# taz.de -- TV-Duell in Bayern: Arroganz trifft Nervosität | |
> Kurz vor der Landtagswahl treffen sich Söder und sein grüner | |
> Herausforderer Hartmann zum TV-Duell. Die Erkenntnis? Sie wollen wandern | |
> gehen. | |
Bild: Amtsinhaber Markus Söder und Herausforderer Ludwig Hartmann nach dem TV-… | |
MÜNCHEN taz | Nun wird es ihn also doch geben, den schwarz-grünen Aufbruch. | |
Denn Markus Söder und Ludwig Hartmann, das ist das greifbarste Ergebnis | |
dieses TV-Duells wollen gemeinsam wandern gehen. Zweimal sogar, einmal in | |
den Alpen, einmal in Söders fränkischer Heimat. Ob es allerdings auch für | |
eine [1][schwarz-grüne Koalition] in Bayern reicht, bleibt weiterhin | |
zweifelhaft. | |
Erstmals ist es ein Grüner, mit dem sich der christsoziale Amtsinhaber vor | |
der Landtagswahl in Bayern duellieren darf. Denn die Grünen haben die | |
anderen Oppositionsparteien SPD und Freie Wähler zuletzt in allen Umfragen | |
klar abgehängt. Dass die Wahl auf Hartmann und nicht auf seine | |
[2][Mitspitzenkandidatin Katharina Schulze] fiel, hat er dem Umstand zu | |
verdanken, dass er vor zwei Monaten 40 Jahre alt geworden ist – und damit | |
formal die Voraussetzung für eine Wahl zum Ministerpräsidenten erfüllt. | |
Schulze ist erst 33. | |
Neues lieferte das Duell freilich wenig. Und das, obwohl Christian Nitsche, | |
der Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, mit den beiden Duellanten | |
einen Parforceritt durch die gesamte bayerische Landespolitik und darüber | |
hinaus unternahm. Zunächst ging es ausführlich um das zentrale | |
Wahlkampfthema bezahlbarer Wohnraum, dann um Windräder, Asylpolitik, | |
Kreuzerlass, Dieselskandal, Schule, Familienförderung und das neue | |
Polizeiaufgabengesetz, am Rande auch um die Große Koalition in Berlin. | |
Hartmann will einen dritten Nationalpark in Bayern, Söder nicht. Söder will | |
Kreuze in den Behörden, Hartmann nicht. Söder will straffällige Flüchtlinge | |
abschieben, Hartmann findet sie müssen hier strafrechtlich verfolgt werden. | |
Hartmann findet, man brauche keine weiteren Befugnisse für die Polizei, man | |
lebe ohnehin schon im sichersten Land. Söder findet, nur der Stärke der | |
Polizei habe man das zu verdanken. | |
Dass die Antworten erwartbar sind, liegt in der Natur der Sache. Dass sich | |
der Zuschauer dennoch nur bedingt einen Überblick über die verschiedenen | |
Positionen der beiden Parteien machen kann, liegt aber nicht zuletzt daran, | |
dass BR-Moderator Nitsche den beiden Spitzenkandidaten zu den jeweiligen | |
Themenkomplexen nur recht spezielle Detailfragen stellt. So will er von | |
Hartmann wissen, wie groß der Abstand zwischen Windrädern und Wohngebieten | |
sein müsse, von Söder, was der Unterschied zwischen Mobilfunkmasten und | |
Windrädern ist. So bleibt es den Kontrahenten überlassen, die Diskussion | |
selbst auf das größere Thema, die Energiepolitik, zu drehen. Eine Situation | |
wiederum, die den hilflosen Moderator dann vollends überfordert. | |
In der Wohnungspolitik hält Hartmann dem Ministerpräsidenten vor, dass der | |
Freistaat in München Grundstücke meistbietend verkaufe und zu sehr auf | |
Wohneigentum setze, statt den Mietwohnungsbau zu fördern. Söder seinerseits | |
wirft dem Grünen-Politiker vor, immer nur auf München zu blicken. | |
Mitunter kann man allerdings den Eindruck gewinnen, Söder wolle sich gar | |
nicht mit Hartmann duellieren, sondern mit den übrigen 15 Bundesländern. | |
Immer wieder betont er, was für ein einzigartiges Bundesland Bayern sei, | |
und bemüht den Vergleich zu anderen Bundesländern – bisweilen mit dem | |
Zusatz, dass dort auch Grüne mit an der Regierung seien. | |
Als die Sprache auf die Große Koalition in Berlin kommt, macht Hartmann | |
allein Söders Parteichef Horst Seehofer für das dortige Chaos | |
verantwortlich. Söder antwortet ausweichend und erwähnt den Namen Seehofer | |
kein einziges Mal. | |
Söder versucht sich staatsmännisch souverän zu geben, Hartmann | |
angriffslustig und forsch. Beides gelingt nur zum Teil. Söder wirkt oft | |
gönnerhaft und arrogant. Über eine Stunde steht er nahezu unbewegt vor dem | |
kleinen Plastikpult, auf dem er seine Hände abgelegt hat. Hartmann wiederum | |
verhaspelt sich immer wieder, seine schnelle Sprechweise unterstützt | |
zusätzlich den Eindruck der Nervosität. Seine Angriffe lässt Söder zumeist | |
routiniert abperlen, es gelingt Hartmann nicht, den Amtsinhaber in die Ecke | |
zu drängen. Stattdessen darf er sich Sätze anhören wie: „Ich hör’ ganz | |
genau zu, was sie sagen, aus Respekt, machen Sie es bitte auch.“ | |
Eines kann man beiden getrost abnehmen: Mit dem jeweils anderen in eine | |
Koalition zu gehen, wäre für beide ein Graus. Doch was wenn der Wähler | |
ihnen keine andere Wahl lässt? Kurz vor dem Duell veröffentlichte die | |
Bild-Zeitung eine neue Insa-Umfrage. Danach käme die CSU nur noch auf 34 | |
Prozent, die Grünen auf 17. Damit könnte die CSU weder mit der FDP, noch | |
mit den Freien Wählern oder der SPD eine Koalition bilden. Bliebe | |
eigentlich nur eine fragile Dreierfraktion oder eben Schwarz-Grün. | |
Eines zumindest fällt auf: Eine so deutliche Aussage wie die von | |
CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer, der eine Koalition mit den Grünen vor | |
einer Woche bei der Wahlarena praktisch ausgeschlossen hatte, vermeidet | |
Söder. Und auch Hartmann spricht von „Gesprächsbereitschaft“. | |
[3][Hier entlang] geht es zum Wahl-O-Mat für die bayerische Landtagswahl | |
27 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Bayerns-Gruene-vor-der-Landtagswahl/!5521014 | |
[2] /Landtagswahlkampf-in-Bayern/!5479878 | |
[3] https://www.wahl-o-mat.de/bayern2018/ | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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