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# taz.de -- IT-Pionierin Evelyn Berezin: Schneller als Apple und IBM
> Sie war eine der ersten Start-Upperinnen, Softwareunternehmerin noch vor
> Bill Gates und Wagniskapitalgeberin. Ein Nachruf.
Bild: Evelyn Berezin erkannte früh, dass Schreibmaschinen dieser Art keine Zuk…
Berlin taz | Evelyn Berezin hat zwar die Textverarbeitung erfunden, doch
sie war nicht nur die Erfinderin der Textverarbeitung. Diese Einordnung
würde in die Irre führen – schließlich war Tippen in den Sechzigerjahren
noch Frauenarbeit, und Berezin hat damals nicht etwa Software von Frauen
für Frauen hergestellt. Sie hat beispielsweise ein System zur
Waffensteuerung für das Pentagon entwickelt.
Zuvor hatte sie eines der ersten Buchungssysteme für Fluglinien
mitprogrammiert. Zu ihren Kunden gehörten Waffenschmieden, Großkonzerne und
Regierungen.
Die US-Amerikanerin war nach heutigen Kategorien erst eine Startupperin,
dann eine Softwareunternehmerin (und das eine Generation vor Bill Gates),
dann eine Wagniskapitalgeberin. Vergangene Woche ist die IT-Pionierin im
Alter von 93 Jahren an Krebs gestorben, wie ihre Familie jetzt bekannt
gegeben hat.
## Verschwendetes Talent
Berezin brachte neben scharfem Verstand von Anfang an auch Unternehmergeist
mit. Ende der Sechzigerjahre war die studierte Physikerin zu dem Schluss
gekommen, dass [1][ihre Talente als Computerentwicklerin in einem
Angestelltenverhältnis verschwendet sind]. Am Ende hatte nur ihr
Arbeitgeber an den Lizenzeinnahmen verdient. Auch der Aufstieg ins
Management war ihr verwehrt. Schließlich waren es die Sechzigerjahre, und
sie war eine Frau.
Also gründete sie ihr eigenes Startup, Redactron. Sie nutzte den Vorsprung
im Technikwissen, den sie von ihrem früheren Arbeitgeber mitbrachte: Sie
sah die Chancen, die der Wandel von riesigen, komplizierten Computern zu
kompakten Geräten auf Basis moderner Chips boten. Auf der Suche nach einem
Produkt für den Massenmarkt kam sie schnell auf die Idee der
Textverarbeitung. Mehr als ein Zwanzigstel der Angestellten in den USA
waren zu dieser Zeit Schreibkräfte oder Sekretärinnen. Wenn nur ein
Bruchteil davon von der Schreibmaschine auf Computer umstiege, wäre das
Geschäftspotenzial enorm.
Berezin kalkulierte genau richtig, doch auf dem Weg zum Erfolg musste sie
eine Reihe von Schwierigkeiten überwinden. Es gab die Computer noch nicht,
auf denen ihre Textverarbeitung laufen sollte, also entwickelte sie dafür
eigene Geräte und dafür wiederum eigene Chips. Genau genommen erfand sie
vor Apple und IBM so etwas wie einen Desktop-Rechner.
## Groß denken und pragmatisch handeln
„Die Bauform ist heute selbstverständlich, damals war sie neu“, erklärte
sie in einem ihrer letzten Interviews. Im Jahr 1971, nach nur anderthalb
Jahren Entwicklungszeit, brachte sie das System auf den Markt.
Ihr Unternehmen hatte nur neun Mitarbeiter, aber es dachte ganz groß und
vermarktete das neuartige Produkt weltweit nach allen Regeln der Kunst. Die
Produktvorstellung wurde zwar fast zur Katastrophe, da der Prototyp Funken
versprühte, statt zu rechnen: Es war ein Tag mit trockenem Wetter, und ihr
Ingenieur hatte ein hartnäckiges Problem mit statischer Elektrizität noch
nicht im Griff. Das Team kippte daraufhin so lange Wasser auf den Teppich,
bis die Raumluft feucht genug für die Data Secretary war, so lautete der
Handelsname.
Das Unternehmen verkaufte im ersten Jahr 770 Stück, was als Erfolg galt;
die Mitarbeitendenzahl stieg in den folgenden fünf Jahren auf 500. Berezin
war plötzlich die einzig wichtige Firmenchefin in den USA. Sie wurde zu
einer Wirtschaftsgröße und wechselte 1980 ins Geschäft mit
Wagniskapitalfinanzierungen für Technik-Firmen. Eines können die
Computerfirmen von heute immer noch von ihr lernen: Ihre Produkte galten
als extrem stabil. Sie fielen praktisch nie aus und stürzten nicht ab.
14 Dec 2018
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=3wOWHkX4ilA
## AUTOREN
Finn Mayer-Kuckuk
## TAGS
Evelyn Berezin
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