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# taz.de -- Klage gegen Spaniens Sofortabschiebung: Über den Zaun – zurück …
> Spanien steht wegen seiner Abschiebepraxis vor dem europäischen
> Menschenrechtshof am Pranger. Der Vorwurf: unerlaubte Massenausweisung.
Bild: Hohe Hürden: Flüchtlinge auf dem Grenzzaun von Mellia
Straßburg taz | Darf Spanien Afrikaner, die die Zäune der Enklave Melilla
überklettern, sofort wieder nach Marokko zurückschicken? Darüber muss jetzt
die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
entscheiden. Am Mittwoch fand in Straßburg die Verhandlung statt. „Der
Gerichtshof muss klarstellen, dass auch Geflüchtete und Migranten Rechte
haben“, sagte Wolfgang Kaleck, vom European Center for Constitutional and
Human Rights, auf dessen Initiative das Straßburger Verfahren zurückgeht.
Die Stadt Melilla gehört zu Spanien, liegt aber in Nordafrika an der
marokkanischen Küste. Regelmäßig versuchen afrikanische Flüchtlinge, dort
auf spanischen Boden zu gelangen, um einen Asylantrag nach EU-Recht stellen
zu können. Die Enklave ist deshalb von drei Zäunen umgeben, die drei bis
sechs Meter hoch sind.
Im August 2014 versuchte eine Gruppe von 70 bis 80 Afrikanern die Zäune zu
überwinden. Mit dabei waren die beiden Kläger, ein Mann aus Mali und der
andere aus der Elfenbeinküste. Als sie nach einigen Stunden vom dritten und
letzten Zaun herunterstiegen, legte ihnen die spanische Polizei
Handschellen an und schickte sie sofort auf die marokkanische Seite zurück.
Die Kläger und ihre Unterstützer sehen darin eine unerlaubte
Massenausweisung, weil Spanien keinerlei Prüfung der jeweiligen
persönlichen Situation vornahm. Eine siebenköpfige Kammer des EGMR gab den
Klägern im Oktober 2017 Recht und billigte ihnen je 5.000 Euro
Schadensersatz zu. Dagegen legte Spanien Rechtsmittel ein und verlangte
eine Entscheidung der 17-köpfigen Großen Kammer des EGMR.
„Das Urteil der Kammer ist unausgewogen“, kritisierte jetzt Rafael Cavero,
der Vertreter Spaniens. „Wenn Spanien den Zugang zu seinem Territorium
verhindert, ist das keine Ausweisung“, kein Ausländer habe ein Recht auf
Einreise nach Spanien. Wer Asyl beantragen wolle, habe genügend andere
Möglichkeiten, argumentierte Cavero, auch direkt an der Grenze.
## „Rein theoretische Möglichkeiten“
Für Carsten Gericke, den Anwalt der Kläger (die nicht anwesend waren), sind
das „rein theoretische Möglichkeiten“, die in der Praxis nicht
funktionieren, vor allem nicht für Menschen aus Subsahara-Afrika. Es gehe
auch nicht nur um die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, so Gericke, „wer
spanischen Boden betritt, könnte auch geltend machen, dass ihm in Marokko
Misshandlungen drohen“. Wenn eine ganze Gruppe von Ausländern aus dem Land
geschafft wird, ohne auch nur ihre Identität festzustellen sei das ganz
eindeutig eine verbotene Kollektivausweisung, so Gericke.
Das Urteil wird in einigen Wochen verkündet. Es ist unwahrscheinlich, dass
die Große Kammer des EGMR der spanischen Argumentation folgt. Die Chance,
dass Spanien das Urteil dann ohne großes Murren umsetzt, ist relativ gut.
Denn der neue Regierungschef Pedro Sánchez von den Sozialisten hat vor dem
spanischen Verfassungsgericht selbst eine (noch nicht entschiedene) Klage
gegen die Praktiken an der spanischen Außengrenze eingereicht.
26 Sep 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Ceuta und Melilla
Melilla
Spanien
Schwerpunkt Flucht
Afrikanische Flüchtende
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Wolfgang Kaleck
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Schwerpunkt Flucht
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