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# taz.de -- Türkischer Staatspräsident in Köln: Hinterzimmer statt Schlossem…
> Unter Ausschluss der deutschen Öffentlichkeit hat Recep Tayyip Erdoğan
> eine der größten Moscheen Europas eröffnet.
Bild: Hauswand unweit der Ditib-Moschee: „Erdogan not welcome, Solidarität m…
Köln taz | Hubschrauber in der Luft, Scharfschützen auf den Dächern: Unter
massivem Polizeischutz hat der türkische [1][Staatspräsident Recep Tayyip
Erdoğan] am Samstagnachmittag die neue Kölner Zentralmoschee offiziell
eröffnet. Obwohl die Stadtverwaltung eine Feier unmittelbar vor dem
Gotteshaus im Stadtteil Ehrenfeld aus Sicherheitsbedenken untersagt hatte,
standen tausende Anhänger Erdoğans an den Zufahrtsstraßen Spalier. Immer
wieder skandierten sie den Namen des Politikers oder Slogans wie „Türkiye
vatan“ – also „Heimat Türkei“. Auch zeigten sie das Rabia-Zeichen der
ägyptischen Muslimbrüder und den Wolfsgruß der türkischen Rechtsextremen.
Gegen den Autokraten protestierten dagegen weniger Menschen als erwartet.
Zu einer „Erdoğan not welcome“-Demonstration im linksrheinischen Deutz
kamen etwa 1.500 DemonstrantInnen – gerechnet hatte man mit etwa 5.000. Bei
einer von alevitischen Gemeinden organisierten Kundgebung versammelten sich
weniger als 1.000 GegnerInnen des türkischen Staatschefs. Auch hier hatten
die Organisatoren mit mehr Menschen gerechnet, und im Vorfeld auf 3.000
TeilnehmerInnen gehofft.
„Solidarität heißt Widerstand“, rufen die DemonstrantInnen auf der „Erd…
not welcome“-Demo. Am offenen Mikrofon erinnerten sie an „70.000
Festgenommene in der Türkei“, an [2][„160 inhaftierte Journalisten“], an
den über [3][ein Jahr lang festgehaltenen Welt-Korrespondenten Deniz
Yücel].
Der türkische Präsident musste auf die Unterstützung von PolitikerInnen aus
Deutschland verzichten – bei der offiziellen Eröffnungsfeier der Moschee,
die als eine der größten in Europa gilt und faktisch bereits seit etwa
einem Jahr genutzt wird, waren weder der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen
noch die Stadt Köln vertreten. Grund dafür war die wenig professionelle
Kommunikation der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“
(Ditib), die Bauherr der Moschee ist. Ditib ist von der staatlichen
türkischen Religionsbehörde (Diyanet) finanziell abhängig und untersteht
Erdoğan.
## Unklare Kommunikationspolitik der Ditib
Offenbar ohne Rücksprache hatte der Moscheebetreiber Mitte September
verkündet, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) werde
bei der Eröffnung des Gotteshauses dabei sein – Laschets Staatskanzlei
dementierte allerdings prompt. Zugestanden wurde dem türkischen
Staatspräsidenten nur ein Gespräch auf dem militärischen Teil des
Flughafens Köln/Bonn, nachdem die Eigentümer des an die Universität Köln
vermieteten Schlosses Wahn ein Treffen vor historischer Kulisse verhindert
hatten – einen Besuch des Autokraten auf ihrem Besitz lehnten sie „aus
politischer Überzeugung“ ab.
Im [4][Interview mit der taz am Wochenende hatte Nordrhein-Westfalens
Regierungschef] schon zuvor gefordert, Ditib müsse sich auf auf „eine
theologische, seelsorgerische Arbeit konzentrieren, nicht Politik machen“.
Werbung für eine türkische Bestzung Syriens oder eine Beobachtung von
Anhängern der Gülen-Bewegung in Deutschland sei inakzeptabel – und das
werde er Erdoğan auch deutlich machen, sagte Laschet.
Nicht zu der Eröffnung erschien auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette
Reker. Selbst zwei Tage vor der Eröffnung sei die Rolle der Stadt bei den
Feierlichkeiten völlig unklar, hatte die parteilose Politikerin am
Donnerstag im Stadtrat über das Organisations- und Kommunikationschaos der
Ditib geklagt. Zuvor hatte Reker deutlich gemacht, in der Moschee auch
reden zu wollen. Doch Ditib fürchtete offenbar Forderungen nach einer
liberalen, toleranten, weltoffenen Interpretation des Islam, ebenso wie
Kritik an der Politik Erdoğans und fehlender Demokratie in der Türkei: „Das
Handeln der türkischen Regierung verletzt täglich die Menschenrechte“,
heißt es in einer Resolution, die das Kölner Stadtparlament beschlossen
hat.
## Erdogan Mitarbeiter kritisieren deutsche Absagen
Mangelhafte Kommunikation war auch Grund für das Verbot einer Feier
tausender Erdoğan-AnhängerInnen direkt vor der Moschee, zu der Ditib auf
Facebook aufgerufen hatte und zu der bis zu 25.000 Menschen erwartet
wurden. Dazu fehle allerdings jedes belastbare Sicherheitskonzept, dass
etwa ausreichend Fluchtwege vorsehe, argumentierte Oberbürgermeisterin
Reker ebenso wie Polizeipräsident Uwe Jacob. Präsentieren durfte sich der
türkische Staatschef deshalb nur auf dem unmittelbaren Moscheegelände
selbst vor rund 500 geladenen Gästen. Seine AnhängerInnen kamen trotzdem,
blieben aber außer Sichtweite.
Grund für das [5][Chaos bei Ditib] sei, dass der Moscheebetreiber offenbar
selbst von Erdoğans Besuchswunsch überrascht worden sei, urteilen
Beobachter wie der WDR-Journalist Erkan Arikan. Doch was die türkische
Regierung genau wünschte, sei offenbar unklar geblieben. Ein Mitarbeiter
des Staatschefs kritisierte dagegen die Absage eines großen Straßenfestes
tausender AKP-AnhängerInnen durch Stadt und Polizei.
Das sei „unschön“, sagte der Erdoğan-Vertraute Mustafa Yeneroglu:
Schließlich kritisiere die deutsche Seite „die Türkei ständig wegen
Beschneidung der Versammlungsfreiheit und anderem“. AnwohnerInnen aus
umliegenden Häusern versuchten, die etwa anderthalbstündigen Festreden mit
kölscher Musik zu übertönen. An einem Fenster gegenüber der Moschee hing
ein Plakat, das verkündete: „Dictators not welcome.“
29 Sep 2018
## LINKS
[1] /Erdoan-auf-Deutschland-Besuch/!5538980
[2] https://gazete.taz.de/article/?article=!5539186
[3] /Deniz-Yuecel-ueber-die-Haft-und-die-Tuerkei/!5492150
[4] /Armin-Laschet-zu-Hambach-und-Erdoan/!5536484
[5] /Umstrittener-Moscheeverband/!5537360
## AUTOREN
Andreas Wyputta
Anett Selle
## TAGS
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