# taz.de -- Bayrische Identitätsfindung: „Dass a Ruah is!“ | |
> Vor 100 Jahren wurde der Freistaat Bayern ausgerufen – dann ignoriert und | |
> instrumentalisiert. Aber was ist er wirklich? Begehung eines Mysteriums. | |
Bild: Baustelle Bayern: Um den Status Quo zu erhalten, nimmt man sogar eine Rev… | |
MÜNCHEN taz | Hier hat also alles angefangen. Luise Kinseher sitzt vor der | |
Bavaria und schaut hinunter auf die Theresienwiese. Da unten müssen sie | |
alle gestanden haben. „Das war schon eine wilde Zeit damals“, sagt | |
Kinseher, „eine Zeit im Aufbruch.“ Im Jahr 1918 meint Kinseher. Am 7. | |
November sind sie hier zusammengekommen, die Münchner. | |
Zehntausende sollen bei der Kundgebung gewesen sein. Der Krieg war | |
praktisch verloren, die Monarchie am Ende. Der Sozialist Kurt Eisner sprach | |
zu den Leuten, auch der Bauernführer Ludwig Gandorfer. Am Ende zog man | |
durch die Stadt, von Kaserne zu Kaserne, die Soldaten liefen über. Noch in | |
der Nacht rief Eisner die Republik aus: „Bayern ist fortan ein Freistaat.“ | |
Eisner wird sein erster Ministerpräsident. | |
Jetzt ist der Platz leer. Kein Oktoberfest, kein Frühlingsfest, kein | |
kreativer Weihnachtsmarkt, keine Revolution. Vereinzelt kreuzen Menschen | |
die riesige Brachfläche, eine Wiese, auf der kaum ein Grashalm wächst. In | |
der Ferne die Zwiebeln der Frauentürme. Und hinter uns: sie. Die Bavaria. | |
In Bronze gegossener Patriotismus. Namenscousine eines ganzen Landes. | |
Mit ihrem Alter Ego im Nacken sitzt da also die Luise Kinseher, | |
Kabarettistin, Schauspielerin, früher auch einmal Geschichtsstudentin im | |
Nebenfach und eben die Mama Bavaria vom Nockherberg, dieser | |
kabarettistischen Figur zum Starkbierfest. Prädestiniert also, Auskunft zu | |
geben über das Wesen des Freistaats Bayern, dieses obskuren Gebildes, das | |
an diesem Mittwoch 100 Jahre alt wird. | |
## Bayrisches Revolutionspotenzial | |
Acht Jahre lang hat Kinseher als Mama Bavaria das Treiben im Freistaat | |
genau beobachtet, um seine Repräsentanten einmal im Jahr sauber zu | |
derblecken. Sie kennt ihn, den Bayern, weiß, wie er so tickt, politisch | |
gesehen. Und? Taugt er zum Revolutionär? „Durch eine Revolution die Welt zu | |
verändern, das ist jetzt sicher nicht so sein Ansinnen“, meint die | |
Kabarettistin. „Aber was in der Mentalität des Bayern zur Revolution taugt, | |
das sind seine Rauflust und sein Dickschädel.“ Mei, etwas härter | |
hinzulangen, das ist eben bayerische Art. Das hat schon Max Streibl gesagt, | |
auch mal ein bayerischer Ministerpräsident. | |
„Das ist gar nicht so sehr bayerisch, sondern vor allem bäuerlich“, findet | |
Kinseher. „Die Bauern besitzen das Land, bestellen es und sorgen für die | |
Ernährung. Das gibt ein bestimmtes Selbstbewusstsein, aus dem auch eine | |
Obrigkeitsrenitenz kommt. Und dann denkt sich der Bauer: Da schiaß i hoid | |
amoi am Baron seine bleeden Hirsch ausm Woid aussa.“ | |
Mit der Obrigkeit und der Renitenz ist das beim Bayern freilich so eine | |
Sache. Dem Anarchismus frönt er genau so lange, wie er sich in Gesellschaft | |
gleichgesinnter Anarchisten, vulgo Bayern, wähnt. Gerhard Polt hat einmal | |
einen solchen im tiefsten Inneren revolutionären Bayern beschrieben: Nach | |
einem langen Lamento darüber, was alles schief läuft in diesem Land, kommt | |
dieser zu dem Schluss: „Ja Sakrament, da muss doch amal was passieren! Und | |
