# taz.de -- Wahl in der Ostukraine: Der Schein von Normalität trügt | |
> In den sogenannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk haben die Bewohner | |
> abgestimmt. Das könnte das Ende des Krieges erschweren. | |
Bild: Wahl in Donezk: Offensichtlich keine Abstimmung mit den Füßen | |
Mariupol taz | Die nicht anerkannten ostukrainischen „Volksrepubliken“ | |
Lugansk und Donezk haben am Sonntag ein neues Parlament und neue | |
Republikchefs gewählt. Bereits um die Mittagszeit meldeten russische Medien | |
eine Wahlbeteiligung von über 40 Prozent. | |
Andreas Maurer, Fraktionschef der Linken im Stadtrat von Quakenbrück und | |
einer von über 40 Wahlbeobachtern aus 22 Ländern, hatte kurz vor Eröffnung | |
der Wahllokale in Lugansk berichtet, dass alle internationalen Standards | |
bei den Wahlen eingehalten würden, zitiert das den Separatisten | |
nahestehende [1][Internetportal lug-info.com ] den „Vertreter | |
Deutschlands“. | |
Doch der Schein von Normalität trügt. Tatsächlich dürften diese Wahlen ein | |
Ende des Krieges in weitere Ferne rücken lassen. Anfang 2015 hatten sich | |
Russland, die Ukraine und die OSZE im weißrussischen Minsk auf ein auch von | |
den Separatisten in Donezk und Lugansk unterzeichnetes 13-Punkte-Papier | |
geeinigt, das Wahlen in Donezk und Lugansk erst nach dem Beginn eines | |
Waffenstillstands vorsieht. Diese Wahlen, so die Vereinbarungen von Minsk, | |
müssen im Einklang mit der ukrainischen Gesetzgebung und unter Beobachtung | |
der OSZE durchgeführt werden. | |
Von einem funktionierenden Waffenstillstand ist die Ukraine indes weit | |
entfernt. Ende der Woche hatten zwei ukrainische Soldaten an der Front ihr | |
Leben verloren. Gleichzeitig berichtet das den Separatisten nahestehende | |
Internetportal rusvesna.su von elf Verletzungen des Waffenstillstands durch | |
die ukrainische Seite. | |
## Bis zu 15 Jahre Haft | |
In Erklärungen hatten die USA, Kanada, die EU und Deutschland die Wahlen im | |
Donbass verurteilt. Zuvor hatte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft | |
alle, die sich organisatorisch an den Wahlen beteiligen, gewarnt. Ihnen | |
drohten, so der Chef des Inlandsgeheimdienstes, Wassili Grizak, bis zu 15 | |
Jahren Haft. | |
In Kiew scheint man sich für diese Wahlen mehr zu interessieren als in dem | |
20 Kilometer vor der Front liegenden Mariupol. Sie habe erst vor ein paar | |
Tagen von diesen Wahlen erfahren, sagt die Antikorruptionsaktivistin Olena | |
Solotarjowa der taz. Viktor Grammatikow, Chef des städtischen Radiosenders | |
„Radio Priasowje“, pflichtet ihr bei. „Das sind doch keine Wahlen. Nichts | |
wird sich durch sie verändern. Hier wird von Moskau ernannten Politikern | |
ein Anstrich von Legitimität gegeben.“ | |
Andrei, ein 35-jähriger Maurer aus Donezk, hat sich am Wahlwochenende auf | |
den Weg nach Mariupol gemacht. „Wenn ich in Donezk geblieben wäre, müsste | |
ich Position beziehen. Wenn ich an den Wahlen nicht teilnehmen würde, hätte | |
ich dort Schwierigkeiten. Wenn ich aber an den Wahlen teilnehmen würde, | |
könnte ich mit den ukrainischen Behörden Probleme bekommen.“ Hier, in einem | |
Mariupoler Hotel, habe er ein wunderbares Alibi. | |
11 Nov 2018 | |
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[1] http://en.lug-info.com/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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