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# taz.de -- Ermordeter Blogger in Russland: Kreml spricht von Terrortat
> Nach dem Tod eines russischen Militärbloggers macht Moskau die Regierung
> in Kyjiw verantwortlich. Inzwischen hat es zwei Festnahmen gegeben.
Bild: Blumen für den Blogger: In Sankt Petersburg haben Menschen Blumen für T…
Berlin taz | Inzwischen ist ein spontanes Denkmal in der Nähe des Cafés
Street Bar, am Universitetskaya-Damm schräg gegenüber dem Kunstmuseum
Eremitage in Sankt Petersburg, entstanden. Rote Nelken und mehrere Porträts
des am Sonntagabend ermordeten Militärbloggers Wladlen Tatarski (richtiger
Name: Maxim Fomin) erinnern an das Attentat in diesem Restaurant. Der
Tatort bleibt weiträumig abgesperrt und die Ermittlungen laufen weiter,
nachdem zuerst eine 26-jährige Verdächtige, Daria Trepowa, festgenommen
wurde. Laut Behörden habe Trepowa Tatarski am Sonntag kurz nach 18 Uhr
(Ortszeit) eine kleine Statue überreicht, die anschließend explodierte. In
die Gipsfigur eingebettet seien mehr als 200 Gramm TNT gewesen. 32 Menschen
wurden verletzt.
Das russische Innenministerium veröffentlichte am Montag [1][ein Video] mit
einem Fragment des Verhörs. Trepowa gibt zwar zu, die Statuette getragen zu
haben, jedoch geht aus ihren Worten hervor, dass sie nichts vom Sprengstoff
wusste. Ihr Ehemann, Dmiti Rylow, der im Exil wohnt und Unterstützer des in
einer Strafkolonie inhaftierten russischen Oppositionellen Alexei Nawalny
ist, wird gesucht. In den sozialen Medien äußerte sich Rylow zur Festnahme
seiner Frau: Sie sei „reingelegt worden“. Beide sind bekannte
anti-Kriegsaktivist*innen. Eine zweite Festnahme erfolgte am
Montagnachmittag: der 27-jährige Dmitri Kasintsew, Freund von Trepowa und
Rylow.
Kremls Regierungssprecher Dmitri Peskow machte am Montag „das Kyjiwer
Regime“ für den Mord an Tatarski verantwortlich und bezeichnete die
Ermordung als “terroristischen Akt“. Das zentrale Ermittlungskomitee in
Moskau sei eingeschaltet worden. Laut der offiziellen russischen
Nachrichtenagentur RIA Novosti kündigte der Regionalgouverneur von Sankt
Petersburg, Alexander Beglow, Entschädigungen für die betroffenen Familien:
eine Million Rubel (umgerechnet 11.660 Euro) für die Familie von Tatarski,
500.000 Rubel für die Schwerverletzen und 250.000 Rubel für die übrigen
Opfer. Beglow ist bekannt für seine schwierige Beziehung zum Unternehmen
und [2][Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin]. Nachdem die Beamten in
Sankt Petersburg Prigoschin eine Genehmigung für eines seiner Geschäfte
verweigerten, beschuldigte er, der wegen seiner Gastronomie-Firma Konkord
auch als “Putins Koch“ bekannt ist, den Regionalgouverneur, “ukrainische
Nationalisten finanziell zu unterstützen“.
Das Restaurant, in dem am Sonntag der aus Donezk stammende 40-jährige
Militärblogger ermordet wurde, gehört ebenfalls zu Prigoschin und ist ein
Stammcafé russischer Nationalisten. Sein ehemaliger Schwiegersohn betrieb
das Geschäft, das sich circa 1,5 Kilometer von der Wohnung des russischen
Präsidenten Wladimir Putin befindet. Zusammen mit dem Blogger Tatarski
saßen am Sonntag andere kremlnahe Ultranationalisten, um über die
sogenannte “Spezialoperation“ im Rahmen des zweiwöchigen Stammtisches
“Cyber-Front“ zu diskutieren.
Der Militärblogger und regelmäßige Stammgast Tatarski hatte rund 563.000
Abonnenten [3][in seinem Telegram-Kanal] und 21.000 im russischen sozial
Netzwerk VKontakte. Ähnlich wie Prigoschin übte er aktiv und öffentlich
Kritik an der Führung der russischen Armee. 2019 zog er nach Moskau, wo er
seine sozialen Kanäle gründete. Davor, und nach dem Beginn des Krieges
2014, trat Tatarski in das Wostok-Bataillon der Separatistenmilizen im
östlichen Donbass ein. Als Putin am 30. September 2022 den Erlass über den
Anschluss der selbsternannten „Volksrepublik Donezk und Luhansk“ und der
Regionen Cherson und Saporischschja an Russland unterzeichnete, nahm der
Blogger an der Zeremonie teil. „Wir werden sie alle gewinnen, alle töten,
alle ausrauben“, sagte Tatarski.
Der Anschlag am Sonntag erinnert an die tödliche Explosion gegen Daria
Dugina, Tochter der ultranationalistischen Philosophen Alexander Dugin, im
vergangenen August. Dies geschah in Moskau ebenfalls während einer
Vorlesung über die Invasion der Ukraine. US-Geheimdienste gehen davon aus,
dass Teile der ukrainischen Regierung den Mordanschlag auf die russische
Kriegsunterstützerin Dugina genehmigt hatten.
3 Apr 2023
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=bV3Yp63wVv8
[2] /Wagner-Soeldnertruppe-in-der-Ukraine/!5908629
[3] https://t.me/vladlentatarsky
## AUTOREN
Gemma Teres Arilla
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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