zwar revolutionär! Da ghört direkt a Revolution her! Und des is der Grund – | |
und drum wähl ich auch diesmal CSU.“ | |
Revolution – in Bayern, so scheint es, ist das mehr eine Spielart des | |
Grants. Und wenn nötig, macht die Regierungspartei dann halt das bisschen | |
Revolution auch gleich noch mit. Eine paradoxe Situation – weshalb die | |
wiederkehrend auftretenden Renitenzeruptionen dann gern, quasi in einer | |
Übersprungshandlung, nach außen dirigiert werden, auch gegen die | |
Bundespolitik. „Die da oben“ sind dann „die da oben in Berlin“. | |
Von „Berliner Verhältnissen“ spricht man heute gern in der CSU. Und es hö… | |
sich weit schlimmer, verächtlicher an als „Sodom und Gomorrha“. Kein | |
Wunder, dass sich ausgerechnet in ebendiesem Freistaat immer wieder | |
separatistische Neigungen regen. Während jedoch manche – allen voran die | |
Bayernpartei – die bayerische Autonomie ganz offen propagieren, weiß der | |
gemeine CSU-Politiker diese mittels kräftiger gen Berlin geschickter | |
Drohgebärden zu sublimieren. | |
Dabei ist die Bezeichnung Bayerns als Freistaat durchaus hilfreich – | |
irrtümlich lässt sich vermuten, der Freistaat sei ein freier Staat, frei | |
von anderen Mächten. „Das beruhigt so manchen Bayern“, sagt Kinseher, „w… | |
er sich mal wieder zu sehr der Bundesrepublik unterordnen muss.“ | |
Die Geschichte des Freistaatsbegriffes ist tatsächlich eine Geschichte von | |
Missverständnissen. Gibt man auf Literatursuche bei Amazon den Suchbegriff | |
„Freistaat“ ein, findet man recht schnell auch einen Fußabstreifer mit der | |
Aufschrift „Königreich Bayern“. Und blickt man über Bayerns Grenzen hinau… | |
stellt man fest, dass das Attribut außer Bayern ausgerechnet zwei neuen | |
Bundesländern anhaftet: Sachsen und Thüringen. Aber was haben Bayern, | |
Sachsen und Thüringen, was Hessen, das Saarland und Brandenburg nicht | |
haben? Dann gibt es noch in Kopenhagen den 1971 gegründeten Freistaat | |
Christiania – irgendwas zwischen Anarchoprojekt, Haschparadies und | |
Touristenattraktion. | |
## Was ist eigentlich ein Freistaat? | |
Orientierung bietet all das nicht. Ein Blick ins „Historische Lexikon | |
Bayerns“ scheint daher angebracht: Den Begriff des Freistaats, erfahren wir | |
da, findet man schon in Quellen von 1731. Damals bezeichnet er die vom | |
Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation unabhängige Schweizer | |
Eidgenossenschaft. Später wird er dann vor allem als Übersetzung der | |
„Republik“ im Gegensatz zur Staatsform der Monarchie benutzt. So auch, als | |
es 1918 heißt: „Bayern ist fortan ein Freistaat.“ | |
Als in den Zeitläuften der Weimarer Republik mit dem Scheitern seiner | |
Gründer auch der Freistaat selbst in Ungnade fällt, verschwindet der | |
Terminus erst einmal in der Versenkung, bis er erst viel später, nämlich in | |
den 1960er Jahren mit dem Erstarken der CSU eine bis heute andauernde | |
Renaissance erfährt. | |
In seiner zweiten Regierungserklärung als Ministerpräsident dozierte Markus | |
Söder, CSU-Mitglied wie alle bayerischen Regierungschefs seit 1957, neulich | |
über den einzigartigen Erfolg des Freistaats. Darauf folgte im Manuskript | |
der Satz: „Der Lateiner würde dazu sagen: ,Extra Bavariam non est vita'. In | |
Oberbayern heißt das: ,Mia san mia.‘“ | |
Die Passage ließ Söder dann aus, vielleicht fühlte er sich in der Rolle des | |
„Lateiners“ anders als sein großes Vorbild Franz Josef Strauß, der diesen | |
