# taz.de -- Nationalismus in der Ukraine: Aufmarsch in Kiew | |
> Rund 3.000 Rechte versammeln sich in Kiew zu ihrer jährlichen Kundgebung. | |
> Eine ihrer Forderungen: Weg mit dem Waffenstillstand in der Ostukraine. | |
Bild: UPA-Marsch am 14. Oktober in Kiew | |
Kiew taz | Rund 3000 ukrainische Nationalisten und Rechtsradikale sind am | |
Mittwoch auf dem traditionellen „UPA-Marsch“ durch die Kiewer Innenstadt | |
marschiert. Anlass war der 78. Jahrestag der Gründung der UPA, der | |
ukrainischen Aufstandsarmee. Die UPA hatte während des Zweiten Weltkrieges | |
zeitweise mit Hitler-Deutschland zusammengearbeitet und die Polnische | |
Heimatarmee bekämpft. | |
Es waren vor allem junge Leute, oftmals unter 20 Jahren, die sich gegen 14 | |
Uhr auf den Weg zur Statue des ukrainischen Nationaldichters Taras | |
Schewtschenko im Schewtschenko-Park, direkt gegenüber der Universität, | |
gemacht hatten. Die Stimmung war euphorisch, aus Lautsprechern dröhnte | |
ukrainische Rockmusik. | |
Einige trugen Maske. Doch den in Corona-Zeiten üblichen Abstand wollte kaum | |
jemand einhalten.Überall waren Fahnen zu sehen – von der Partei Swoboda, | |
des [1][rechten Sektors], zahlreicher Freiwilligen-Bataillons und der | |
UPA-Armee. | |
Die Aufmärsche der ukrainischen Nationalisten finden seit 2005 jedes Jahr | |
am 14. Oktober statt. Dieses Mal war er vom „Rechten Sektor“, der | |
rechtsradikalen Partei „Swoboda“ und dem „Nationalen Chorps“ organisiert | |
worden. Erstmals mit dabei war auch die Gruppe „Nationaler Widerstand – | |
White Lives matter“, die „den Genozid an den Weißen stoppen will“. | |
## Konkrete Forderungen | |
Doch zum ersten Mal richteten die Veranstalter konkrete Forderungen an die | |
Regierung. Insbesondere sind die Nationalisten mit dem derzeitigen | |
[2][Waffenstillstand in der Ostukraine] nicht einverstanden. „Unsere | |
Hauptforderung ist es, den ukrainischen Militärs zu erlauben, mit der | |
ganzen Bandbreite der Möglichkeiten das Feuer des russischen Aggressors | |
beantworten zu dürfen.“ zitiert das Internet-Portal kp.ua den | |
Pressesprecher des Rechten Sektors, Artjom Skoropadskij. Außerdem, so | |
Skoropadskij, müssten „antiukrainische“ Medien und Parteien verboten | |
werden. Gleichzeitig will man ein Gesetz, das Kollaborateuren die Ausübung | |
öffentlicher Ämter verbietet. | |
Sollten sich die Nationalisten mit ihrer Kritik an der | |
Verhandlungsbereitschaft der Regierung und dem aktuellen Waffenstillstand | |
durchsetzen, wäre neues Blutvergießen an der Front die Folge. | |
Seit Anfang August wird an der Front in der Ostukraine kaum noch | |
geschossen. Am 12. Oktober hat die OSZE 15 Verletzungen des | |
Waffenstillstandes registriert. Ähnliche Zahlen liegen praktisch jeden Tag | |
seit Anfang August vor. 2019 hingegen, so die OSZE, sei der | |
Waffenstillstand pro Tag ungefähr 800 mal verletzt worden. | |
Der Aufmarsch der ukrainischen Nationalisten dürfte auch in Polen negative | |
Assoziationen wecken. Dort ist man irritiert über die Verehrung, die dem | |
Partisanenführer Stepan Bandera von der UPA in der Ukraine zuteil wird. Am | |
13. Oktober hatte der polnische Präsident Andrzej Duda die Ukraine nach | |
einem dreitägigen, ungewöhnlich langen, Besuch verlassen. | |
Polen macht die UPA für Morde an der polnischen Bevölkerung in Wolhynien | |
verantwortlich. Dabei waren zwischen 1942 und 1944 in Wolhynien zwischen | |
35.000 und 60.000 ethnische Polen ermordet worden. | |
14 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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