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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Roboterfreundin?!
> Meine Freunde sind beleidigt, weil meine App ihnen monatlich
> automatisiert Nachrichten schickt. Dabei ist das nicht das Problem.
Bild: Ich will doch nur deine Freundin sein
Freunde, wir haben ein Kommunikationsproblem. Ihr empört euch, weil ich
seit ein paar Monaten meine Nachrichten an euch automatisiere. Beschimpft
es als Spam, nennt mich sogar eine schlechte Freundin.
Zur Erklärung: Eine App schreibt monatlich eine personalisierte Nachricht
an jeden einzelnen meiner Freunde. Die Texte habe ich selbst verfasst, die
App regelt nur den Versand. Sie verschickt die Nachrichten, egal ob wir uns
gerade in diesem Moment am Tisch gegenübersitzen oder ihr an dem Tag
zufällig Geburtstag habt. Das ist etwas unglücklich.
Der Vorteil: Wenn es mal drunter und drüber geht in meinem Kalender, hält
die App immerhin ein Mindestmaß an Kontakt. Doch sobald ihr erfahrt, dass
die SMS automatisiert ist, antwortet ihr nicht mehr darauf.
Ihr sagt dann so etwas wie: „Du denkst also gar nicht an mich, ich bin nur
einer von vielen.“ Oder, dass ihr keine „Roboterfreundin“ haben wollt.
Oder: „Unsere Freundschaft ist dir also nicht mal die Zeit wert, eine
einzige Nachricht zu schreiben.“ Warum so angefasst? Ihr gebt euch doch
sonst nicht so technikfeindlich. Meine automatisierte SMS ist nur ein
Hilfeschrei im Wirrwarr eurer digitalen Kommunikation.
## Textnachrichten wie SMS-Bomber
Nicht einfach Facebook oder WhatsApp, den liebsten Kommunikationskanal
jedes Einzelnen soll ich mir merken. Bei Telegram seien „die Sticker so
witzig“, sagen die einen. „Signal [1][ist viel sicherer]“, sagen die
anderen. Freundin A ist gerade im Ausland und nur manchmal bei Skype
online. B findet Slack gut, „das machen wir auch auf der Arbeit so“.
Freundin C wiederum will nur bei Snapchat schreiben, „da liest mein Mann
nicht mit“. Ach ja, die Planung fürs nächste Festival findet über Threema
statt. „Könntest du dir das bitte noch installieren? Das gibt es für 3,49
Euro im App Store.“
Ihr sagt, ihr mögt es nicht, zu telefonieren. Lieber verschickt ihr
Textnachrichten wie SMS-Bomber. Denn pro Mitteilung bekommt ihr selten mehr
als drei Wörter in die Zeile. Jeden Smiley, jedes Fragezeichen verschickt
ihr einzeln. Und wenn ihr doch etwas Längeres zu bequatschen habt, nehmt
ihr einen Podcast auf [2][und nennt es Sprachnachricht].
Auch eure Hundertpersonengruppenchats muss ich ertragen. Pling, pling
pling. Alle paar Monate setzt ihr einen neuen auf, nur um zu sagen: „Das
ist übrigens meine neue Handynummer.“ Aber ihr schafft es seit Jahren
nicht, E-Mails an meine aktuelle, seit anno 2012 gültige E-Mail-Adresse zu
senden.
## Ein einfacher Service
Einige von euch finden Ende-zu-Ende-Verschlüsselung so wichtig. Aber genau
ihr bittet mich regelmäßig, die Mail noch mal unverschlüsselt zu versenden,
weil ihr sie auf eurem Gerät gerade sonst nicht lesen können. Wieder andere
verweigern sich und lesen einfach gar keine Mails.
Ich dagegen biete euch einen einfachen Service an: eine persönliche
Kurzmitteilung alle vier Wochen direkt aufs Handy – verständlich, jederzeit
abrufbar, barrierefrei, umweltschonend und vegan. Aber bloß, weil ich nicht
höchstpersönlich auf das Senden-Knöpfchen drücke, ist DAS natürlich die
Zumutung.
8 Aug 2018
## LINKS
[1] /Alternativen-zu-WhatsApp/!5048039
[2] /Ein-Plaedoyer-fuer-das-Voice-Messaging/!5321822
## AUTOREN
Svenja Bednarczyk
## TAGS
Nullen und Einsen
Freundschaft
Digitale Medien
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Kommunikation
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Schwerpunkt Meta
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