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# taz.de -- Regionalwahl in Andalusien: Königsmacher von rechtsaußen
> In Andalusien sind die Sozialisten stärkste Kraft, haben aber kaum mehr
> Aussicht auf eine Koalition. Gewinner des Abends waren die Ultrarechten.
Bild: Nacht der langen Gesichter: Susana Díaz wird wohl nicht weiterregieren
Madrid taz | Es war die Nacht der langen Gesichter. Erstmals seit 36 Jahren
verliert die sozialistische PSOE in Andalusien die Macht. Zwar ist die
Partei unter Führung von Susana Díaz auch weiterhin mit 27,9 Prozent und 33
der insgesamt 109 Sitzen im Regionalparlament die stärkste Kraft, doch hat
sie kaum mehr Möglichkeiten eine Regierungsmehrheit zu schmieden. Die drei
Rechtsparteien, die konservative Partido Popular (PP), die rechtsliberalen
Ciudadanos (Cs) und die ultrarechte VOX kommen gemeinsam auf 59 Sitze.
Großer Sieger des Abends ist VOX. Die Rechtsaußen-Formation erzielte 11
Prozent der Wählerstimmen und damit 12 Sitze und zieht erstmals in ein
spanisches Parlament ein. Mehr noch: VOX hat somit den Schlüssel zum
Regierungspalast in Sevilla in der Hand. Noch am Wahlabend feierten die
drei Rechtsparteien den „Wandel“ in Andalusien. „Wir werden die PSOE aus
der Regierung schmeißen“, jubelt Cs-Chef Albert Rivera. Der junge Anwalt,
der sich gerne als Liberaler bezeichnet, hat ebenso wenig Berührungsängste
mit VOX, wie die konservative PP.
Rivera fordert gar für seinen andalusischen Spitzenkandidaten Juan Marín
den Posten des künftigen Regierungschefs. Denn Cs haben ihren Stimmanteil
auf 18,3 Prozent verdoppelt und sitzen künftig mit 21 statt bisher 9
Abgeordnete im andalusischen Parlament. Zwar ist die PP weiterhin stärkste
Kraft auf der Rechten, musste allerdings deutlich federn lassen. Mit nur
noch 20,8 Prozent verlor sie sechs Punkte und hat nur noch 26 statt bisher
33 Sitze. Zu viele Korruptionsskandale haben sie überall in Spanien hinter
sich. Ein Teil der verlorenen Stimmen kamen Cs zugute, der Rest ging zu
VOX.
Doch damit alleine sind die 400.000 Stimmen für die rechtsradikale VOX
nicht zu erklären. Mit ihrem Diskurs gegen Korruption – die der PP aber vor
allem auch die der PSOE in Andalusien – ging sie auch bei denen auf
Stimmenfang, die einst PSOE unterstützten.
Die Sozialistin Díaz, die die vergangenen dreieinhalb Jahre mit
Unterstützung von Cs regierte, bis sie das Parlament vorzeitig auflöste,
konnte nicht mehr begeistern. Die Wahlbeteiligung lag mit 58,6 Prozent mehr
als fünf Punkte hinter der von 2015. In vielen Hochburgen der Sozialisten
fanden über zehn Prozent weniger den Weg zu den Urnen, als noch vor drei
ein halb Jahren.
## Vom Rand in die Mitte
2015 wählten die unzufriedenen sozialistischen Wähler noch die
linksalternative Podemos. Doch jetzt musste auch das neue Bündnis Adelante
Andalucia (AA) rund um Podemos und die postkommunistische Vereinigten Linke
(IU) Verluste von 5,5 Prozentpunkten und drei Sitzen hinnehmen. AA
summierte nicht, sondern verlor in der Wählergunst. Eine Entwicklung, die
auch auf spanienweiter Ebene zu beobachten war: Als 2015 Podemos und IU
getrennt bei den Wahlen zum spanischen Parlament antraten, erzielten sie
rund sechs Millionen Stimmen. Bei den erneuten Wahlen 2016 dann, gingen sie
gemeinsam als Unidos Podemos an den Start und verloren eine Million Wähler.
Der VOX-Gründer Santiago Abascal, der aus der PP stammt, verstand es in den
vergangenen Monaten seine Partei geschickt in Szene zu setzten. Alles
begann mit einer Großveranstaltung vergangenen Oktober in der überdachten
Stierkampfarena Vista Alegre in Madrid, die sonst die Parteikongresse von
Podemos beherbergt. Abascal nennt die PP, „feige Rechte“ und Cs, die in
Andalusien mit der PSOE und im Land Madrid und Murcia mit der PP
paktierten, „Wetterfähnchen“.
Er zeigt sich stolz auf die Franco-Diktatur, wettert gegen Immigranten,
Podemos und den Feminismus. Und er verteidigt wortgewaltig die Einheit
Spaniens gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens geht. Anstatt
auf Distanz zu gehen, streiten sich PP und Cs mit VOX darüber, wer härter
gegen die Abtrünnigen vorgehen will.
Dieser Diskurs, der bis vor wenigen Monaten eine völlige Randerscheinung in
Spanien war, ist mit den Andalusienwahlen in der Mitte der Gesellschaft
angelangt. Viele in Spanien schauen besorgt auf den bevorstehenden
Wahlzyklus. Ende Mai werden überall im Lande die Gemeindeverwaltungen und
ein Großteil der Regionalregierungen gewählt.
Am gleichen Tag finden die Europawahlen statt. Und der in Madrid in
Minderheit regierende Sozialist Pedro Sánchez wird die spanischen
Parlamentswahlen wohl vorziehen müssen, sollte er an der Haushaltsdebatte
scheitern. Und dies ist mehr als wahrscheinlich. VOX könnte damit in nur
wenigen Monaten flächendeckend vertreten sein.
3 Dec 2018
## AUTOREN
Reiner Wandler
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