# taz.de -- Meşale Tolu über Staatsempfang: „Erdoğan sollte sich zu Hause … | |
> Nach seinem Besuch in Deutschland ist der türkische Präsident wieder | |
> abgereist. Die Journalistin Meşale Tolu, die monatelang in der Türkei in | |
> Haft saß, zieht Bilanz. | |
Bild: Umstrittener Staatsgast: Erdoğan am Samstag in Köln | |
Frau Tolu, Sie haben versprochen, Sprachrohr derjenigen zu sein, die | |
weiterhin aus politischen Gründen in der Türkei in Haft sind. Was sagen Sie | |
nach dem [1][Staatsbesuchs Erdoğans] in Deutschland? | |
Die Kanzlerin und der Bundespräsident haben ihre Differenzen mit Erdoğan | |
zur Sprache gebracht. Das ist erfreulich. Trotzdem: Zu mehr als zwei | |
Dritteln ging es in der [2][Pressekonferenz am Freitag] um gemeinsame Werte | |
und Interessen. Ich als eine, die in der Türkei im Gefängnis saß, sehe | |
keine gemeinsamen Werte. Die Türkei hat sich von den Werten der EU und des | |
Westens entfernt. Wir müssen über inhaftierte Journalisten sprechen, über | |
zu Unrecht geführte Prozesse, über [3][die Samstagsmütter]. All das bewegt | |
die Opposition. | |
Wurde dem türkischen Präsidenten tatsächlich wie befürchtet der rote | |
Teppich ausgerollt? | |
Der Teppich wurde ausgerollt, am Flughafen und vor dem Schloss Bellevue. | |
Diese Bilder sind für Erdoğan sehr wichtig. Ob er auch symbolisch | |
ausgerollt wurde, lässt sich noch nicht sagen. Ob hinter geschlossenen | |
Türen wirtschaftliche Abmachungen getroffen wurden, werden wir erst noch | |
erfahren. Dann erst wird der wahre Inhalt dieses Besuchs ans Licht kommen. | |
Die [4][Proteste gegen Erdoğan] fielen kleiner aus als erwartet. Wie kommt | |
das? | |
Die Proteste waren nicht so groß, wie wir uns erhofft hatten. Die | |
Bundesregierung hatte viele Orte abgeriegelt, die Menschen sind teilweise | |
gar nicht durchgekommen. | |
Erdoğans Anhänger haben allerdings erfolgreich mobilisiert. | |
Die, die für Erdoğan schwärmen, sind frei durchgekommen. Alle anderen | |
nicht. Mir hat aber die Aktion in der Pressekonferenz gefallen, auch wenn | |
der Journalist Adil Yiğit [5][vom BKA rausgeschmissen] wurde. Er hatte nur | |
ein T-Shirt an, auf dem „Pressefreiheit für Journalisten in der Türkei“ | |
stand. Ich hätte mir gewünscht, dass sich die anwesenden deutschen | |
Journalisten mit ihm solidarisieren. Hätte das BKA nicht eingegriffen, | |
hätten wir das Signal gesendet: Hier können Journalisten ihre Meinung | |
sagen. Stattdessen haben die Sicherheitskräfte ihn abgeführt – vor den | |
Augen des Verantwortlichen, der in der Türkei etliche Journalisten | |
inhaftiert hat. Erdoğan sollte sich wie zu Hause fühlen. | |
Nach mehrmonatiger Haft und Ausreisesperre konnten Sie die Türkei im August | |
verlassen. Das wurde von Beobachtern als Versuch der Annäherung an | |
Deutschland und die EU gewertet. Ist der Staatsbesuch die logische | |
Fortsetzung dieser Entwicklung? | |
Ich denke nicht. Erdoğan hat in der Pressekonferenz gesagt: ‚Ihr wolltet | |
von uns ein paar Journalisten. Die haben wir Euch gegeben.‘ Aber es ist | |
anders: Während ich und einige andere freigelassen wurden und ausreisen | |
durften, sind andere in Haft gekommen. Adil Demirci ist nach meiner | |
Freilassung verhaftet worden. Max Zirngast, der österreichische Journalist, | |
ist nach mir in Haft gekommen. Ein Deutscher hat eine Haftstrafe von fast | |
neun Jahren bekommen. Würde die Bundesregierung die Augen öffnen, würde sie | |
feststellen: Eigentlich sind wir nicht im Plus, sondern im Minus. | |
Wie geht es jetzt mit Ihnen weiter? Werden Sie zum Gerichtstermin am 16. | |
Oktober in die Türkei reisen? | |
Meine Anwälte werden das jetzt nach dem Erdoğan-Besuch abwägen. Der | |
Journalist Can Dündar wurde ja von Erdoğan sehr persönlich angegriffen, das | |
ist kein gutes Zeichen. Aber ich würde gern zurückfahren, auch weil mein | |
Mann Suat Çorlu weiter in der Türkei festgehalten wird. Ich will mich für | |
