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# taz.de -- Pressefreiheit in der Ukraine: Jagd auf Journalisten
> Rechtsradikale verletzen einen Kameramann in Charkiw schwer. Örtliche
> Medienvertreter trauen den Ermittlungen nicht.
Bild: Eine Frau vor der gestürzten Statue des Rote-Armee-Generals Georgi Schuk…
Kiew taz | Vadim Makarjuk, Kameramann in der ostukrainischen Metropole
Charkiw, kämpft um sein Leben. Makarjuk hatte am Freitagabend auf dem Markt
Barabaschowo gefilmt. Dabei war er, so das ukrainische Internetportal
rbc.ua, von einem Dutzend Jugendlicher des rechtsradikalen „Nationalen
Corps“ überfallen worden. Diese hatten ihn gejagt, auf ihn geschossen und
den am Boden liegenden Kameramann mit Füßen getreten.
Auch der Charkiwer Journalist Alexander Kostenko spricht gegenüber der taz
von einer Beteiligung stadtbekannter Rechtsradikaler an der Jagd auf den
Journalisten. Kaum auf der Intensivstation eines Charkiwer Krankenhauses
angekommen, habe Makarjuk infolge innerer Blutungen einen hämorrhagischen
Schlaganfall erlitten, so die Menschenrechtsgruppe Charkiw. Die Täter
hatten es offensichtlich auf den Datenträger der Kamera abgesehen. Dieser
war bei dem Überfall entwendet worden.
Makarjuks Kollegen sind sich sicher, dass der Überfall in direktem
Zusammenhang mit dessen Arbeit als Journalist und Kameramann steht.
Makarjuks Aufgabe war es, einen Konflikt auf diesem Markt zu beleuchten. In
diesem Konflikt stehen sich einige Besitzer von Marktständen und die
Marktleitung feindlich gegenüber. Immer wieder mischt sich auch der
rechtsradikale „Nationale Corps“ in die Streitigkeiten ein.
Der Überfall auf Makarjuk, so die Journalistenvereinigung von Charkiw in
einem Schreiben, sei nicht der erste Gewaltakt in der Stadt gegen einen
Journalisten. So wurde im Juli 2017 das Auto des Chefredakteurs der Insider
News, Igor Rusin, in Brand gesteckt, im November 2018 hatte ein Mitglied
der Gruppe „Freicorps“ eine Journalistin von News One mit Gewalt an einer
Übertragung gehindert. Vor neun Jahren war der Chefredakteur der Zeitung
Neuer Stil, Wasili Klementjew, verschwunden. Wahrscheinlich wurde er
ermordet.
Charkiws Journalisten trauen den Ermittlungen der Polizei nicht. „Am
Sonntag hatte Vadim Makarjuk seinen 36. Geburtstag. Wir Journalisten haben
uns alle getroffen, ohne Vadim. Und wir haben beschlossen, gemeinsam durch
eigene Ermittlungen herauszufinden, was wirklich los war an diesem 9.
Juni“, sagt Alexander Kostenko. Inzwischen haben die Journalisten eine
eigene Telefonnummer eingerichtet, unter der sich Zeugen des Vorfalls rund
um die Uhr melden können. „Ich wünschte mir eine bessere Polizeiarbeit“, …
Kostenko weiter. Die Polizei habe sich sowohl zum Zeitpunkt der Tat als
auch danach sehr passiv verhalten. Immerhin habe eine Gruppe von über zehn
Menschen einen Journalisten gejagt, sogar auf ihn geschossen. Bei allen
Gewalttaten gegen Journalisten in der Stadt Charkiw, so Kostenko, könne die
Polizei kaum Ermittlungsergebnisse vorweisen.
## Kein Vertrauen in die Polizeiarbeit
Auch sein Kollege Dmytro Bulach hat kein Vertrauen in die Polizeiarbeit.
„Wenn wir es nicht schaffen, die richtigen Zeugen zu finden, wird die
Polizei die Sache im Sande verlaufen lassen“, sagt er. Der Journalist Taras
Tarasow glaubt, Makarjuk habe gewusst, welches Risiko er einging, als er
sich entschlossen habe, auf dem Markt zu filmen. Es sei klar gewesen, dass
seine Aufnahmen auch für strafrechtliche Ermittlungen benutzt werden
können. Und Wadims Einsatz auf dem Markt sei nicht der erste riskante
Auftrag gewesen, den er übernommen habe, so Tarasow.
In einer Presseerklärung weist die Polizei von Charkiw die Vorwürfe, sie
habe kaum etwas unternommen, zurück. Man habe eine eigene Sonderkommission
eingerichtet, über hundert Zeugen befragt und zahlreiche Gutachten
anfertigen lassen. Am gestrigen Montag habe man einen 26-jährigen
Verdächtigen festgenommen. Im Fall seiner Verurteilung müsse dieser mit
einer Haftstrafe von sieben Jahren rechnen.
Unterdessen hat Harlem Désir, OSZE-Beauftragter für die Freiheit der
Medien, den Überfall auf den Kameramann Vadim Makarjuk scharf verurteilt.
„Ich fordere die Behörden auf, alles zu tun, um die Täter ihrer gerechten
Strafe zuzuführen“, so Désir. [1][Anfang Mai] war der ukrainische
Enthüllungsjournalist Vadim Komarow in Tscherkassy überfallen worden. Er
liegt immer noch im Koma.
13 Jun 2019
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-der-Ukraine/!5589545
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Gewalt
Journalismus
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Ukraine-Konflikt
Feinde der Pressefreiheit
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