# taz.de -- Kulturförderung in Niedersachsen: Doch nicht so wichtig | |
> Im Haushaltsentwurf der niedersächsischen Landesregierung ist von | |
> Investitionen für Theater keine Rede mehr. Kritiker sprechen von | |
> Wortbruch. | |
Bild: Blüten zu Hauf, aber echtes Geld bekommen Niedersachsens Theater nicht: … | |
Bremen taz | Tolle Verheißungen hatte der niedersächsische | |
Koalitionsvertrag im Bereich Kultur gemacht: „Das Investitionsprogramm für | |
kleine und mittlere Kultureinrichtungen und Museen soll erhöht werden“, | |
verspricht er. Auch „kommunale Theater“ – also die vier Stadttheater plus | |
die zwei Landesbühnen – wolle man „stärken, die Grundförderung erhöhen … | |
die Tarifsteigerung übernehmen“. Diese und die Soziokultur seien nämlich | |
„Garanten dafür, dass es kulturelle Vielfalt im Flächenland Niedersachsen | |
gibt“. | |
Letzteres ist wahr. Die ersten beiden Aussagen aber straft der erste | |
Haushaltsentwurf der großen Koalition Lügen. Denn statt das von der | |
Vorgängerregierung erfundene Investitionsprogramm besser auszustatten und | |
zu verstetigen, hat man es verschwinden lassen. Es sei ja „von Anfang an | |
nur für die Jahre 2017 und 2018 ausgeschrieben“ gewesen, informiert eine | |
Sprecherin von Kulturminister Thümler, und über eine Neuauflage werde erst | |
„nach Abschluss der Kulturkonferenzen entschieden“ – ganz anders als es in | |
der Regierungsvereinbarung heißt. Der gravierendere Posten beinhaltet | |
freilich die Mittel für die kommunalen Theater. | |
Hier hatte man sich mit dem Minister nach übereinstimmender Auskunft der | |
Theaterträger mündlich sogar auf eine Erhöhung der Grundförderung um sechs | |
Millionen verständigt: klar weniger als der angemeldete Mehrbedarf von neun | |
Millionen Euro, aber doch eine Größenordnung, mit der sich arbeiten ließe. | |
Übrig geblieben ist davon im aktuellen Etat-Entwurf: nix. Gerade mal die | |
Tarifsteigerungen werden übernommen. „Wenn es dabei bleibt“, sagt | |
Osnabrücks hauptamtlicher Stadtrat Wolfgang Beckermann, „dann käme das | |
einem Wortbruch gleich.“ | |
„Den Vorwurf des Wortbruchs weisen wir in aller Entschiedenheit zurück“, | |
sagt eine Sprecherin des Kulturministers auf Nachfrage. „Es hat keine | |
verbindlichen Zusagen gegeben“, und in einem Protokoll sei ausdrücklich | |
vermerkt, dass Thümler auf die Schwierigkeiten, diesen Punkt umzusetzen, | |
hingewiesen habe. „Haushaltsgesetzgeber ist nun mal der Landtag.“ Wahr sei | |
allerdings, „dass das Ministerium den Bedarf von zusätzlichen sechs | |
Millionen ganz regulär beim Finanzministerium angemeldet – aber mit Verweis | |
auf die Rahmenbedingungen nicht bewilligt bekommen hat.“ | |
Die Ensembles und Beschäftigten der Bühnen sind sauer: Dass es nun nicht | |
einmal klar ist, wie es ab 2019 am Theater weitergeht, „macht uns | |
sprachlos“, teilen die Künstler*innen der in Wilhelmshaven angesiedelten | |
Landesbühne Nord mit, die in Lüneburg erinnern daran, dass „Theater Teil | |
der Demokratie“ sei, die es zu schützen gelte. Und der kaufmännische | |
Direktor der Städtischen Bühnen Osnabrück, Matthias Köhn, prognostiziert, | |
dass, bleibe es bei diesen Haushaltsplänen, diese „zwangsläufig einen | |
Stellen- und damit Angebotsabbau nach sich ziehen“ würden. | |
Auch die Kommunalverwaltungen ärgern sich. Die Stadt könne zur Kompensation | |
der Finanzlücke „keine Maßnahmen ergreifen“, stellt Göttingens | |
Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler klar. „Die Nichtaufnahme der | |
vereinbarten sechs Millionen Euro in den Haushaltsentwurf trifft das | |
Deutsche Theater (DT) hart“, warnt er. Das könne einen solchen Fehlbetrag | |
nur durch Einsparungen etwa bei der Theaterpädagogik oder den Gehältern der | |
Künstler*innen ausgleichen. „Das Land darf die kommunalen Theater wie auch | |
die kleinen und mittleren Kultureinrichtungen nicht im Stich lassen.“ | |
In Lüneburg hat sich sogar der Kreistag in die Debatte eingeschaltet: | |
„Keine Kulturwüste in Niedersachsen“ heißt eine am 24. September von allen | |
im Gremium vertretenen demokratischen Parteien verabschiedete Resolution, | |
mit der man ausdrücklich die Aktion #rettedeintheater unterstützen will, | |
die von der Belegschaft des DT in Göttingen Anfang September gestartet | |
wurde – und die bereits über 5.500 Zeichner*innen gefunden hat. „In | |
Theatern“, so heißt es zur Begründung, könnten „wie nirgendwo sonst | |
konträre Ansätze, Aussagen und Ausdrucksformen nebeneinander existieren, | |
„ohne dass man sich deswegen die Fresse einschlägt“. | |
„Niedersachsen ist bei der kulturellen Förderung an drittletzter Stelle bei | |
den öffentlichen Ausgaben für Kultur“, erinnert der Lüneburger Kreistag | |
darin. Und verweist darauf, dass auch finanziell stärker gebeutelte | |
Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern ihre | |
Theatermittel in den vergangenen Jahren nachhaltig erhöht haben: „Dasselbe | |
wünschen wir uns für Niedersachsen!“, fordern die Kreistagsmitglieder. | |
„Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum es dem Minister in keinem Punkt | |
gelungen ist, die finanziellen Versprechungen durchzusetzen – trotz | |
Mehreinnahmen“, rügt die Grüne Kulturpolitikerin Eva Viehoff die | |
Entwicklung. „Hier sind ganz klar die Wahlversprechen gebrochen“, sagt sie. | |
Es gehe in diesem Konflikt „um unsere Kultur insgesamt“: Es gelte die Idee | |
einer Vielfalt gegen die reaktionären Bestrebungen zu einer | |
nationalistisch-völkischen Kunstauffassung zu verteidigen. „Gerade Theater | |
sind Orte, die Vielfalt leben und ermöglichen.“ Dafür aber „brauchen sie | |
Gelder und Freiheiten“. | |
8 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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