seine Ausreise einsetzen. | |
30 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Tuerkischer-Staatspraesident-in-Koeln/!5539253 | |
[2] /Erdoan-Besuch-in-Berlin/!5536416 | |
[3] /Samstagsmuetter-streiken-zum-700-Mal/!5530327 | |
[4] /Tuerkischer-Staatspraesident-in-Koeln/!5539253 | |
[5] /Erdoan-Besuch-in-Berlin/!5536416 | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Türkei | |
Opposition in der Türkei | |
Türkei | |
Pressefreiheit in der Türkei | |
Mesale Tolu | |
Pressefreiheit in der Türkei | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Can Dündar | |
Türkei | |
Schwerpunkt Can Dündar | |
Schwerpunkt Türkei | |
Selbstverbrennung | |
Schwerpunkt Türkei | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Schwerpunkt Türkei | |
taz.gazete | |
taz.gazete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Max Zirngast freigelassen: Nach drei Monaten in türkischer Haft | |
Der österreichische Journalist darf vorerst nicht ausreisen. Das Verfahren | |
wegen angeblicher Unterstützung von Terrorismus läuft weiter. | |
Ex-„Cumhuriyet“-Chef Can Dündar: Türkisches Gericht erlässt Haftbefehl | |
Dem im deutschen Exil lebenden Journalisten wird in der Türkei bereits ein | |
Prozess wegen Terrorvorwürfen gemacht. Jetzt wurde ein weiterer Haftbefehl | |
ausgestellt. | |
Tolus Ehemann darf die Türkei verlassen: Gericht hebt Ausreisesperre auf | |
Der Ehemann der deutschen Journalistin Meşale Tolu darf die Türkei nun auch | |
verlassen. Der Prozess wegen Terrorvorwürfen geht aber weiter. | |
Selbstverbrennung in Ingolstadt: Videobotschaft gegen Erdoğan | |
Aus Protest gegen den Staatsbesuch des türkischen Präsidenten verbrannte | |
sich ein junger Kurde. Seine Familie kann es nicht fassen. | |
Kommentar Protest gegen Erdoğan: Die Ignoranz der Linken | |
Der Protest gegen Erdoğan in Berlin und Köln war spärlich. Die Linken haben | |
die türkischen Regimegegner fast allein gelassen. | |
Nach Erdoğans Moschee-Eröffnung: Debatte über Ditib neu entbrannt | |
Der Moscheeverband Ditib gilt als verlängerter Arm Erdoğans. Nach dessen | |
Staatsbesuch wird wieder diskutiert, ob er genauer beobachtet werden | |
sollte. | |
Türkischer Staatspräsident in Köln: Hinterzimmer statt Schlossempfang | |
Unter Ausschluss der deutschen Öffentlichkeit hat Recep Tayyip Erdoğan eine | |
der größten Moscheen Europas eröffnet. | |
Erdoğan-Staatsbesuch in Deutschland: Beim Staatsbankett war's nicht so nett | |
Im Schloss Bellevue gab's Ärger. Der türkische Staatspräsident eröffnet nun | |
in Köln eine Ditib-Moschee. Tausende Anhänger und Gegner werden erwartet. | |
Demonstration gegen Erdoğan in Berlin: „In unserer Stadt nicht willkommen“ | |
5.000 Menschen demonstrieren in Berlin gegen den Staatsbesuch. | |
Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und in Syrien werden kritisiert. | |
Erdoğan-Besuch in Berlin: T-Shirt-Freiheit beschränkt | |
Der türkische Staatschef Erdoğan fordert die Festnahme des Journalisten Can | |
Dündar. Merkel beklagt Differenzen. Ein Reporter wird abgeführt. | |
Eklat bei Pressekonferenz im Kanzleramt: Politische Botschaften unerwünscht | |
Auf der Pressekonferenz von Angela Merkel und Recep Tayyip Erdoğan zeigte | |
der türkische Reporter Adil Yigit sein T-Shirt – und wurde rausgeschmissen | |
Türkischer Staatspräsident in Berlin: Proteste für und gegen Erdoğan | |
Es ist seine erste Visite – seit seiner Wahl im Juni zum Präsidenten. Recep | |
Tayyip Erdoğan ist auf Staatsbesuch in der deutschen Hauptstadt. | |
Türkischer Staatspräsident in Berlin: Proteste für und gegen Erdoğan | |
Es ist sein erster Besuch, seit seiner Wahl im Juni zum Präsidenten. Recep | |
Tayyip Erdoğan ist auf Staatsbesuch in der deutschen Hauptstadt. | |
Erdoğans Staatsbesuch in Berlin: „Evrensel“ kommt hier nicht rein | |
Die türkische Botschaft entscheidet, welche Landesmedien am Freitag aus dem | |
Kanzleramt berichten dürfen. Die Opposition spricht von einer Farce. |