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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Mama, life had just begun
> Was dabei rauskommt, wenn „die jungen Leute“ immer nur noch auf „ihre
> Smartphones starren“? Ziemlich viel kreatives und intelligentes Zeug.
Bild: Andy Warhol hätte das geliket
Auf Twitter hat neulich eine den Text von Queens „Bohemian Rhapsody“
gepostet. Ja, okay, werden jetzt einige sagen: [1][Der passt in sieben
Tweets.] Das kann ich auch.
Stimmt. Aber Hadie Mart bzw. [2][@CostcoRiceBag] hat die 377 Wörter des
Songtextes in dreieinhalb Monaten auf 377 aufeinanderfolgende Einzeltweets
verteilt. Von oben nach unten gelesen [3][ergeben deren erste Wörter den
kompletten Songtext], ansonsten sehen sie aus wie normale Tweets aus dem
Leben einer 21-jährigen Studentin aus Minnesota. Auch Wörter wie
[4][Beelzebub], [5][Mia] oder [6][Figaro] hat sie wie beiläufig eingebaut.
Es ist ein verdammtes Kunstwerk! Das also kommt dabei raus, wenn junge
Menschen „die ganze Zeit in ihre Smartphones starren“ (es muss in diesem
Zusammenhang immer das Verb starren verwendet werden, das hat die GzaBnK,
die Gesellschaft zur abschätzigen Beurteilung neuer Kulturtechniken, so
festgelegt): ein intelligentes Spiel mit Sprache, ein kreatives Ausreizen
neuer Kommunikationstechniken. Was für ein Kulturverfall im Vergleich zum
TV- und Festnetzzeitalter.
Wobei Twitter mit seinem schriftzentrierten Ansatz ja so oldschool ist,
dass auch ich (37 Jahre) da [7][noch ganz gut mitkomme]. Ein Tweet hat
keine Zeitdimension, auch die räumlichen Parameter der Textanordnung sind
überschaubar. Man kann mit Zeilenumbrüchen spielen, mit intertextuellen
Bezügen (wie Hadie Mart) oder mit dem Limit von 280 Zeichen. Aber letztlich
bleibt es eine simple Zeichenkette.
Bei videobasierten Sozialen Medien hingegen, also Snapchat, YouTube,
Instagram Stories – genau die Kanäle mit jüngeren Nutzern – kapituliere
ich. Da gibt es Loops, Zeitlupen, Filter, man kann seine Videos schneiden
und Text an jede beliebige Stelle im Bild einblenden: so viele
Möglichkeiten! Ich kriege das nicht hin und fühle mich sehr alt, ein wenig
wie ein Waldmensch. Ich bewundere alle, die das gut beherrschen.
Denn ja, ich bin ernsthaft davon überzeugt, dass der ständige Umgang mit
einer immer herausfordernderen Medienproduktion, mit all ihrer
Hypertextualität, mit den sich rasend schnell verändernden sprachlichen und
visuellen Codes „die Jugend“ nicht verdummt, sondern geistig eher nach
vorne bringt. Es kann gut sein, dass darunter die Konzentrationsfähigkeit
leidet, aber irgendwas ist ja immer.
Und deswegen umarme ich auch, was US-amerikanische Teenager [8][aktuell auf
Instagram veranstalten], obwohl, nein: weil es das exakte Gegenteil von
Bewegtbild ist. Accounts wie [9][@thesamephotoofabanana] oder
[10][@daily_baby_penguin] veröffentlichen jeden Tag exakt das gleiche Foto.
Teilweise seit Monaten und teilweise mit Zehntausenden Followern. Was sich
ändert, ist die Bildunterschrift. Da erzählen sie kleine Dinge aus ihrem
Leben, veröffentlichen Fakten zum abgebildeten Gegenstand, stellen ihren
Followern Fragen – die Kommentare machen den Beitrag aus, nicht das Foto.
Okay, das könnten sie auch einfach twittern. Aber da sind ihre Freunde
nicht. Außerdem, warum sollten sie? Es ist das Internet, Leute! Macht was
draus
10 Oct 2018
## LINKS
[1] https://www.songtexte.com/songtext/freddie-mercury/bohemian-rhapsody-239828…
[2] https://twitter.com/CostcoRiceBag
[3] https://mashable.com/article/bohemian-rhapsody-lyrics-twitter/?europe=true
[4] https://twitter.com/CostcoRiceBag/status/999321703967875073
[5] https://twitter.com/CostcoRiceBag/status/1000092459790209024
[6] https://twitter.com/CostcoRiceBag/status/1015871423523500032
[7] https://twitter.com/freelancepolice
[8] https://www.theatlantic.com/technology/archive/2018/10/teens-who-post-same-…
[9] https://www.instagram.com/thesamephotoofbanana/
[10] https://www.instagram.com/daily_baby_penguin/
## AUTOREN
Michael Brake
## TAGS
Nullen und Einsen
Twitter / X
Social Media
Smartphone
Instagram
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