# taz.de -- Rechtsradikale in der Ukraine: Mit SS-Symbolen und Hitlergruß | |
> In Kiew sind Hunderte zum Gedenken an die Gründung der Waffen-SS-Division | |
> Galizien aufmarschiert. Kritiker sprechen von „Nazipropaganda“. | |
Bild: Mittwoch in Kiew: rechter Marsch zum Gedenken an die der Gründung der Wa… | |
BERLIN taz | Mehrere hundert Menschen sind am Mittwoch durch die | |
[1][ukrainische Hauptstadt Kiew] gezogen, um des 77-jährigen Jahrestages | |
der Gründung der Waffen-SS-Division Galizien am 28. April 1943 zu gedenken. | |
Mit SS-Symbolen, Flaggen der Ukraine, Blumen und Fahnen von | |
Freiwilligenverbänden zogen die Teilnehmer von der U-Bahn Station | |
Arsenalnoe zum Maidan. Für ihre Sicherheit sorgte die Polizei, die einen | |
Teil der Demonstrationsroute für den Verkehr gesperrt hatte. Dies berichtet | |
der Radiosender „hromadske.ua“. | |
Photos in ukrainischen Medien zeigen, wie Demonstrierende ihre Hand zum | |
Hitlergruß erheben. Der Marsch am Mittwoch war der erste seiner Art in | |
Kiew. In den vergangenen Jahren wurde nur im westukrainischen Galizien der | |
gleichnamigen Waffen-SS-Division gedacht. Die meisten Angehörigen dieser | |
Division, die auf Adolf Hitler einen Treueeid geschworen hatten, stammten | |
aus dem heutigen Lwiw (früher: Lemberg) in der Westukraine. | |
Veranstalter war die [2][rechtsradikale Organisation] „Golosiivska Kryivka“ | |
(Der Bunker von Golosiivsk). Daneben waren der „Rechte Sektor“, die Partei | |
„Swoboda“, die „Union der Veteranen des Krieges im Donbas“ und die | |
„Initiative Ukrainian Military Honor“ vertreten. Ziel der Veranstaltung war | |
es, so das Onlineportal Ukrainska Prawda unter Berufung auf die | |
Organisatoren, „die Erinnerung an Freiwillige zu ehren, die sich 1943 | |
hatten einberufen lassen, um eine Ausbildung und Waffen zu erhalten und um | |
eine Wiederholung der Stalinschen Schrecken von 1941 auf dem Gebiet der | |
Ukraine zu verhindern.“ | |
Doch den Veranstaltern geht es offensichtlich um etwas anderes. Auf ihrer | |
Facebook-Seite wird eine Ankündigung zum jüngsten Marsch von einem Video | |
flankiert, das einen Marsch dieser Waffen-SS-Galizien von 1943 in Lemberg | |
zeigt, Hakenkreuz-Fahnen und Hitlergruss inklusive. | |
## Auch kritische Worte | |
Die Kundgebung vom Mittwoch stößt nicht überall auf Zustimmung. | |
Parlamentssprecher Dmytro Rasumkow distanzierte sich von der | |
„Nazipropaganda“. In der Ukraine, so Rasumkow, gebe es keine Familie, die | |
nicht einen nahen Angehörigen in diesem Krieg verloren habe. „Die Ukraine | |
darf die SS-Truppen nicht populär machen. Und zur SS gehörte auch die | |
SS-Galizien,“ so der Politiker zum Portal strana.ua. | |
Die Journalistin Ekaterina Scharkich, die derzeit wegen einer | |
Covid-19-Erkrankung ihre Wohnung nicht verlassen kann, versteht nicht, dass | |
eine Veranstaltung von „Leuten, die Nazi-Deutschland, Judenvernichtung, | |
Folter, Konzentrationslager und die Eroberung fremder Gebiete unterstützen“ | |
möglich ist, während erst kürzlich eine antifaschistische Veranstaltung | |
wegen der Pandemie-Vorschriften verboten worden war. | |
Noch am Mittwochabend stellte Joel Lion, der israelische Botschafter in der | |
Ukraine, einen Tweet der deutschen Botschafterin Anka Feldhusen auf seinen | |
Twitter-Account. In ihrem Tweet hatte die Botschafterin daran erinnert, | |
dass sich die Waffen-SS an den schlimmsten Verbrechen des Holocaust | |
beteiligt hatte. Keine Freiwilligenorganisation, so die Botschafterin in | |
ihrem ukrainischsprachigen Tweet, die für die Ukraine kämpfe und arbeite, | |
dürfte sich mit der SS in Verbindung bringen lassen. | |
Auch in der Regierungspartei „Diener des Volkes“ gab es wütende Stimmen zu | |
der Kundgebung. „Ein Marsch zur Unterstützung der SS in einer Stadt, die | |
Babi Jar (am 29. und 30. September 1941 wurden dort mehr als 33.000 | |
jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet, Anm. d. Red.) durchlebt hat, | |
ist eine Verhöhnung der unschuldig Ermordeten, ein präzedenzloser Zynismus. | |
Das hat mit Patriotismus oder Kampf für Unabhängigkeit nichts zu tun“, | |
zitiert das Portal vesti.ua den Parlamentsabgeordneten Daniil Getmanzew. | |
## Junge Leute als Zielgruppe | |
Auffallend viele junge Menschen hatten sich an dieser Demonstration | |
beteiligt. Das scheint auch die Zielgruppe des Veranstalters zu sein. | |
Bisher war Golosiivska Kryivka vor allem durch die Organisation von | |
Festivals im Golosiivskij Park mit Rock- und Folkmusik, natürlich von | |
rechts, aufgefallen. | |
Beliebter Partner ist auch die Rockgruppe „Sokira Peruna“. Sie war mit | |
Aufnahmen eines Konzertes im Mai 2018 in die Schlagzeilen geraten, bei dem | |
Jugendliche Hakenkreuzfahnen geschwungen und den Hitlergruß gezeigt hatten. | |
29 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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