Satz regelmäßig bemüht haben soll, doch nicht ganz so wohl. „Extra Bavariam | |
non est vita, et si est vita, non est ita“, lautet die vollständige | |
Redewendung. Frei übersetzt: Außerhalb Bayerns gibt es kein Leben, und wenn | |
doch, dann keines, das den Namen verdient. Ein Spruch, der gern in Form von | |
bedruckten Bierkrügen und Kaffeetassen dargereicht wird. | |
Es verwundert nicht, dass auch Söder von diesem Motiv geleitet wird. Gilt | |
doch Bayern in der CSU gemeinhin als Vorstufe zum Paradies, wenn nicht gar | |
als Paradies selbst. Eine gewisse Abgrenzung vom allzu Irdischen, sprich | |
extrabavaresem Terrain, muss also sein. | |
## Mia san mia | |
Tatsächlich beschränkt sich für viele Bewohner dieses Paradieses die | |
Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Freistaat und dem ganzen Rest auf | |
diese drei Silben: Mia san mia. Eine Antwort, die vordergründig recht | |
einfältig erscheint: Sind nicht die Hessen auch Hessen? Oder gar die | |
Niedersachsen? Etwas Niedersächsischeres als die kann man sich ja nun | |
wirklich kaum vorstellen. Und doch sind es ausgerechnet die Bayern, die | |
sich immer wieder der eigenen Identität versichern und damit vertuschen | |
müssen, dass sie letztlich gar nicht so recht wissen, wer sie eigentlich | |
sind. Mia halt! | |
Für dieses Unwissen gibt es Gründe: Bayern war nach dem Abzug der Römer | |
erst mal ziemlich menschenleer, und erst später als andere deutsche Stämme | |
fanden sich die Bajuwaren zusammen – als eine Folge aus Einwanderung und | |
Vermischung verschiedenster Ethnien, also gerade dem, was der heutige | |
Klischee-Bayer als „Multikulti“ ablehnt, weil er dadurch seine Identität | |
bedroht sieht. | |
Für ihn hat der Leitsatz des „Mia san mia“ natürlich doch eine Aussage, d… | |
über die banale Gleichsetzung von unsereinem mit unsereinem hinausgeht. Und | |
die lautet: Ihr seid’s ned mia. Ihr seid’s die andern. Wenn ned gar die | |
ganz die andern. Mia san mia, das steht weniger für Selbstbewusstsein und | |
Souveränität als vielmehr für Abgrenzung, Arroganz und Angst. | |
„Die Bayern haben immerhin noch eine irgendwie gesellige und lustige Form | |
des Nationalismus“, räumt Luise Kinseher ein. „Weil sie wissen, allein | |
Abgrenzung nützt ihnen nichts: Dann kommt ja niemand mehr aufs Oktoberfest | |
und trinkt das ganze Bier z’amm. Der Nationalismus der Bayern ist | |
gemütlicher und nicht so bedrohlich wie der deutsche – aber im Prinzip ist | |
es dasselbe.“ | |
Was uns dem Wesen Bayerns aber dennoch nur einen kleinen Schritt näher | |
bringt. Definiere Bayern! Keine leichte Angelegenheit. Schließlich ist auch | |
das heutige Bayern noch ein ziemlicher Mischmasch. Und noch immer spielt | |
die Stammeszugehörigkeit hier keine geringe Rolle. So erklärt sich auch, | |
dass die Nürnberger Herkunft eines Markus Söder immer wieder Thema wird. | |
Der Ministerpräsident ist nämlich gar kein richtiger Bayer – zumindest, | |
wenn man die Richtigkeit eines Bayern nach altbayerischen Maßstäben | |
beurteilt. | |
Hier scheint ein kurzer stammeskundlicher Exkurs angebracht. Schließlich | |
besteht bei Menschen, die nicht das Privileg einer bayerischen Provenienz | |
haben, immer wieder Unverständnis darüber, welchen Sinn es haben soll, | |
zwischen solchen und solchen Bayern zu unterscheiden. Unterbayern, | |
Hinterfranken, Niederschwaben – ist doch alles dasselbe, denken sie: Liegt | |
in Deutschland, und die Leute dort klingen irgendwie österreichisch. | |
