regierungschefs Benjamin | |
Netanjahu kommt, wurde die Ausstellung dafür kritisiert, dass sie | |
„hauptsächlich die muslimisch-palästinensische Sichtweise“ wiedergebe. Dem | |
Museum wurden „antisraelische Aktivitäten“ vorgeworfen. | |
„Netanjahus Intervention ist daneben“, schrieb Beck zwar. Der Kritik an der | |
Ausstellung schloss sich der Politiker jedoch an. So würde etwa die | |
Vertreibung von Juden aus arabischen Staaten nach der Staatsgründung | |
Israels nicht erwähnt. Auch würden Verbindungen des ehemaligen Jerusalemer | |
Großmuftis zu deutschen Nationalsozialisten verschwiegen. | |
## Roth fordert Solidarität mit KünstlerInnen | |
„Wenn man sich selektiv bestimmte Dinge anguckt, dann sind bestimmte | |
Kritikpunkte berechtigt“, sagte Nouripour gegenüber der taz. „Aber wenn man | |
sich die Gesamtausstellung anschaut, teile ich die Kritik keineswegs.“ Er | |
verstehe die Kritik Becks einfach nicht. | |
Verwundert zeigte sich Nouripour darüber, dass Beck Konsequenzen fordere: | |
„Ich habe keinen Plan, was er damit meint, ich will’s auch gar nicht | |
wissen.“ Beck hatte geschrieben: „Die Entgleisungen […] müssen beim | |
künftigen Kuratieren für das Jüdische Museum Konsequenzen haben“. | |
Roth wies darauf hin, dass es bei der Beschwerde aus Israel um mehr gehe | |
als um die Jerusalem-Ausstellung in Berlin. Das Schreiben stelle einen | |
Versuch dar, den Druck, den die Netanjahu-Regierung auf Künstler und | |
Künstlerinnen in Israel ausübe, zu internationalisieren. Einer Intervention | |
wie der Netanjahus müsse man eine klare Position entgegensetzen, so Roth. | |
Sie hätte sich gewünscht, dass Beck sich mit den israelischen Künstlern und | |
Künstlerinnen solidarisiere, die sich gegen den Versuch der israelischen | |
Regierung ausgesprochen hatten, kritischen Diskurs einzuschränken. | |
In einem [3][Schreiben, das die taz veröffentlichte], hatten mehrere | |
Dutzend Kulturschaffende erklärt: „Wir lehnen die Versuche, die Freiheit | |
des kulturellen Ausdrucks einzuschränken, ab.“ Ziel dieser Kampagne sei es, | |
„den Spielraum des kritischen Denkens einzuschränken und, wenn möglich, | |
dieses zum Schweigen zu bringen.“ | |
## AfD fragt nach Antisemitismus | |
In die Debatte um die Jerusalem-Ausstellung hatte sich zuvor auch die AfD | |
eingeschaltet. In einer schriftlichen Anfrage wandte sich Beatrix von | |
Storch, Vize-Vorsitzende der Bundestagsfraktion, an Kulturstaatsministerin | |
Monika Grütters (CDU). Darin fragt sie, ob der Bundesregierung bekannt sei, | |
dass „das vom Bund finanzierte Jüdische Museum Veranstaltungen mit | |
Unterstützern der weltweiten BDS-Bewegung durchgeführt hat“. | |
Damit wiederholte die AfD-Politikerin Vorwürfe, die auch in dem Schreiben | |
aus Israel erhoben werden. Die BDS-Bewegung ruft zu einem Boykott Israels | |
auf. Sie ist in weiten Teilen israelfeindlich und gilt vor allem in | |
Deutschland als antisemitisch. Die Netanjahu-Regierung hat ihr offen den | |
Kampf angesagt, instrumentalisiert sie jedoch gleichzeitig, um generell | |
Kritiker der israelischen Regierung zum Schweigen zu bringen. | |
Auf die AfD-Anfrage antwortete die Kulturstaatsministerin, die dem | |
Stiftungsrat des Museums vorsitzt, sie lehne – wie auch das Jüdische Museum | |
– „eine Unterstützung der BDS-Bewegung kategorisch ab.“ Soweit sie wisse, | |
plane das Museum auch nicht, BDS-Unterstützern eine Bühne zu bieten. | |
Nachdem die israelische Zeitung Israel HaYom über das Thema | |
[4][berichtete], [5][verbreitete] der Antisemitismusbeauftragte der | |
Jüdischen Gemeinde zu Berlin den Bericht über Twitter und fasste ihn | |
dahingehend zusammen, dass das Museum in der Vergangenheit mit BDS | |
kooperiert habe, Grütters dies in Zukunft aber verhindern wolle. Auf Kritik | |
stieß, dass er nicht erwähnte, dass die Anfrage von der AfD kam. Dies war | |
allerdings auch in dem Zeitungsbericht nicht erwähnt. | |
## Museumsdirektor steht zu „Kritik an Israel“ | |
Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums, hat den Vorwurf, | |
BDS-Unterstützer zu hofieren, mehrfach zurückgewiesen. Die Behauptung, „wir | |
laden ständig solche Anhänger ein, ist falsch und unfair“, [6][sagte er] in | |
einem am Freitag in der Welt veröffentlichten Interview. „Allerdings lassen | |
wir Kritik an Israel zu.“ | |
Gegenüber der taz zeigte er sich verärgert über die Vorwürfe Volker Becks. | |
Über Einzelheiten wie die Verbindungen des Jerusalemer Großmuftis zu den | |
Nazis könne man diskutieren. Ein Missverständnis sei aber, dass „Welcome to | |
Jerusalem“ eine Ausstellung über Jerusalem als Hauptstadt Israels sei. Dies | |
sei nicht der Fall, Thema seien „die drei monotheistischen Religionen, die | |
sich in Jerusalem konzentrieren mit allen sich daraus ergebenden | |
Konflikten.“ Kritiker würden dies teilweise nicht begreifen wollen. | |
Einen weiteren Kritikpunkt Becks, das Museum stelle israelische Juden als | |
„Sonderlinge“ und „Freaks“ dar, wies Schäfer entschieden zurück. Beck… | |
kritisiert, dass die in der Ausstellung thematisierte „Bewegung zum Aufbau | |
eines dritten Tempels“ eine unbedeutende Minorität im Judentum sei. Schäfer | |
dagegen sieht in der Bewegung eine zwar kleine, aber immens einflussreiche | |
und gefährliche Gruppe. | |
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, | |
der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin habe | |
behauptet, „dass das Jüdische Museum in der Vergangenheit mit BDS | |
kooperiert habe.“ Dies ist nicht korrekt. Er hat lediglich einen | |
Zeitungsbericht dahingehend zusammengefasst. (04.02.2019, 15.45 Uhr) | |
2 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zeit.de/2019/05/juedisches-museum-berlin-jerusalem-ausstellung-… | |
[2] /Schreiben-liegt-der-taz-exklusiv-vor/!5553564 | |
[3] /Israels-Druck-auf-NGOs/!5561778 | |
[4] https://www.israelhayom.co.il/article/627561?fbclid=IwAR0g6gEYbmryPUv2Jb972… | |
[5] https://twitter.com/s_koenigsberg/status/1088926762090852352 | |
[6] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus188012767/Juedisches-Museum-Ber… | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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