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# taz.de -- CDU-Baupolitiker zur Mietenregulierung: „Ich bin kein Freund von …
> Die SPD hat Vorschläge für niedrige Mieten vorgestellt, die Union ist
> nicht überzeugt. Jan-Marco Luczak warnt, Vermietern das Leben unnötig zu
> erschweren.
Bild: Immer teuer: Wohnraum
taz: Herr Luczak, in der vergangenen Woche hat der Bundestag eine
[1][verschärfte Mietpreisbremse] beschlossen. Die SPD wollte das schon in
der letzten Legislaturperiode. Warum haben Sie jetzt erst zugestimmt?
Jan-Marco Luczak: Ich freue mich, dass wir am vergangenen Donnerstag einen
gewaltigen Schritt in Richtung mehr Mieterschutz getan haben. Schon ab
Januar gilt, dass Mieten nach Modernisierungen nicht mehr so stark steigen
dürfen, wodurch Mieter aus ihren Wohnungen verdrängt würden. Gerade mit
Blick auf Berlin war mir das besonders wichtig. Mit dem Mieterschutzgesetz
verschärfen wir auch die Mietpreisbremse und sorgen für mehr Transparenz
auf dem Wohnungsmarkt. Vermieter müssen dann über die Vormiete Auskunft
geben und Mieter können einfacher rügen und damit ihre Rechte durchsetzen.
Dafür habe ich mich persönlich schon in der letzten Wahlperiode eingesetzt.
Ich habe manchmal den Eindruck, die Union überlässt die Mietenfrage SPD,
Grünen und Linkspartei. Obwohl die CDU in den Großstädten ein Problem hat,
Wähler zu mobilisieren. Nimmt die CDU das Thema nicht ernst genug?
Leider entsteht manchmal in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass wir als
Union nicht auf der Seite der Mieter stehen. Aber der Eindruck ist falsch.
Uns ist sehr wichtig, dass Menschen, insbesondere junge Familien, nicht aus
ihren angestammten Kiezen verdrängt werden. Deshalb haben wir beim
Mieterschutzgesetz etwa durchgesetzt, dass schwarze Schafe unter den
Vermietern zukünftig mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht bestraft werden
können. Wir dulden nicht, wenn durch Modernisierungsmaßnahmen Mieter
bewusst und zielgerichtet aus ihren Wohnungen herausmodernisiert werden
sollen. Dafür gibt es zukünftig ein Bußgeld.
Sie sprechen öfter von „schwarzen Schafen“ unter den Vermietern. Das
erweckt den Eindruck, als ginge es nur um ein paar wenige Ausnahmen. Aber
viele Mieter haben inzwischen den Eindruck, als wären es ganze Konzerne,
die gezielt Modernisierungen nutzen, um die Mieten nach oben zu schrauben.
Die öffentliche Debatte ist sehr stark von Fällen krasser
Modernisierungsmieterhöhungen geprägt. Wir reagieren mit dem neuen
Mietrechtspaket darauf. Grundsätzlich sind Modernisierungen aber wichtig.
Die Bundesregierung hat sehr ehrgeizige Ziele, was den Klimaschutz
anbelangt. Dafür brauchen wir energetische Modernisierungen, weil gerade im
Gebäudebestand bezüglich CO2-Einsparungen ein riesiges Potenzial liegt. Die
Sanierungsquote liegt momentan etwas über einem Prozentpunkt. Wir brauchen
aber drei Prozent, um das Ziel zu erreichen. Außerdem brauchen wir den
altersgerechten Umbau von Wohnungen.
Das heißt konkret?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden.
2030 sind über 6 Millionen Menschen in unserem Land über 80 Jahre alt. Und
die benötigen dann etwa einen Fahrstuhl. Wir müssen also bezahlbares Wohnen
auf der einen und energetische und altersgerechte Modernisierungen auf der
anderen Seite in diese wichtigen gesamtgesellschaftlichen Ziele
zusammenbringen. Der Ausgleich ist nicht immer leicht.
Die SPD hat kurz vor den Wahlen in Hessen und Bayern ein 12-Punkte-Papier
mit sehr weitgehenden Forderungen zur Wohnungspolitik vorgelegt. Hat Sie
das überrascht?
Nein. Das war ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver. Es hat am Ende nicht
gefruchtet. Ich habe mich darüber geärgert, weil Union und SPD nur zwei
Tage vorher das neue Mietrechtspaket durchs Kabinett gebracht haben. Das
ist ein guter und ausgewogener Kompromiss zwischen den Interessen von
Vermietern und Mietern. Und wenn die SPD dann zwei Tage später aus
parteipolitischen Gründen etwas ganz anderes, viel weitergehendes fordert,
trägt das natürlich neuen Streit in ein solches Gesetzgebungsverfahren,
sodass zwischenzeitlich im Raum stand, ob wir es überhaupt schaffen, das
Ganze zum 1. Januar 2019 in Kraft treten zu lassen.