Nicht ganz. In Bayern (das von dem graecophilen König Ludwig I. eingeführte | |
„y“ signalisiert, dass vom politischen Bayern die Rede ist) leben vor allem | |
drei Volksgruppen: Altbayern, Franken und Schwaben. Diese Gruppen bevölkern | |
wiederum insgesamt sieben Regierungsbezirke: Oberbayern, Niederbayern und | |
die Oberpfalz bilden zusammen Altbayern. Dann gibt es noch Ober-, Mittel- | |
und Unterfranken sowie Schwaben. | |
Obwohl Altbayern das Kernland bildet, liegt die endgültige Einverleibung | |
der übrigen Gebiete schon fast 200 Jahre zurück, sodass in den Franken und | |
den Schwaben seit Generationen schon zwei Herzen schlagen: ein bayerisches | |
und ein fränkisches beziehungsweise schwäbisches. Die Altbayern wiederum | |
haben zwar keine doppelten Identitäten, betonen aber gern das Gewicht, das | |
dem bevölkerungsreichen und flächengrößten Bundesland zukommt – was sie | |
natürlich nur dank ihrer fränkischen und schwäbischen Landsleute sind. Die | |
Stärke der CSU war es stets, alle Landesteile gut zu integrieren – unter | |
strenger Beachtung des Proporz. | |
## König Max II. betrieb die Förderung von Volksmusik | |
Das Bemühen, die sehr unterschiedlichen Stämme zu einem gesamtbayerischen | |
Volk zu formen, gab es freilich schon vor der CSU. So wirkten vor allem die | |
Wittelsbacher identitätsstiftend. Mehr als 700 Jahre haben sie die | |
Geschicke des Landes geprägt, im 19. Jahrhundert war es zudem ein | |
besonderes Bestreben der Monarchen, ein kollektives Wir-Gefühl entstehen zu | |
lassen. König Max II. beispielsweise trieb die Förderung von Volksmusik, | |
Tracht und Brauchtum massiv voran. Altbayerische Insignien von Macht und | |
Volksnähe zugleich, auf die auch das heutige Establishment des Freistaats | |
zurückgreift. | |
Bestehen aber schon hinsichtlich eines fränkischen Ministerpräsidenten | |
Vorbehalte, wird die Angelegenheit bei den „Zuagroasten“ natürlich noch | |
schwieriger. Wann also ist ein Bayer ein Bayer? Gern wird gefordert, echte | |
Bayern müssten hier geboren und seit Generationen ansässig sein. Was | |
allerdings hieße, vielen Landsleuten wie etwa dem Schauspieler Jörg Hube | |
(geboren in Neuruppin), dem Politiker Edmund Stoiber (Mutter | |
Rheinländerin), dem Kabarettisten Ottfried Fischer (Vater Ostwestfale) oder | |
auch dem Multitalent Karl Valentin (Vater Hesse, Mutter Sächsin) die | |
bajuwarische Identität abzusprechen. Und wer war noch mal die Mutter von | |
Ludwig II., vom Kini? Richtig, Prinzessin Marie Friederike von – Preußen. | |
Zurück zum Freistaat. Spricht man mit einschlägig Interessierten, stößt man | |
zwangsläufig immer wieder auf ein Buch. Es ist schon fast 40 Jahre alt, von | |
Herbert Riehl-Heyse und heißt: „CSU – Die Partei, die das schöne Bayern | |
erfunden hat“. Die Formulierung bringt auf den Punkt, was viele – nicht nur | |
außerhalb Bayerns – fühlen, wenn nicht gar denken: dass Bayern und die CSU | |
ja letztlich doch irgendwie dasselbe sind. | |
Von jeher bedient die Partei sich ungeniert der Symbolik des Freistaats – | |
von weiß-blauen Rauten bis gut brüllenden Löwen. Berge, Seen, Flüsse … �… | |
heute an Bayern denkt“, so sprach auch Strauß einmal, „die Farbe Weiß-Blau | |
vor Augen hat, der denkt doch nicht an die SPD, das erscheint ja fast | |
widernatürlich. Der denkt automatisch, sozusagen als Impulsivreaktion, an | |
die Christlich-Soziale Union.“ Im modernen, weniger poetischen CSU-Sprech | |
