# taz.de -- Auftragsmord in Moskau: Tödliche Schüsse in Kopf und Brust | |
> Der ukrainische Politiker Ilja Kiwa ist in Moskau ermordet worden. Kurz | |
> vor Beginn des Angriffskrieges war er zu den Russen übergelaufen. | |
Bild: Mordopfer Ilja Kiwa, hier noch als Abgeordneter des ukrainischen Parlamen… | |
Mönchengladbach taz | Ilja Kiwa, einer der schillerndsten ukrainischen | |
Politiker, ist tot. Kiwa, der in dem Moskauer Hotel Velich Country Club | |
lebte, war, so berichtet das russische Portal lenta.ru, mit zwei gezielten | |
Schüssen in die Brust und in den Kopf ermordet worden. | |
Das Gelände des Hotels, so berichtet die russische Zeitung Iswestija, sei | |
ein sehr gut bewachtes Gebiet, in das man ohne Erlaubnis nur sehr schwer | |
eindringen könne. | |
Am Mittwochabend bestätigte Andrij Jussow, Sprecher des ukrainischen | |
Militärgeheimdienstes, den Tod des ehemaligen Abgeordneten. | |
Gleichzeitig appellierte er „an andere Kollaborateure, Verräter und | |
Kriegsverbrecher“: „Der sicherste Weg für Sie ist, sich in die Hände der | |
ukrainischen Justiz zu begeben, vor allem, wenn es bereits ein Urteil gibt. | |
Das wird Ihnen die Einhaltung Ihrer Rechte, Sicherheit und regelmäßige | |
Mahlzeiten garantieren, im Gegensatz zu einem gefährlichen Aufenthalt auf | |
dem Territorium des Aggressorstaates“, sagte er. | |
## Sonderoperation des ukrainischen Geheimdienstes | |
Der russische Dienst der BBC berichtet unter Berufung auf eine eigene | |
Quelle, die Ermordung Kiwas sei eine Sonderoperation des SBU gewesen. | |
Genauso wie der Berater des Chefs der Präsidialadministration, Michail | |
Podoljak betonte auch Jussow, dass eine gerechte Bestrafung „jeden | |
Verbrecher, Verräter und Kollaborateur einholen wird“, schreibt die | |
gazeta.ua. | |
Kiwa hatte sich 2014 [1][der Partei Rechter Sektor] angeschlossen und im | |
Donbass gegen die Separatisten gekämpft. 2015 und 2016 wurde er Beamter im | |
Innenministerium und Berater des damaligen Innenministers Arsen Awakow. In | |
dieser Zeit machte er immer wieder mit radikalen Forderungen von sich | |
reden. So wollte er die LGBTQ+-Bewegung als Terrororganisation verbieten | |
lassen und die Todesstrafe wieder einführen. | |
Nachdem er kurzzeitig Chef der Sozialistischen Partei war, trat er 2019 der | |
Partei Oppositionsplattform Für das Leben bei und wurde | |
Parlamentsabgeordneter. | |
Einen Monat vor der russischen Intervention im Februar 2022 verließ er die | |
Ukraine, ging nach Russland und unterstützte von dort aus die russische | |
Intervention in der Ukraine bei Auftritten im russischen Fernsehen. | |
Während im ukrainischen Internet die Reaktionen auf den Mord an Kiwa | |
überwiegend zustimmend sind, gibt es auch kritische Stimmen an einem | |
möglicherweise von der Ukraine in Auftrag gegebenen Mord. | |
## Gegen Lynchgerichte und Selbstjustiz | |
„Gibt es in der Ukraine die Todesstrafe? Nein, die gibt es nicht“, schreibt | |
eine Oksana Hluhen’ka auf Facebook. „Es gibt Gerichte. Und es gibt | |
terroristische Szenarien eines ‚Aufräumens‘. Lynchgerichte. Sie könnten d… | |
Nächste sein. Es gibt eine Gesellschaft, die über die Ermordung eines | |
Menschen lacht. (Ich rechtfertige damit keineswegs Kiwa, aber …).“ | |
Gleichzeitig warnt sie vor Reaktionen wie im russischen Netz. Dort sei der | |
Tod eines ukrainischen Mädchens in Tschernihiw am 19. August mit Smileys | |
kommentiert worden. Selbst die deutschen Verbrecher des Zweiten Weltkriegs | |
seien bei den Nürnberger Prozessen verurteilt worden. | |
Nein, hält ihr ein Artur Movchan entgegen. Verurteilen könne man | |
Kriegsverbrecher erst, wenn man den Krieg gewonnen und die Russen alle | |
Verräter ausgeliefert hätten. Jeder potenzielle Verräter, der von Russen | |
Geld für das Weitergeben von Informationen annehme, müsse wissen, dass man | |
in der Ukraine sein ganzes Leben auf ihn warten werde. Und auf die Russen | |
warte kein sicherer Hafen, sondern die Kugel. | |
## Weitere politische Morde | |
Unterdessen wurde ein weiterer tödlicher Anschlag bekannt. Ebenfalls am | |
Mittwoch kam Oleg Popow, Abgeordneter in der [2][„Volksrepublik“ Luhansk], | |
bei einem Anschlag ums Leben. | |
In den annektierten Gebieten der Ukraine werden immer wieder Attentate auf | |
von Russland ernannte Funktionäre verübt. Am 8. November wurde Michail | |
Filiponenko, Mitglied des russischen Regionalparlaments in Luhansk und | |
Ex-Chef der separatistischen Streitkräfte, bei einer Explosion getötet. | |
In der Nacht zum 27. Oktober wurde [3][Oleg Zarjow, Ex-Mitglied der | |
Werchowna Rada, der den russischen Angriff auf die Ukraine medial | |
unterstützt hatte], bei einem Attentat auf der Krim verwundet. Im September | |
wurde der Leiter des Zolldienstes der Region Luhansk, Jurij Afanassjewskyj, | |
bei einer Explosion in seinem Haus schwer verletzt. | |
7 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtsradikale-in-der-Ukraine/!5769181 | |
[2] /Russland-annektiert-ukrainische-Gebiete/!5882841 | |
[3] /Anna-Netrebko-spendet-fuer-Separatisten/!5026627 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Russland | |
Auftragsmord | |
Geheimdienst | |
Volksrepublik Lugansk | |
Donbass | |
Spanien | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Alexander Sachartschenko | |
Präsidentschaftswahl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ukrainischer Ex-Politiker ermordet: Tödliche Schüsse in Madrid | |
Andrij Portnow wurde vor einer Privatschule erschossen. Er war Berater des | |
früheren Präsidenten Wiktor Janukowytsch. Prorussisch zu sein, stritt er | |
ab. | |
Ermordeter Blogger in Russland: Kreml spricht von Terrortat | |
Nach dem Tod eines russischen Militärbloggers macht Moskau die Regierung in | |
Kyjiw verantwortlich. Inzwischen hat es zwei Festnahmen gegeben. | |
Bombenanschlag in der Ukraine: „Es riecht nach Krieg“ | |
Alexander Sachartschenko ist in der Ostukraine bei einer Bombenexplosion | |
getötet worden. Er war Anführer der prorussischen Separatisten. | |
Ukrainische Präsidentschaftswahlen: Der verprügelte Kandidat | |
Oleg Zarjow macht aus seiner Nähe zu Russland keinen Hehl. Nun wurde er in | |
Kiew von Radikalen krankenhausreif geschlagen. |