Redet die SPD mit Ihnen über die neuen Vorschläge?
Wir sind in Gesprächen.
Was sagen Sie zu den einzelnen Forderungen? Etwa zum Mietenstopp, mit dem
Mieten in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt fünf Jahre lang nur in
Höhe der Inflationsrate steigen dürften.
Ein Mietenstopp führt letztlich zu einem Investitionsstopp. Mir ist
wichtig, dass wir den Menschen keinen Sand in die Augen streuen. Schon bei
der Mietpreisbremse wurden unglaublich hohe Erwartungen geweckt, die nur
enttäuscht werden konnten. So etwas führt häufig dazu, dass Protest gewählt
wird. Deswegen bin ich für Realismus. Wir werden das Problem von steigenden
Mieten dauerhaft nur in den Griff bekommen, wenn wir mehr, schneller und
kostengünstiger bauen. Daher müssen wir aufpassen, dass wir bei den
Regelungen im Mietrecht nicht überziehen, also nicht die
Investitionsbedingungen so verschlechtern, dass am Ende niemand mehr
Wohnungen bauen will.
Die SPD will es auch erschweren, Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln.
Unterstützen Sie das?
Bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gibt es schon eine ganze
Reihe von Schutzvorschriften. In Berlin haben wir eine zehnjährige
Kündigungsschutzfrist, wenn Wohnungen umgewandelt werden. Trotzdem wird
relativ viel umgewandelt. Ein Grund dafür ist auch die Komplexität des
Mietrechts – für Mietwohnungen gibt es ein sehr enges Geflecht an
Vorschriften, die ein Vermieter einhalten muss. Deswegen ist es manchmal
für Vermieter einfacher zu sagen, ich wandle in Eigentum um. Deshalb müssen
wir genau darauf achten, dass wir nicht die vielen privaten Kleinvermieter
aus dem Vermietermarkt drängen, weil wir das Mietrecht für diese zu
kompliziert machen. Sie sind für den sozialen Ausgleich enorm wichtig.
Die SPD möchte auch Eigenbedarfskündigungen erschweren.
Die Rechtsprechung ist bei diesem Punkt bereits jetzt relativ streng. Der
Bundesgerichtshof hat eine sehr ausgefeilte Kasuistik entfaltet, unter
welchen Bedingungen Eigenbedarfskündigungen zulässig sind. Gerade in der
letzten Zeit gab es eine ganze Reihe von Urteilen, die deutlich gemacht
haben, dass etwa vorgetäuschter Eigenbedarf Schadenersatzansprüche auslöst
und sogar als Betrug strafbar sein kann. Deswegen tun wir als Politik auch
an dieser Stelle gut daran, unsere Politik nicht allein von extremen
Missbrauchsfällen abzuleiten.
Also keine Veränderung der jetzigen Rechtslage?
Die bestehenden Regelungen sind sehr streng, und das ist auch gut so. Auf
der anderen Seite müssen wir auch die berechtigten Interessen von
Eigentümern sehen, die vielleicht möchten, dass ihre Kinder in dieser
Wohnung wohnen, oder die sich die Wohnung einmal für das Alter zugelegt
haben und jetzt in Ruhestand gehen. Das muss auch zukünftig noch möglich
sein. Wenn wir die Regeln zu scharf machen, besteht die Gefahr, dass die
vielen privaten Kleinvermieter aus dem Markt gedrängt werden und nicht mehr
in Eigentum investieren. Dann haben wir am Ende noch viel weniger neue
Wohnungen.
In Berlin hat sich ein Bündnis gegründet, das inzwischen von Grünen und
Linkspartei unterstützt wird und den umstrittenen Immobilienkonzern
Deutsche Wohnen enteignen will. Beziehungsweise, um genau zu sein: jedes
Unternehmen, das mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin hat. Das finden Sie
vermutlich nicht gut?
Ich bin kein Freund von Enteignungen. Wir als Union nehmen Mieterinteressen
sehr ernst. Deswegen verändern wir jetzt das Mietrecht und geben den
Menschen mehr Rechte. Aber die Probleme auf dem Wohnungsmarkt über die
Enteignung von Privaten zu lösen, wird nicht gelingen. Im Gegenteil: Wir
brauchen den Schulterschluss mit den Privaten, weil wir mehr und günstigere
Wohnungen bauen müssen. Wenn wir den Privaten sagen, wir enteignen euch,
oder wenn wir verkünden, Hausbesetzungen seien ein legitimes Mittel, wie es
die Grünen und die Linke tun, senden wir die falschen Signale bezüglich
Planungssicherheit an Investoren. Das ist das Gegenteil von dem, was wir
tun sollten.
4 Dec 2018
## LINKS
[1] /Abstimmungen-im-Bundestag/!5554899
## AUTOREN
Martin Reeh
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