heißt das dann: „Nur die CSU hat das Bayern-Gen.“ | |
Dreist kann man das finden – oder für geschicktes Politmarketing halten. | |
Die CSU ficht es ohnehin nicht an. | |
## CSU lässt ihren Markenkern schleifen | |
„Du hast ein bestimmtes Bild von Bayern“, sagt Luise Kinseher, „und | |
verbindest es sofort mit der CSU. Das stimmt aber nicht.“ In der Tat wird | |
der inoffizielle Alleinvertretungsanspruch der CSU zunehmend fraglich, wenn | |
wie bei der jetzigen Landtagswahl nur noch gut jeder vierte Wahlberechtigte | |
der Partei seine Stimme schenkt. Und während man früher die SPD nur aus | |
Opposition zur CSU heraus wählte, gibt es heute mit den Grünen erstmals | |
einen konstruktiven Gegenentwurf. | |
So erwies es sich als Fehler der CSU, in den vergangenen drei Jahren mehr | |
Angst zu schüren, als Sicherheit zu vermitteln. Davor hatte es die Partei | |
über lange Zeit noch meisterlich verstanden, sich einen Charakterzug der | |
Regierten zunutze zu machen: Denn eigentlich will der Bayer – wir | |
verbleiben der Einfachheit halber im Stereotyp – ja nur seine Ruhe haben. | |
Um in selbiger gelassen zu werden, verlässt er sich nicht selten auf die | |
Obrigkeit – mag dies auch angesichts seiner vermeintlichen | |
Widerspenstigkeit verwundern. | |
So passt auch dies zum Wesen des Bayern, dass er zwar noch heute den Räuber | |
Kneißl und den Wildschütz Jennerwein verehrt, zugleich aber der Hinweis auf | |
die niedrigste Kriminalitätsrate im Wahlkampf förderlich sein kann. Die | |
Sympathie gilt den Wilderern, Rebellen und Anarchisten, gewählt wird | |
dagegen der, der für Ruhe und eine sauber eingeschenkte Mass sorgt. | |
Der Verein gegen betrügerisches Einschenken kann bereits auf eine längere | |
Geschichte zurückblicken als der Freistaat Bayern, 1899 wurde er gegründet. | |
Am besten bringt die Widersprüchlichkeit wohl ein Satz von Oskar Maria Graf | |
aus den Revolutionsjahren zum Ausdruck, den wir der Klarheit wegen brutal | |
dem Zusammenhang entrissen haben: „Machn mir hoit a Revolution, dass a Ruah | |
is!“ | |
Je mehr die CSU in Bayern nun aber als Unruhestifterin und nicht als | |
Gemütlichkeitsgarantin wahrgenommen wird, desto mehr zeigt auch dieses | |
Bayern seine andere Seite. Denn auch das ist bayerische Dialektik: Bayern, | |
das ist zwar Umpftata, Dirndl und FC Bayern, das ist Kruzifix, | |
Neuschwanstein und Gewerbegebiet, und das sind Amigos, Hallodris und sogar | |
Franken. | |
Bayern, das ist aber auch die Lichterkette, Wackersdorf, der verstorbene | |
Grüne Sepp Daxenberger und „Münchner Geschichten“. Das ist Wilhelm Hoegne… | |
der einzige sozialdemokratische Ministerpräsident nach dem Krieg und | |
zugleich der Vater der Bayerischen Verfassung. Und nicht zuletzt ein | |
jüdischer Sozialist aus Berlin namens Kurt Eisner. Kurzum: Bayern ist ein | |
rechter Wolpertinger, der sich kaum beschreiben, geschweige denn fassen | |
lässt. | |
Und was das Leben außerhalb Bayerns angeht: Der Spruch, wonach es dieses | |
gar nicht gebe, dürfte im Übrigen eine billige Kopie sein. Der Münchner | |
Kunsthistoriker Thomas Raff fand diverse Hinweise darauf, dass die | |
Redensart andernorts schon viel früher gebräuchlich war. So steht über dem | |
Eingang zum Göttinger Ratskeller schon seit über 100 Jahren: „Extra | |
Gottingam non est vita …“ | |
Göttingen! Na, servus. | |
6 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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