# taz.de -- Bombenanschlag in der Ukraine: „Es riecht nach Krieg“ | |
> Alexander Sachartschenko ist in der Ostukraine bei einer Bombenexplosion | |
> getötet worden. Er war Anführer der prorussischen Separatisten. | |
Bild: Alexander Sachartschenko im Jahr 2014 (Archivbild) | |
Kiew taz | Die Gedenkstunde für den kürzlich verstorbenen und aus Donezk | |
stammenden Sänger Josif Kobson war gut vorbereitet. Um 17 Uhr betraten | |
Alexander Sachartschenko, Präsident der nicht anerkannten „Volksrepublik | |
Donezk“, sein Stellvertreter, der Minister für Steuern und Einnahmen der | |
„Volksrepublik Donezk“, Alexander Timofejew und weitere Größen der | |
„Volksrepublik“ das Café „Separ“ am vergangenen Freitag im Herzen von | |
Donezk auf dem Puschkin-Prospekt. | |
Doch kaum hatten Sachartschenko und Timofejew das Café betreten, wurde von | |
einem Telefon ferngesteuert eine Bombe gezündet, die im Lüster an der Decke | |
des Cafés versteckt gewesen war. Sachartschenko und Timofejew wurden schwer | |
verletzt in ein Donezker Krankenhaus gebracht. Dort erlag Alexander | |
Sachartschenko wenig später seinen Verletzungen. | |
Die Ermittlungsbehörden von Donezk suchen vorrangig im Umfeld der Leibwache | |
den Mörder. Nur dieser Kreis habe gewusst, wo sich Sachartschenko aufhalte, | |
habe Zugang zu dem gut bewachten Café, das dem Chef der Leibwache gehört, | |
gehabt, schreibt die Zeitung Kommersant. Das Café sei ein beliebter | |
Treffpunkt der Größen der „Volksrepublik“. | |
Sofort nach dem Terroranschlag verhängten die Behörden der „Volksrepublik“ | |
das Ausnahmerecht, niemand durfte die Stadt verlassen. Auch die | |
Ausgangssperre wurde verschärft. Das Straßenbild prägten Panzer und | |
Bewaffnete. Eine kleine Gruppe „feindlicher Agenten“ wurde verhaftet. | |
Der aus Donezk stammende 42-jährige Geschäftsmann Alexander Sachartschenko | |
hatte sich sofort nach Beginn des Krieges in der Ostukraine 2014 den | |
bewaffneten Einheiten der Aufständischen angeschlossen. Seit August 2014 | |
stand er an der Spitze der „Volksrepublik Donezk“. Zwei Mal war auf ihn in | |
dieser Zeit ein Anschlag verübt worden. | |
## Reaktionen aus Kiew und Moskau | |
Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig die Urheberschaft des | |
Terroranschlages vor. Hinter der Explosion im Zentrum von Donezk steht das | |
„Kiewer Regime“, erklärte Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen | |
Außenministeriums. Demgegenüber wundert sich Marjana Beza, Sprecherin des | |
ukrainischen Außenministeriums, über die schnelle Reaktion des russischen | |
Außenministeriums. Dort wolle man sich offensichtlich „schützend vor die | |
eigenen Marionetten stellen“, so Beza. | |
„Alexander Wladimirowitsch war ein echter Führer des Volkes, er war mutig | |
und entscheidungsfreudig, ein Patriot des Donbass“, lobte Russlands | |
Präsident Putin den Ermordeten. „In einer schweren Zeit hat er sich | |
schützend vor sein Gebiet gestellt, große persönliche Verantwortung | |
übernommen,“ zitiert das ukrainische Internetportal segodnya.ua Putin. | |
Die ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko sieht in dem Mord | |
„die Unausweichlichkeit einer Bestrafung derer, die die Unabhängigkeit der | |
Ukraine angegriffen haben“. Gott sehe alles, schreibt sie auf Facebook. | |
„Menschen, die andere töten, Leben vernichten, die heilige Unabhängigkeit | |
verletzen, die Gebote Gottes verletzen, haben keine Zukunft, müssen einer | |
nach dem anderen bestraft werden.“ | |
## Dmitrij Trapesnikow übernimmt | |
„Das war der Start der Umsetzung des Planes von Innenminister Awakow zur | |
Deokkupierung des Donbass“ kommentiert Ilja Kiwa, Berater des ukrainischen | |
Innenministers Awakow, den Mord. | |
Michail Polynkow, Koordinator einer russischen Initiative zur Entsendung | |
von bewaffneten Freiwilligen in den Donbass, äußerte gegenüber dem | |
Kommersant die Auffassung, dass nicht nur Sachartschenko das Ziel der | |
Mörder gewesen sein könnte. Der bei dem Anschlag schwer verletzte Minister | |
für Steuern und Einnahmen der „Volksrepublik Donezk“, Timofejew, sei eine | |
sehr wichtige Figur in der „Volksrepublik“. Niemand in Donezk wisse besser | |
über die Geldflüsse Bescheid. | |
Inzwischen, so berichtet der Separatistensender Donezk Inside, ist Dmitrij | |
Trapesnikow zum neuen Chef der „Volksrepublik Donezk“ erklärt worden. Viel | |
ist über den neuen starken Mann von Donezk nicht bekannt. Er soll, so | |
berichten ukrainische Medien, einige Jahre bis zum Krieg Fanbeauftragter | |
des Fußballvereines Schachtar Donezk gewesen sein. Sofort nach Übernahme | |
seiner Amtsgeschäfte kündigte er einen Kurs in Richtung einer Vereinigung | |
mit Russland an. | |
„Es riecht nach Krieg“ kommentierte Hennadij Korban, 2014 und 2015 | |
stellvertretender Gouverneur der ostukrainischen Stadt Dnipro, den Anschlag | |
von Donezk. | |
1 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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